"Meine Bildung, was Modefotografie betraf, habe ich in den Amerikahäusern bekommen. Die waren ja überall. Amerikanische Publikationen Bücher, Bibliotheken, unter anderem die amerikanischen Modezeitschriften wie Harper's Bazaar oder Vogue. Das konnte ich doch nicht kaufen. Es gab es nicht zu kaufen und ich konnte es gar nicht kaufen. Die habe ich dann durchgeblättert und habe meine Favoriten gehabt, die ich über Jahre verfolgt habe und wenn dann jemand nicht so genau guckte, dann machte ich ratsch und riss es raus und nahm es mit nach Hause und hängte es an die Wand."
Die Magazinseiten, die sich der junge Franz Christian Gundlach heimlich an die Wand pinnte, waren unter anderem von Richard Avedon und Irving Penn, die ihre Karriere schon ein paar Jahre vor ihm begonnen hatten und demonstrierten, dass Auftragsfotografie durchaus mit hohem künstlerischem Anspruch zu vereinbaren war.
Heute gilt Gundlach als einer der wichtigsten deutschen Fotografiesammler. Dass er selbst viele Jahrzehnte lang erfolgreich als Fotograf gearbeitet hat, wusste man zwar, doch bis auf wenige legendäre Modefotografien aus den 60er Jahren war dem breiten Publikum bis dato eher wenig von seinem umfangreichen Werk bekannt. Das dürfte sich nun mit der Ausstellung "F.C. Gundlach", die jetzt in den Hamburger Deichtorhallen zu sehen ist, gründlich ändern. Gezeigt werden nicht nur zirka 350 Vintage-Abzüge seiner wichtigsten Arbeiten, viele der Fotos werden auch im jeweiligen publizistischen Zusammenhang präsentiert. Sebastian Lux und Ulrich Rüter von der Stiftung F.C. Gundlach sowie die beiden externen Fotografiekenner Klaus Honnef und Hans-Michael Koetzle, haben dieses Mammutprojekt in jahrelanger Kleinarbeit vorbereitet.
Die Sorgfalt, mit der sie diese Ausstellung kuratiert haben, ist auch dem begleitenden Katalog zugute gekommen. Dieser Bild- und Textband ist ein Genuss, von der ersten bis zur letzten Seite. Layout und Druckqualität sind ebenso perfekt und stimmig wie die inhaltliche Dramaturgie des Buches. Neben thematisch gegliederten reinen Bildstrecken beleuchten die vier Kuratoren das Gundlachsche Werk aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Es tritt dabei eine faszinierende Lebensreise zutage und überdies wird das Oeuvre eines immens vielseitigen Bildjournalisten und Fotokünstlers sichtbar. Gundlachs Entwicklung als Fotograf lässt sich zum einen anhand der vielen Originalseiten aus Magazinen und Modekatalogen nachverfolgen. Zum anderen vermitteln die Originallayouts auch soviel an Zeitgeist, dass dieser Ausstellungskatalog auch als hervorragendes kultur- und mediengeschichtliches Standardwerk betrachtet werden kann.
Bis Mitte der 70er Jahre prägte F.C. Gundlach die Bildsprache von so auflagenstarken Magazinen wie dem "Stern" oder der "Brigitte". Parallel zu seinen Modeshootings fotografierte er auch viele Bildreportagen, die sich mit Alltagsleben, Architektur und Kunst beschäftigten. Die Entdecker- und Lebensfreude, die einem noch heute aus vielen seiner Fotostrecken entgegenspringt, speiste sich wahrscheinlich nicht zuletzt auch aus seiner Vergangenheit als Frontsoldat:
"Ich war Luftwaffenhelfer und kam dann aber durch unglückliche Umstände in eine französische Kriegsgefangenschaft. Wäre um ein... Ich habe Glück, dass ich lebe. Ich habe Glück gehabt. Die meisten sind dann doch gestorben. Damals war ich 19 und habe davon geträumt, 40 Jahre alt zu werden. Das war so weit weg. So eine Zukunft! Und na ja, heute bin ich doppelt so alt."
