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Auf der Suche nach Waldbränden

Auch wenn es in den letzten Tagen hier und da geregnet hat – die Waldbrandgefahr ist immer noch sehr hoch, denn der Boden und die Bäume sind durch die Hitzewelle nach wie vor extrem trocken. Und gerade in den Alpen richten Waldbrände – wenn es denn dazu kommt – noch extremere Schäden an, als im Flachland von Brandenburg oder Niedersachsen. Wird der Bergwald im Sommer durch Feuer vernichtet steigt im Winter die Lawinengefahr – und selbst sofortige Aufforstung nützt da wenig, denn junge Bäume halten den Schneemassen des Winters selten stand. Die Piloten halten deshalb die Augen offen und melden Rauch oder Qualm per Handy oder Flugfunk an den nächsten Flugplatz. Der gibt die Information dann an die Behörden. Momentan ist die Waldbrandgefahr aber so extrem, dass das bayerische Innenministerium zusätzliche Flüge angeordnet hat – an Bord ist dabei immer ein amtlicher Beobachter der Feuerwehr oder Forstverwaltung – ausgestattet mit der nötigen Technik, die es gestattet mit jedem Rettungsdienst im Zielgebiet direkt in Kontakt zu treten. Doch nicht jedes Feuer ist gleich ein Waldbrand. Jürgen Wehrens Leiter der Flugbereitschaft der Luftrettungsstaffel in Oberbayern.

Von Wolfgang Nitschke | 22.08.2003
    Vor zwei Tagen sind wir geflogen und wir haben an Bord zunächst den Geruch festgestellt, weil gar nicht zu sehen war, dass irgendwo ein Feuer ist. Wenn nämlich alles trocken ist, dann qualmt es erstmal nicht. Da muss man dann also erstmal genau den Ort feststellen, wo das herkommt, das ist nicht immer leicht und dann muss man kontrollieren, ob das ein erlaubtes Feuer ist. Die Waldbauern zum Beispiel oder die Forstbeamten dürfen ja Abraumfeuer anlegen und dann kontrollieren wir als erstes, ob ein solches Feuer vom Boden her bewacht ist, ob Waldarbeiter in der Nähe sind. Ist das der Fall sind wir beruhigt und fliegen weiter. Wenn das nicht der Fall ist versuchen wir auf zu klären, ist das wirklich unbewacht, gibt es dort die Gefahr der Ausbreitung, dann wird festgestellt, wo sich das genau befindet, die Koordinaten werden festgestellt – das ist nicht ganz einfach, weil wir uns ja sehr schnell bewegen im Luftraum – und dann wird über die Behördenfunkverbindung die zuständige Stelle alarmiert und dann können wir das veranlassen.

    Bei den angeordneten Flügen ist für die Brandmeldung der amtliche Beobachter zuständig – der Pilot soll sich ganz aufs Fliegen konzentrieren, denn die Routen sind nicht immer leicht zu fliegen. Enge unbewohnte Täler, Schluchten und Berge werden nach Feuer abgesucht und dafür sind lange nicht alle Piloten geeignet.

    Von dem Piloten wird verlangt, dass er auch in relativ niedriger Flughöhe das Flugzeug sicher beherrscht und auch solche Manöver fliegen kann, dass der Flugbeobachter gut herausschauen kann. Wir verlangen von der Luftrettungsstaffel Bayern grundsätzlich 300 Flugstunden nach Erweb des Scheines. Das bedeutet ungefähr fünf bis sieben Jahre Flugerfahrung.

    Mein Pilot heißt Tom Werneck und fliegt seit 30 Jahren – nicht nur auf der Suche nach Feuer. Und weil der Motorsegler nur zwei Sitze hat müssen wir ohne den amtlichen Begleiter fliegen. Los geht es von Eschenlohe bei Garmisch in die Alpen – erstes Ziel – ein fast unbewohntes, touristisch nicht sonderlich interessantes Tal an der Grenze zu Österreich.

    Wenn man so in diese Seitentäler reinschaut in die gewundenen, dann ist es klar, warum wir die Luftbeobachtung brauchen. Wenn man da von der Luft reinschaut, dann sieht man alles, aber vom Tal aus ist überhaupt nichts zu merken. Das muss tagelang brennen bis die Rauchsäule dann so groß wäre, dass man sie von der Straße, von den Häusern, von den Dörfern aus sehen könnte und wenn man das zweimal am Tag abfliegt, dann kriegt man alles mit.

    Weiter geht´s zum nächsten Tal – in dem auch nur selten ein Wanderer unterwegs ist, weil es schönere Täler gibt. 90 Minuten dauert der Flug und nicht nur weil die Piloten ehrenamtlich arbeiten geht es auf dem Rückweg auch noch mal an Schloss Neuschwansein vorbei und an der Wies-Kirche. Ein bisschen was sehen kann man auf Waldbrandsuche nämlich auch, denn der Weg zum Flughafen führt vorbei an den Schlössern. Charly-Charly – der Motorsegler geht in den Landeanflug und Pilot Werneck ist zufrieden.

    Das war ein sehr erfolgreicher Flug, denn wir haben keinen Brand gefunden.

    Morgen und mindestens noch in den nächsten vier Wochen kann das anders sein. Und dann wird aus dem Hobby "Fliegen" für die Piloten der Wedenfelser Segelflieger in Eschenlohe harte Arbeit. Mit der Meldung an die Einsatzbehörden ist es nämlich nicht getan – der Pilot bleibt im Katastrophenfall vor Ort und leitet die Rettungsdienste aus der Vogelperspektive zum Einsatzort. Ehrenamtlich!