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Ab nach Afrika oder Asien

Elektroschrott wird oft ins außereuropäische Ausland exportiert. Das ist verboten und der illegale Müll vergiftet nicht selten die Umwelt in den Entwicklungsländern. Doch die Zollbehörden können bisher kaum etwas gegen den Export von Elektroschrott tun.

Von Ralph Ahrens | 05.03.2010
    Und wieder verlässt ein Containerschiff den Hamburger oder den Antwerpener Hafen in Richtung Afrika oder Asien. Das Schiff kann Elektroschrott als illegale Ladung transportieren: alte unbrauchbare Monitore, Mobiltelefone, Kühlschränke oder auch Haartrockner. Doch wie viel der etwa 155.000 Tonnen an alten Elektrogeräten, die jährlich Deutschland verlassen, ist Elektroschrott? Das Hamburger Institut Ökologie und Politik, Ökopol, wollte das herausfinden und hat dazu im Hamburger Hafen recherchiert.

    "Wir haben mit der Polizei gesprochen, wir haben mit dem Zoll gesprochen, wir haben mit denen zusammen einige Container angesehen, die exportiert worden sind","

    ... erklärt Knut Sander, Abfallfachmann von Ökopol.

    ""Wir wissen auf jeden Fall, dass von den 155.000 Tonnen, die exportiert werden, nur sehr, sehr, sehr geringe Anteile wirklich Neugeräte sein können und sehr große Anteile in dem Zustand sind, wo man sagen muss, das kann kein Gebrauchtprodukt sein."

    Genauere Angaben zur illegalen Ausfuhr mag Knut Sander nicht machen.

    "Die Frage, was illegal ausgeführt wird, kann im Moment noch nicht mal beantwortet werden, weil einfach die verbindlichen, klaren Grundlagen fehlen, um zu entscheiden, ist es denn eigentlich Abfall oder ist es nicht Abfall."

    Zöllner, Polizisten und Behördenvertreter stehen oft vor der Frage, ist ein alter Computer noch funktionstüchtig oder nicht. Im Streitfall entscheiden Gerichte aufgrund geltender Gesetze meist zugunsten der Exporteure. Karl-Heinz Florenz, CDU-Abgeordneter im Europaparlament, kennt das Problem.

    "Alte Computer, die noch funktionieren, kann man selbstverständlich exportieren. Das ist ja auch gut so. Aber Computer, die wir erklärtermaßen als Schrottcomputer bezeichnen, die dürfen in Zukunft nicht exportiert werden. Und da kann ich nur dringend raten, klarere Regeln für den Zoll. Und der Staatsanwalt sollte sich hier hin und wieder mal aufs Fahrrad setzen und zu den Behörden fahren."

    Die Gelegenheit für klarere Regeln ist günstig: Denn in Brüssel wird zurzeit die Elektro- und Elektronikschrottrichtlinie überarbeitet. Und der EU-Abgeordnete Florenz will etwa erreichen, dass künftig der Exporteur beweisen soll, dass er funktionierende Geräte und keinen Schrott ausführen will. Diese Umkehr der Beweislast würde in der Praxis helfen, meint Knut Sander.

    "Wo dann allein der Aufwand, der vom Exporteur betrieben werden müsste, um das Material dann eben als funktionsfähig zu deklarieren, schon reicht, um die Low-Quality-Materialien in Deutschland zurückzuhalten."

    ... damit sie in Deutschland umweltverträglich recycelt und viel der wertvollen Edelmetalle effizient zurückgewonnen werden. So enthalten eine Million Handys rund 250 Kilogramm Silber und 25 Kilogramm Gold. Doch die EU kann nicht alles regeln, betont Karl-Heinz Florenz.

    "Die Beamten müssen besser geschützt werden. Sie müssen bessere Instrumente bekommen und sie dürfen sich nicht in einer Situation befinden, dass die illegalen Exporteure noch über den Zollbeamten lachen. Das ist ja leider so."

    Wenn also Deutschland - wie auch alle anderen EU-Staaten - künftig Zöllner und Polizisten besser ausstattet, ihnen klare und rechtssichere Handlungsanweisungen gibt, dann bringen Containerschiffe bald weniger E-Schrott illegal nach Übersee.

    Weitere Informationen:

    Die Studie Optimierung der Steuerung und Kontrolle grenzüberschreitender Stoffströme bei Elektroaltgeräten/Elektroschrott des Hamburger Politikberatungsbüros Ökopol kann beim Umweltbundesamt kostenlos heruntergeladen werden.