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Abzocke in der Warteschleife

Billigflieger und günstige Telefontarife freuen den Verbraucher. Doch wenn etwas schief geht, erreicht er das Unternehmen meist nur über teure Servicenummern - und schon in der Warteschleife tickt der Gebührenzähler. Das ist Abzocke, meinen die Grünen. Sie wollen einen Antrag zur Beschränkung der Hotlines im Bundestag einbringen.

Von Dieter Nürnberger | 06.05.2010
    Viele Unternehmen verdienen mit diesen Hotlines Geld, da ist die Bereitschaft darauf zu verzichten sicherlich eher gering. Es kommt politisch aber Bewegung in die Sache. Die Grünen werden heute einen Antrag zum Thema in den Bundestag einbringen, weil man bei rund 700 Testanrufen erhebliche Kosten für den Verbraucher festgestellt hat.

    Im Extremfall - so das Ergebnis einer Stichprobe der Grünen Bundestagsfraktion - können zwölf Minuten in einer Warteschleife rund 22 Euro kosten. Das sei ein zu hoher Preis für das schlichte Warten, denn eine direkte Hilfe oder Beratung, wie sie eigentlich die Service-Hotlines der Unternehmen bieten sollten, erfolge nicht in der Warteschleife, sondern erst später, wenn ein Mitarbeiter des Unternehmens telefonisch erreicht werde.

    Bärbel Höhn ist verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Sie kennt weitere Beispiele für zu teure Hotlines und sie vermutet dahinter System.

    "Wir haben zum Beispiel Easy Jet: Da bekommen Sie automatisch - 120 Sekunden lang - einen nichtssagenden Text vorgespielt; und zwar, bevor Sie überhaupt in die Warteschlange hereinkommen. Da zahlen Sie schon einmal 1,50 Euro allein dafür. Wir stellen schon fest, dass dies bei Billigfliegern, aber auch bei DSL-Anbietern, häufig ein Geschäftsmodell ist, die Leute warten zu lassen und dadurch Geld abzukassieren."

    Auch bei der Bundesnetzagentur, sie ist für Vergabe der entsprechenden Telefonnummern zuständig, haben sich in der Vergangenheit schon öfter Kunden über diese Praxis teurer Hotlines und damit verbundener Warteschleifen beschwert. Die Grünen-Fraktion kritisiert überwiegend jene Telefonnummern, die mit der Einwahl 0900 beginnen. Die Bundesnetzagentur macht darauf aufmerksam, dass hier vom Gesetzgeber her schon Kostengrenzen eingebaut worden seien. Rudolf Boll ist Sprecher der Behörde.

    "Wählt ein Verbraucher eine 0900-Nummer an, muss zunächst eine kostenfreie Ansage des Preises erfolgen. Wird danach aufgelegt, entstehen keine Kosten. Wenn nicht aufgelegt wird, entstehen die angesagten Kosten. Das sind maximal drei Euro pro Minute, wenn es zeitabhängig abgerechnet wird. In diesen Fällen muss allerdings auch nach einer Stunde eine Kappung der Leitung erfolgen, damit die Kosten nicht überproportional steigen."

    Zudem seien die Unternehmen auch zur Transparenz verpflichtet, soll heißen, in Briefen oder Anzeigen, in denen eine Hotline beworben wird, müssen auch die Minutenpreise für ein Telefonat angegeben werden.

    Die grüne Bundestagsfraktion wird heute einen Gesetzentwurf einbringen, wonach das alleinige Verweilen in einer Hotline künftig kostenlos sein soll. Erst wenn ein Mitarbeiter des Unternehmens direkt erreicht wird und somit ansprechbar ist, soll dafür auch gezahlt werden. Technisch sei dies auf jeden Fall möglich, sagt Rudolf Boll von der Bundesnetzagentur.

    "Das ist mit 0900-Nummern möglich. Bei den 0180-Rufnummern sind wir gerade dabei, eine entsprechende Rufnummern-Gasse zu schaffen, dass dies auch bei diesen Nummern möglich ist."

    Ob die Warteschleifen künftig kostenlos werden können, hängt letztendlich von der Bundesregierung ab. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hat bereits ähnliche Vorschläge formuliert. Bärbel Höhn von den Grünen ist jedoch skeptisch.

    "Das Wirtschaftsministerium, welches eigentlich zuständig ist, hat schon gesagt, dass sie davon nicht gegeistert sind. Sie wollen es so belassen, wie es jetzt ist. Die Abstimmung im Ausschuss ist schon gelaufen, da haben die Koalitionsfraktionen gegen unseren Antrag gestimmt. Das erwarte ich heute auch im Plenum des Bundestags."

    Eine Sprecherin des Verbraucherministeriums machte darauf aufmerksam, dass eine Neuregelung bei den Kosten der Hotlines wohl zusammen mit der Umsetzung des Telekommunikationspaketes der Europäischen Union verabschiedet werden soll. Der geplante Zeitpunkt dafür sei das Jahr 2011.

    Bis zu einer möglichen Neuregelung sollten sich Kunden also vorher über die Minutenpreise der Hotlines konkret informieren, sagt die Bundesnetzagentur. Und bei nicht unbedingt dringenden Kundenanfragen, so die Empfehlung, lieber eine E-Mail an das Unternehmen schicken. Dies sei auf jeden Fall billiger.