Es war der Hauch der großen weiten Welt, der mit Gundlachs Fotografien in den 50er Jahren auf die Nierentische der deutschen Wohnzimmer flatterte. Er fotografierte die großen Filmstars, reiste mit seinen Fotomodellen rund um den Erdball, ließ sie auf Flughäfen und Rennstadien posieren. Schon zu Beginn seiner Karriere galt F.C. Gundlach als der wichtigste Modefotograf in Deutschland. Er verstand viel von echtem Glamour und fügte den starren Posen der Damenhaftigkeit das pralle Leben hinzu, indem er zum Beispiel Nadja Tiller ins Korsett steckte oder die brave Schauspielerin Ruth Leuwerik im verführerischen Pelz fotografierte.
Gundlachs typische Handschrift, sein untrüglicher Sinn für einprägsame Inszenierungen zeigt sich schon auf dem Covermotiv, das gleichzeitig auch das Titelmotiv der Ausstellung ist:
"Dieses Bild haben wir eigentlich ganz spontan gefunden im Archiv, was jetzt auf dem Titel ist - die Frau, die im Bademantel, im Badedress und mit Badekappe auf die Pyramiden zuschreitet. In Kairo. Das sind die Pyramiden von Gizeh."
Die junge Frau, die sich für den Fotografen FC Gundlach im Jahr 1966 mit himmelblauer Badekappe und weißem Bademantel vor dem siebten Weltwunder der Antike in Pose setzte, hieß Karin Mossberg und gehörte zu den beliebtesten Fotomodellen der 60er Jahre. Mit ihrer frischen, selbstbewussten Lässigkeit entsprach sie genau dem neuen sportlichen Frauenideal, das in den bewegten 60er Jahren in Mode kam. Damals nannte man die Models zwar noch Mannequins und noch war im bundesdeutschen Alltag das prüde Klima der 50er Jahre zu spüren, doch die Zeichen der Zeit standen längst auf Umbruch. Kaum ein anderer deutscher Fotograf erlebte und dokumentierte die Veränderungen der Nachkriegszeit so hautnah wie F.C. Gundlach. Auffällig ist, dass viele seiner Auftragsarbeiten auch heute noch jenseits des redaktionellen Zusammenhangs Bestand haben.
"Ich mache auch keinen Unterschied zwischen angewandter Fotografie und freier Fotografie. Das halte ich für Blödsinn. Wenn ein Bild außerhalb seines Entstehungskontextes einen noch nach dreißig Jahren beeindruckt, dann ist es ein gutes Bild. Dann ist es wurscht, was der Grund war, warum es entstanden ist."
"Ästhetik im Auftrag" lautet ein zentraler Schwerpunkt der Retrospektive. Besser ist Gundlachs Selbstverständnis als Fotograf kaum zu umschreiben. Für ihn war die Auftragsfotografie immer eine kreative Herausforderung. Auch wenn er nichts weiter als Kleider in Szene zu setzen hatte, gelang es ihm, eine Geschichte zu erzählen, die über den pragmatischen Anlass hinausging. Ganz en passant dokumentierte er mit seiner Arbeit auch, wie sich die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft gewandelt hat. Die Mode war für ihn dabei immer vor allem eines: ein untrüglicher Seismograph:
"Für mich waren die 60er die wichtigste Zeit. Ich merkte ab 58, dass sich etwas veränderte. Da fotografierte ich für "Film und Frau". Da fotografierte ich Träume und die Redaktion ließ mich auch. Manchmal kam ich mir wirklich vor wie ein Märchenerzähler, denn ich wusste, dass diese Garderobe für 95 Prozent aller Frauen gar nicht erreichbar war, aber sie träumten davon."
F.C. Gundlach. Das fotografische Werk.
