Petry war gestern nach Stuttgart gereist, um den Zerfall der dortigen Fraktion aufzuhalten. Bisher ohne Erfolg. Nachdem ihr Co-Chef auf Bundesebene, Jörg Meuthen, der auch AfD-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg ist und bis gestern auch Chef der dortigen AfD-Fraktion im Landtag, zusammen mit zwölf Kollegen aus der Fraktion ausgetreten war, bewegte Petry offenbar den umstrittenen Abgeordneten Wolfgang Gedeon, ebenfalls seinen Austritt zu erklären. Meuthen und seine Anhänger hatten genau das vorher nicht geschafft: Gedeon aus der Fraktion auszuschließen. Sie werfen ihm Antisemitismus vor.
Seinen Austritt wollte Meuthen aber auch nach Gedeons Entscheidung nicht rückgängig machen. Eigentlich wollte er zusammen mit seinen zwölf Kollegen die Fraktion der "Alternative für Deutschland" im Landtag bilden. Meuthen sah sich dabei sowohl durch die Tatsache gestärkt, dass seine Fraktion die größere ist, als auch durch einen Beschluss des Bundesvorstands (hier zu finden), der die neue Gruppe als rechtmäßige Vertretung der Partei im Landtag anerkannte.
Spaltung auch zwischen Petry und Bundesvorstand
Diesen Beschluss hatte der Vorstand gestern allerdings ohne Co-Chefin Frauke Petry gefasst, die währenddessen offenbar schon auf dem Weg nach Stuttgart war, um Schlimmeres zu verhindern. Sie stellt sich jetzt gegen den Beschluss. Mit Verblick auf die verbleibenden Mitglieder sagte Petry in Stuttgart: "Dies hier ist die AfD-Fraktion in Baden-Württemberg." Indem Gedeon ausgetreten sei, habe die Fraktion ein "starkes Signal" gegen Antisemitismus gesetzt.
Dem Plan von Meuthen, den Namen der bestehenden AfD-Fraktion übernehmen zu können, machte die Landtagsverwaltung in Stuttgart einen Strich durch die Rechnung: Man könne nicht zwei Landtagsfraktionen mit dem Namen AfD haben, teilte sie mit. Die alte Fraktion besteht schließlich noch.
Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) forderte die ausgetretenen Abgeordneten dazu auf, möglichst bald zu erklären, ob sie eine Fraktion bilden oder welche Rechte sie als Fraktionslose wahrnehmen wollen. Meuthen hat den Namen "Alternative für Baden-Württemberg" für seine neue Fraktion angemeldet.
Aras verwies auf das sogenannte Fraktionsvermehrungsverbot, das Rechtswissenschaftler ins Spiel gebracht haben. Das soll verhindern, dass Abgeordnete einer Partei nicht mehrere Fraktionen bilden, um mehr Gelder zu bekommen oder doppelt in Ausschüssen zu sitzen, erläutert die ARD-Rechtsredaktion. Im aktuellen Fall dürften die 13 AfDler wohl eine neue Fraktion gründen dürfen. "Denn: Der Austritt beruht auf einer politischen Auseinandersetzung, die Spaltung wurde nicht zum Missbrauch von Fraktionsrechten betrieben."
Von der größten zur kleinsten Fraktion
Meuthen, der auch Co-Vorsitzender der AfD auf Bundesebene ist, hatte die Fraktion mit den anderen Abgeordneten verlassen, weil dort keine Zweidrittel-Mehrheit für den Rausschmiss des Abgeordneten Wolfgang Gedeon zustande gekommen war. Der steht wegen antisemitischer Äußerungen in der Kritik. Am Abend hat er die Fraktion ebenfalls verlassen.
Die AfD-Fraktion war mit 23 Sitzen bisher die größte Oppositionspartei im Landtag von Baden-Württemberg. Durch die Aufspaltung und den Austritt von Wolfgang Gedeon ist sie mit jetzt neun Sitzen nur noch die kleinste. Die neue Fraktion von Jörg Meuthen kommt auf 13 Sitze und liegt damit zwischen SPD-Fraktion (19) und FDP-Fraktion (12).
Petry will Fraktionen wieder zusammenführen
Frauke Petry, die der AfD im Bund gemeinsam mit Jörg Meuthen vorsteht, wollte die Fraktion im Landtag nach eigener Aussage eigentlich wieder zusammenführen. Sie trage als Bundeschefin Gesamtverantwortung und wolle weiteren Spaltungen vorbeugen, sagte sie in Stuttgart.
Petry und Meuthen sind heillos zerstritten, wie DLF-Korrespondentin Uschi Götz berichtet. Hintergrund sei ein innerparteilicher Machtkampf, das Trio aus Meuthen, dem Vizechef Alexander Gauland und dem thüringischen Landesvorsitzenden Höcke möchte Petry als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl verhindern.
Gauland kritisierte Petry im DLF für ihre Einmischung in seiner Ansicht nach baden-württembergische Belange. Nichts sei der AfD "so heilig wie ihre föderale Struktur", sagte Gauland. Meuthen als Landeschef in Baden-Württemberg empfinde Petrys unangemeldetes Erscheinen in Stuttgart als "massive Einmischung in den Landesverband". Nichts sei der AfD "so heilig wie die föderale Struktur".
(vic/stfr/fwa/tzi)