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Absagen wegen des Coronavirus
Wie sind Sportveranstaltungen finanziell abgesichert?

Über die Fußball-EM und Olympia ist noch nicht entschieden. Doch zahlreiche andere Sportevents sind bereits wegen des Coronavirus abgesagt. Wie sind die Veranstaltungen finanziell gesichert und wer trägt die Verluste im Fall einer Absage? Wir geben Antworten auf wichtige Fragen.

Von Hans-Peter Kreuzer | 08.03.2020
Coronavirus: Spiel ohne Zuschauer in der Serie A in Italien.
In Italien finden alle Sportveranstaltungen bis zum 3. April ohne Zuschauer statt (imago / LaPresse / Tanox Pecoraro)
Noch behandeln die großen Verbände die Coronavirus-Krise öffentlich als business as usual. So hat der europäische Fußball-Verband UEFA gerade den Ticketverkauf für das Champions-League-Finale in Istanbul gestartet. Inoffiziell gibt es laut der "NZZ" von der UEFA Signale an ihre Partner, dass die Europameisterschaft um ein Jahr verschoben werden könnte.

Coronavirus: Eishockey-WM in der Schweiz gefährdet

Ein anderes Event steht vor der Absage. Ende des Monats will der Internationale Eishockey-Verband entscheiden, ob die Weltmeisterschaft in der Schweiz stattfinden kann. Denn der Bundesrat hat sämtliche Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen bis mindestens 15. März verboten, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Kommende Woche wird entschieden, ob diese Sperre verlängert wird.
NZZ-Sportredakteur Daniel Germann: "Ich habe mit Rene Fasel, dem Präsidenten des internationalen Verbandes gesprochen, er meint, man könne bis Mitte April warten, um diese Entscheidung zu fällen. Da hängt natürlich auch viel davon ab, ob der Schweizer Bundesrat diese Zuschauersperre aufhebt. Was ich im Moment nicht glaube. Und wenn diese Sperre bestehen bleibt, sagt Rene Fasel ganz klar. Ohne Zuschauer gibt es auch keine Weltmeisterschaft."
Nur: Wer trägt die Kosten für eine solche Absage? Auf Anfrage antwortete die Rückversicherungssparte der Allianz Versicherung schriftlich: "Möglicherweise haben die Organisatoren von Sportevents eine spezielle Versicherung gegen Veranstaltungsausfall. In solchen Veranstaltungsausfallversicherungen sind Schäden durch "Epidemien und Seuchen" in der Regel ausgeschlossen. Darunter fällt unserer Einschätzung nach auch die aktuelle Situation rund um SARS-CoV-2."
Eine begrenzte Zahl von Versicherungen schließe aber Epidemien wieder ein. In diesen Fällen hänge die Deckung meist davon ab, ob eine staatliche Behörde anordnet, die Veranstaltung abzusagen. Sollte keine Versicherung einspringen, dann wünscht sich manch ein Veranstalter Hilfe vom Staat.
Eine Reinigungskraft putzt vor dem Spiel VfL Wolfsburg gegen RB Leipzig am Samstag (07.03.2020) die Ersatzbank
Kommentar: Der Umgang mit dem Coronavirus ist inkonsequent
Es hat in Deutschland bereits Absagen von Großveranstaltungen wie der Leipziger Buchmesse und auch auch von verschiedenen Sport-Events gegeben. Die Fußball-Bundesliga dagegen, die scheint unantastbar. Daran zeige sich der inkonsequente Umgang mit dem Virus hierzulande, kommentiert Victoria Reith.
Wie gefährlich ist das neue Coronavirus?
Die Zahl der Infizierten mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 steigt trotz Gegenmaßnahmen vieler Regierungen weiter - auch in Deutschland. Die Weltgesundheitsorganisation hat Ende Januar den "internationalen Gesundheitsnotstand" ausgerufen.

Biathlon-Weltcup ohne Zuschauer

Wie im tschechischen Nove Mesto. Der Biathlon-Weltcup findet ohne Zuschauer statt. Jetzt fordert Jiří Hamza, Präsident des tschechischen Verbandes: "Unser Etat für die Veranstaltung beträgt circa 70 Millionen Kronen, umgerechnet knapp 2,8 Millionen Euro. Die werden nicht von der Versicherung übernommen. Deshalb habe ich den Premier schon darauf aufmerksam gemacht, dass wir Kompensation vom Staat verlangen werden."

Zahlt der Staat in Deutschland?