Steidl Verlag, mit Texten von Klaus Honnef, Hans-Michael Koetzle, Sebastian Lux und Ulrich Rüter
386 Seiten mit zahlreichen Schwarzweiß- und Farbfotografien
24 x 30 cm, Leineneinband mit Schutzumschlag
Euro 48,00
Die Magazinseiten, die sich der junge Franz Christian Gundlach heimlich an die Wand pinnte, waren unter anderem von Richard Avedon und Irving Penn, die ihre Karriere schon ein paar Jahre vor ihm begonnen hatten und demonstrierten, dass Auftragsfotografie durchaus mit hohem künstlerischem Anspruch zu vereinbaren war.
Heute gilt Gundlach als einer der wichtigsten deutschen Fotografiesammler. Dass er selbst viele Jahrzehnte lang erfolgreich als Fotograf gearbeitet hat, wusste man zwar, doch bis auf wenige legendäre Modefotografien aus den 60er Jahren war dem breiten Publikum bis dato eher wenig von seinem umfangreichen Werk bekannt. Das dürfte sich nun mit der Ausstellung "F.C. Gundlach", die jetzt in den Hamburger Deichtorhallen zu sehen ist, gründlich ändern. Gezeigt werden nicht nur zirka 350 Vintage-Abzüge seiner wichtigsten Arbeiten, viele der Fotos werden auch im jeweiligen publizistischen Zusammenhang präsentiert. Sebastian Lux und Ulrich Rüter von der Stiftung F.C. Gundlach sowie die beiden externen Fotografiekenner Klaus Honnef und Hans-Michael Koetzle, haben dieses Mammutprojekt in jahrelanger Kleinarbeit vorbereitet.
Die Sorgfalt, mit der sie diese Ausstellung kuratiert haben, ist auch dem begleitenden Katalog zugute gekommen. Dieser Bild- und Textband ist ein Genuss, von der ersten bis zur letzten Seite. Layout und Druckqualität sind ebenso perfekt und stimmig wie die inhaltliche Dramaturgie des Buches. Neben thematisch gegliederten reinen Bildstrecken beleuchten die vier Kuratoren das Gundlachsche Werk aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Es tritt dabei eine faszinierende Lebensreise zutage und überdies wird das Oeuvre eines immens vielseitigen Bildjournalisten und Fotokünstlers sichtbar. Gundlachs Entwicklung als Fotograf lässt sich zum einen anhand der vielen Originalseiten aus Magazinen und Modekatalogen nachverfolgen. Zum anderen vermitteln die Originallayouts auch soviel an Zeitgeist, dass dieser Ausstellungskatalog auch als hervorragendes kultur- und mediengeschichtliches Standardwerk betrachtet werden kann.
Bis Mitte der 70er Jahre prägte F.C. Gundlach die Bildsprache von so auflagenstarken Magazinen wie dem "Stern" oder der "Brigitte". Parallel zu seinen Modeshootings fotografierte er auch viele Bildreportagen, die sich mit Alltagsleben, Architektur und Kunst beschäftigten. Die Entdecker- und Lebensfreude, die einem noch heute aus vielen seiner Fotostrecken entgegenspringt, speiste sich wahrscheinlich nicht zuletzt auch aus seiner Vergangenheit als Frontsoldat:
"Ich war Luftwaffenhelfer und kam dann aber durch unglückliche Umstände in eine französische Kriegsgefangenschaft. Wäre um ein... Ich habe Glück, dass ich lebe. Ich habe Glück gehabt. Die meisten sind dann doch gestorben. Damals war ich 19 und habe davon geträumt, 40 Jahre alt zu werden. Das war so weit weg. So eine Zukunft! Und na ja, heute bin ich doppelt so alt."
