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Philippsburg 2
Mitarbeiter täuscht Kontrollen in Kernkraftwerk nur vor

Ein Mitarbeiter sollte im Kernkraftwerk Philippsburg 2 eigentlich Messeinrichtungen für Strahlenschutz kontrollieren. Doch er täuschte die Überprüfung nur vor - das baden-württembergische Umweltministerium will den Betrieb des Kraftwerks daher bis auf Weiteres untersagen.

13.04.2016
    Das Kernkraftwerk Philippsburg im Jahre 2010
    Das Kernkraftwerk Philippsburg im Jahre 2010 (imago stock & people)
    Der Block 2 des Kernkraftwerks ist derzeit wegen einer turnusmäßigen Revision nach Angaben des Umweltministeriums Baden-Württemberg ohnehin nicht am Netz. Wie das Ministerium weiter erläutert, hatte der Betreiber EnBW bei Untersuchungen festgestellt, dass ein Mitarbeiter eine "Wiederkehrende Prüfung" an einem Störfallmonitor zwar in einem Prüfprotokoll dokumentiert, tatsächlich aber gar nicht durchgeführt hatte. Das Ministerium überschreibt seine Mitteilung mit den Worten: "Klärungsbedarf beim Sicherheitsmanagement des Atomkraftwerks Philippsburg".
    Unter Wiederkehrender Prüfung versteht man die nach festgelegtem Zeitplan und Prüfprogramm durchzuführenden Kontrollen von Einrichtungen und Systemen eines Kernkraftwerks. Damit wird geprüft, ob sich die Einrichtungen und Systeme in einem genehmigungskonformen Zustand befinden und ihre Funktion sicher erfüllen. (Quelle: Umweltministerium BW)
    Umweltminister: "Hochgradig beunruhigend"
    Mit einer aufsichtlichen Anordnung "wird dem Betreiber, EnBW, vorläufig untersagt, das Kernkraftwerk wieder anzufahren", schreibt das Ministerium von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne).
    "Meines Wissens nach ist es das erste Mal, dass eine vorgeschriebene Prüfung in einem deutschen Kernkraftwerk offenbar bewusst vorgetäuscht wurde. Das ist hochgradig beunruhigend und nicht akzeptabel", wird Untersteller in der Mitteilung zitiert. "Die EnBW hat jetzt zunächst für Aufklärung zu sorgen - schnell und umfassend." Das sagte EnBW zu.
    Sieben weitere Fälle
    Nachforschungen ergaben demnach zudem, dass die Kontrolle in sieben weiteren Fällen nur vorgetäuscht wurde. Der Energiekonzern teilte mit, dass die Funktionstüchtigkeit der Einrichtungen gewährleistet sei. Der Mann war demnach über einen externen Dienstleiter im Block 2 des Kernkraftwerks Philippsburg beschäftigt. "Rechtliche Schritte gegen den Mitarbeiter werden geprüft", heißt es in der Mitteilung von EnBW.
    Nach derzeitigem Kenntnisstand hätten die vorgetäuschten Prüfungen zwar keine sicherheitsrelevanten Auswirkungen und auch die Emissionsüberwachung sei gewährleistet gewesen. "Aber bevor die EnBW nicht nachgewiesen hat, dass die Anlage vorschriftsmäßig und sicher betrieben wird, darf sie nicht mehr angefahren werden. Außerdem erwarte ich von der EnBW Vorkehrungen, um solche Täuschungen künftig auszuschließen", so Untersteller.
    (nch/am)