Ob in Deutschland staatliche Mittel fließen, hängt laut Steve Alter, Sprecher des Bundesinnenministeriums, davon ab, wer die Veranstaltung letztendlich abgesagt habe. "Also jeder Veranstalter, der eine Veranstaltung plant, kann seine Veranstaltung natürlich selbst wieder absagen. Das ist zunächst mal etwas, was sich aus der Sache selbst ergibt. Und was behördliche Befugnisse angeht. Es sind die zuständigen Landesbehörden. Und wenn sie die Frage der Kostentragungspflicht ansprechen, kommt es eben darauf an, wer eine Veranstaltung abgesagt hat, ob sie durch die öffentliche Hand abgesagt wurde oder durch die Veranstalter selbst."

Schweizer: Keine Fußball-Spiele bis 23. März

Im Schweizer Fußball wird diese Frage bereits heftiger diskutiert. Denn der Liga-Verband hat die Partien in der ersten und zweite Liga wegen der Bundesratssperre bis mindestens 23. März ausgesetzt. Liga-Geschäftsführer Claudius Schäfer hat jetzt den Bund gebeten, die finanziellen Verluste auszugleichen.
Journalist Germann kann sich aber nicht vorstellen, dass die Regierung einen Präzedenzfall für andere Sportarten und die Wirtschaft schafft. Und wegen der geringen TV-Einnahmen von 35 Millionen Franken ist es günstiger, die Partien abzusagen als vor leeren Rängen zu spielen. "Die Tendenz geht eher dahin, dass man ganz absagt, aus dem einfachen Grund, man verliert weniger Geld, wenn man Fernsehgelder zurückzahlt, für Spiele, die man nicht gespielt hat, als wenn man in leeren Stadien spielt."

Tischtennis-WM in Südkorea verlegt

Da geht der Internationale Tischtennis-Weltverband ITTF andere Wege. Zur Not würden Partien auch in einem sterilen Fernsehstudio stattfinden, sagt Thomas Weikert, Präsident der ITTF. Die Weltmeisterschaft in Südkorea wurde vorerst von Ende März in den Juni verlegt.
"Die Kollegen in Korea für die Weltmeisterschaft sind nicht versichert, aber man konnte sich mit der Regierung und mit der Stadt einigen, dass das Turnier an zu einem anderen Zeitpunkt stattfindet."
Auch andere Turniere müssen verschoben werden. Und das führe zu geringeren Einnahmen. "Natürlich haben wir Fernsehverträge zu erfüllen, und wenn wir nur einen Teil erfüllen, dann bekommen wir auch weniger Mittel zur Verfügung gestellt." Noch größer wäre der Verlust, sollten die Olympischen Spiele abgesagt werden. Denn die ITTF erhält im aktuellen Olympiazyklus 17,5 Millionen Euro vom Internationalen Olympischen Komitee IOC.
"Aber wir können nur ein Viertel versichern. Das heißt, es gibt Ausfälle. Im Gegensatz zu anderen kleineren Verbänden ist das für uns nicht überlebenswichtig, aber selbstverständlich wichtig. Wenn wir diese Gelder vom IOC nicht bekommen, dann müssen wir einige Entwicklungshilfemaßnahmen einstellen."

IOC müsste bei Olympia-Absage zahlen

Und Olympia selbst? Auch hier sind nur ein Teil der etwa sechs Milliarden US-Dollar Einnahmen durch Versicherungen abgedeckt. In den Geschäftsberichten des IOC wird unter "Insurance Premium for Games Cancellation" eine Summe von 20 Millionen US-Dollar aufgeführt. Bei einer Verschiebung würde das IOC weniger Sponsoren- und Fernsehgelder einnehmen, müsste aber weiterhin Gelder an die Nationalen Olympischen Komitees, die Sportverbände oder dem Organisationskomitee zahlen.
COVID-19 - Premier Abe will Spiele in Tokio sichern: Interview mit Felix Lill (07:28)
Ihre wichtigsten Fernsehpartner haben vorgesorgt. So hat US-Gigant NCB für Tokio schon Werbespots im Wert von 1,1 Milliarden Euroverkauft. Dies entspreche 90 Prozent der verfügbaren Plätze innerhalb von 7000 Sendestunden. Bei einem Ausfall wäre die Summe aber versichert. Und auch der Discovery-Konzern, der über die europäischen TV-Rechte verfügt, wäre laut Finanzchef Gunnar Weidenfeldes gegen Verluste abgesichert.