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Als Endlager ungeeignet?

Der Standort Gorleben steht im Verdacht, vor allem aus politischen Gründen als Atomendlager auserkoren worden zu sein. Ob das so war, darum kümmert sich ab heute ein Untersuchungsausschuss des Bundestages.

Von Christel Blanke | 22.04.2010
    Der Beschluss fiel am 13. Juli 1983. Der Salzstock bei Gorleben sollte auf seine Eignung als Atomendlager hin untersucht werden. Auf die Erkundung auch weiterer möglicher Endlagerstandorte verzichtete die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung unter Kanzler Helmut Kohl. Warum? Das ist eine der Fragen, mit der sich der Untersuchungsausschuss des Bundestages befassen wird. Die andere ist: Auf welcher Grundlage fiel der Entschluss? Gab es wissenschaftliche Erkenntnisse, die Gorleben als geeigneten Standort auswiesen? Oder waren es womöglich politische Erwägungen? Zum Beispiel, dass im dünn besiedelten Wendland an der Grenze zur DDR nur wenig Widerstand der Bevölkerung zu erwarten wäre. Der SPD-Politiker Matthias Miersch:

    "Wir haben Zweifel, ob die einseitige Festlegung auf den Erkundungsstandort Gorleben tatsächlich auf richtigen Erwägungen beruht. Wir haben vielmehr den Eindruck, dass hier vieles verdeckt werden soll und dass die schwarz-gelbe Bundesregierung all diese Zweifel vom Tisch wischen will."

    Um eine ergebnisoffene Erkundung, so sind die Oppositionsparteien sicher, sei es von Anfang an nicht gegangen. Stimmen kritischer Wissenschaftler seien nicht gehört worden. Andere seien womöglich gedrängt worden, ihre Gutachten im Sinne der Politik zu verändern. Dokumente, die vergangenen Sommer auftauchten, sollen das belegen.

    Reinhard Grindel, Obmann der Unionsfraktion im Untersuchungsausschuss, wirft SPD und Grünen vor, lediglich längst bekannte Sachverhalte skandalisieren zu wollen. Er könne keine Ungereimtheiten erkennen:

    "Wie kann man den Eindruck erwecken, als ob da manipuliert, beeinflusst worden ist, wenn doch man selber im Jahre 2000 die Eignungshöffigkeit von Gorleben bestätigt hat. Um diesen Punkt kommt Rot-grün nicht herum in meinen Augen."

    Im Jahr 2000 hatte die rot-grüne Bundesregierung ein Moratorium verhängt. Die Erkundung des Salzstockes wurde ausgesetzt und zwar für mindestens drei, längstens zehn Jahre. Damals hatte Rot-grün - und darauf bezieht sich Grindel - nicht ausgeschlossen, dass der Salzstock aus geologischer Sicht geeignet sein könnte, aber erhebliche Zweifel angemeldet. Zweifel, die bis heute nicht ausgeräumt sind. Zumal inzwischen bekannt ist, dass es ein Laugenreservoir im Salzstock gibt und Wissenschaftler vor möglichen Wassereinbrüchen warnen. Für die Oppositionsparteien soll der Untersuchungsausschuss deshalb auch einem weiteren Zweck dienen. Volker Beck von den Grünen:

    "Man hat jetzt in Asse gesehen, was Wasser und Salzstock bei einem Atomlager bewirken können. Deshalb denken wir, dass der Untersuchungsausschuss Gorleben die Grundlage sein wird, um zu sagen: Gorleben kann es nicht sein. Wir brauchen eine neue, ergebnisoffene Endlagersuche."

    Für CDU und FDP gehört die Frage der weiteren Erkundung des Salzstockes Gorleben nicht in den Untersuchungsausschuss, so CDU-Obmann Grindel:

    "Wir haben den Blick nach hinten zu richten, ob bis zum Jahr 2000 Regierungshandeln korrekt abgelaufen ist."

    Dafür wollen Union und FDP möglicherweise auch die beiden ehemaligen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, SPD, und Jürgen Trittin von den Grünen vorladen. Die Grünen deren Vorgängerin Angela Merkel.