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Absagen und wenige Bewerber
Warum niemand die Olympischen Spiele ausrichten will

Gigantismus, mangelnde Nachhaltigkeit, kein Nutzen für die Bevölkerung: Dem IOC fällt es zunehmend schwer, Ausrichter für Olympische Spiele zu finden. Der Sportkommunikationswissenschaftler Jörg-Uwe Nieland sagte im Dlf, das IOC müsse seine Vergangenheit besser aufarbeiten. Er fürchtet, dass die Spiele sonst nur noch in autoritären Staaten stattfinden werden.

Jörg-Uwe Nieland im Gespräch mit Matthias Friebe | 03.11.2018
    Die olympischen Ringe vor einem blauen Himmel. Im Hintergrund große weiße Wolken.
    Die olympischen Ringe. (Imago/Westend61)
    Das IOC fordere für die Ausrichtung der Spiele öffentliche Unterstützung ein - die sei aber immer weniger gegeben, sagte Nieland. Deswegen sei die Vergabepraxis zum Eigentor für das Internationale Olympische Komittee geworden. Die vielen Absagen zeigten, wie gering die Unterstützung durch Politik, Bevölkerung und Geldgeber vor Ort sei.
    Angesichts von Klima- und Umweltproblemen wie etwa Schneemangel sei es besonders schwer, für die Winterspiele Kandidaten zu gewinnen. Es gebe immer weniger Länder und Regionen, die die Spiele überhaupt ausrichten könnten.
    Auch Geld sei ein Problem. In Sotschi 2014 sowie bei den kommenden Winterspielen 2022 in Peking habe das IOC Gigantismus zugelassen. "So viel Geld, wie dort in die Hand genommen wurde - das kann keine westliche Stadt mehr finanzieren." Olympia entferne sich immer weiter von der Realität, wenn das IOC seine Vergangenheit nicht aufarbeite und mehr Selbstkritik zulasse, so Nieland.
    Buenos Aires als vierter Kandidat?
    Zuletzt hatte die kanadische Stadt Calgary mit ihrer Bewerbung für 2026 gehadert - war aber dann dabei geblieben. Der Stadtrat stimmte einer Fortsetzung der Kampagne und einem neuen Finanzierungsplan des Staates sowie der Provinz Alberta zu, obwohl sich die Mehrheit des Gremiums dagegen aussprach. In einem Referendum am 13. November muss allerdings noch die Bevölkerung über die Bewerbung abstimmen.
    Damit bleiben dem Internationalen Olympischen Komitee IOC für die Winterspiele in acht Jahren zunächst alle drei Bewerber erhalten. Neben Calgary sind noch Stockholm und Mailand im Rennen. Auch bei den Schweden und Italienern ist allerdings unklar, ob sie ihre Bewerbungen bis zur Wahl des Gastgebers auf dem IOC-Kongress im Juni 2019 in Lausanne aufrechterhalten können. Stockholms neuer Stadtrat hat sich bereits gegen die Kampagne ausgesprochen. Mailand, das zusammen mit Cortina d'Ampezzo antritt, fehlt noch staatliche Unterstützung.
    Zudem prüft Buenos Aires derzeit, ob eine nachträgliche Bewerbung für die Winterspiele 2026 noch möglich ist. Das Nationale Olympische Komitee Argentiniens will eine Machbarkeitsstudie vornehmen. Es wären die ersten Winterspiele auf der Südhalbkugel.