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Abschwung

In Sachen Wirtschaftswachstum kommt Europa nicht voran. Nach Einschätzung der EU-Kommission lässt der Aufschwung auf sich warten – die Unterschiede zwischen Nord und Süd vergrößern sich.

Von Jörg Münchenberg | 03.05.2013
    Europa hat im Kampf gegen die Schulden- und Wirtschaftskrise einen Rückschlag erlitten. Das ist die zentrale Botschaft der gut 160 Seiten an Analysten und Statistiken, die heute Währungskommissar Olli Rehn präsentierte. Denn die Kommission hat ihre Wachstumsprognosen noch einmal leicht nach unten korrigiert – erst 2014, so Rehn, sei mit einer Besserung der Lage zu rechnen:

    "Die Wirtschaft wird in diesem Jahr in der EU als Ganzes um 0,1 Prozent und in der Eurozone um 0,4 Prozent schrumpfen. Für 2014 erwarten wir dagegen ein Wachstum von 1,4 Prozent in der gesamten EU und von 1,2 Prozent in der Eurozone."

    Doch die nationalen Unterschiede innerhalb der Europäischen Union sind gewaltig und werden sich auch in diesem Jahr weiter vertiefen. Deutschland wird 2013 ein Wachstum von 0,4 Prozent erreichen, die zyprische Wirtschaft dagegen dürfte laut Frühjahrsgutachten der Kommission um fast 13 Prozent abstürzen.

    Ähnlich dramatisch auch die Zahlen und Prognosen für den Arbeitsmarkt. Österreich und Deutschland beispielsweise können ihre Arbeitslosenquoten bei rund 5 Prozent stabilisieren; Griechenland und Spanien leiden weiterhin unter Arbeitslosenquoten von 27 Prozent. Das Fatale dabei: auch im kommenden Jahr ist nicht mit einer substanziellen Verbesserung auf den südeuropäischen Arbeitsmärkten zu rechnen, da die wirtschaftliche Erholung zu schwach ausfällt und ohnehin erst zeitverzögert zu wirken beginnt. Notwendig, so Rehn sei deshalb auch eine aktive Arbeitsmarktpolitik:

    "Angesichts der schleppenden wirtschaftlichen Erholung werden deshalb auch viele Länder erneut die Defizitvorgaben verfehlen. Frankreich, etwa, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone, wird in diesem Jahr die Dreiprozentlatte klar reißen, aber auch 2014 – so zumindest die Erwartung der Kommission. Dennoch signalisierte Rehn Paris heute Entgegenkommen."

    So müsse Frankreich seine strukturellen Reformen weiter vorantreiben, insbesondere bei den Sozialsystemen und auf dem Arbeitsmarkt, um so die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Aber auch andere Länder können auf mehr Zeit hoffen: Das rezessionsgeplagte Spanien etwa, dessen Defizit in diesem Jahr bei 6,5 Prozent erwartet wird, soll eine Fristverlängerung bis 2016 erhalten. Und Italien, derzeit noch im Defizitverfahren, muss wohl nicht mit möglichen Strafen rechnen, obwohl dort die Staatsverschuldung mehr als doppelt so hoch ist wie erlaubt.

    Überhaupt vermied es Rehn heute, mit möglichen Sanktionen zu drohen – die seit der Verschärfung des Stabilitätspaktes schneller verhängt werden können. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage in Europa ist die Kommission eher zu Zugeständnissen bereit.


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