Es war der Hauch der großen weiten Welt, der mit Gundlachs Fotografien in den 50er Jahren auf die Nierentische der deutschen Wohnzimmer flatterte. Er fotografierte die großen Filmstars, reiste mit seinen Fotomodellen rund um den Erdball, ließ sie auf Flughäfen und Rennstadien posieren. Schon zu Beginn seiner Karriere galt F.C. Gundlach als der wichtigste Modefotograf in Deutschland. Er verstand viel von echtem Glamour und fügte den starren Posen der Damenhaftigkeit das pralle Leben hinzu, indem er zum Beispiel Nadja Tiller ins Korsett steckte oder die brave Schauspielerin Ruth Leuwerik im verführerischen Pelz fotografierte.
Gundlachs typische Handschrift, sein untrüglicher Sinn für einprägsame Inszenierungen zeigt sich schon auf dem Covermotiv, das gleichzeitig auch das Titelmotiv der Ausstellung ist:
"Dieses Bild haben wir eigentlich ganz spontan gefunden im Archiv, was jetzt auf dem Titel ist - die Frau, die im Bademantel, im Badedress und mit Badekappe auf die Pyramiden zuschreitet. In Kairo. Das sind die Pyramiden von Gizeh."
Die junge Frau, die sich für den Fotografen FC Gundlach im Jahr 1966 mit himmelblauer Badekappe und weißem Bademantel vor dem siebten Weltwunder der Antike in Pose setzte, hieß Karin Mossberg und gehörte zu den beliebtesten Fotomodellen der 60er Jahre. Mit ihrer frischen, selbstbewussten Lässigkeit entsprach sie genau dem neuen sportlichen Frauenideal, das in den bewegten 60er Jahren in Mode kam. Damals nannte man die Models zwar noch Mannequins und noch war im bundesdeutschen Alltag das prüde Klima der 50er Jahre zu spüren, doch die Zeichen der Zeit standen längst auf Umbruch. Kaum ein anderer deutscher Fotograf erlebte und dokumentierte die Veränderungen der Nachkriegszeit so hautnah wie F.C. Gundlach. Auffällig ist, dass viele seiner Auftragsarbeiten auch heute noch jenseits des redaktionellen Zusammenhangs Bestand haben.
"Ich mache auch keinen Unterschied zwischen angewandter Fotografie und freier Fotografie. Das halte ich für Blödsinn. Wenn ein Bild außerhalb seines Entstehungskontextes einen noch nach dreißig Jahren beeindruckt, dann ist es ein gutes Bild. Dann ist es wurscht, was der Grund war, warum es entstanden ist."
"Ästhetik im Auftrag" lautet ein zentraler Schwerpunkt der Retrospektive. Besser ist Gundlachs Selbstverständnis als Fotograf kaum zu umschreiben. Für ihn war die Auftragsfotografie immer eine kreative Herausforderung. Auch wenn er nichts weiter als Kleider in Szene zu setzen hatte, gelang es ihm, eine Geschichte zu erzählen, die über den pragmatischen Anlass hinausging. Ganz en passant dokumentierte er mit seiner Arbeit auch, wie sich die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft gewandelt hat. Die Mode war für ihn dabei immer vor allem eines: ein untrüglicher Seismograph:
"Für mich waren die 60er die wichtigste Zeit. Ich merkte ab 58, dass sich etwas veränderte. Da fotografierte ich für "Film und Frau". Da fotografierte ich Träume und die Redaktion ließ mich auch. Manchmal kam ich mir wirklich vor wie ein Märchenerzähler, denn ich wusste, dass diese Garderobe für 95 Prozent aller Frauen gar nicht erreichbar war, aber sie träumten davon."
F.C. Gundlach. Das fotografische Werk.
Steidl Verlag, mit Texten von Klaus Honnef, Hans-Michael Koetzle, Sebastian Lux und Ulrich Rüter
386 Seiten mit zahlreichen Schwarzweiß- und Farbfotografien
24 x 30 cm, Leineneinband mit Schutzumschlag
Euro 48,00