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Aufmüpfig, laut und schrill

Vor 30 Jahren ging MTV auf Sendung. Das Musikfernsehen löste das Radio als täglichen Hauptlieferanten von Musik für eine heranwachsende Generation ab. Mehr noch: Der Sender wurde selbst zur Popkultur.

Eleni Klotsikas | 30.07.2011
    Am 1. August 1981 ging ein Musiksender mit dem einfachen Namen Music Television, kurz MTV mit genau diesem Song auf Sendung.

    ""Video killt the radio Star"

    Der Song von den Buggles drückte das aus, was sich später ereignen sollte. Das Musikfernsehen löste das Radio als täglichen Hauptlieferanten von Musik für eine heranwachsende Generation ab. Mehr noch: Der Sender wurde selbst zur Popkultur.

    Aufmüpfig, laut, schrill rebellierte der Sender mit allen Mitteln gegen das herkömmliche Fernsehen, setzte mit der Zeit aber auch neue Standards in der Medienästhetik.

    ""Wenn man überlegt, die Ästhetik von MTV war so neu, diese schnellen Schnitte mit Musik, diese Graphics, die man täglich sieht. Das Fernsehen wäre nicht, wie es heute ist ohne die Bewegung von MTV damals."

    Sechs Jahre nach dem Sendestart in den USA kam das Musikfernsehen nach Europa und wurde schnell auch hier zum Kultobjekt für Jugendliche, erinnert sich Conrad Fritzsch, der heute einen Internetmusiksender betreibt:

    "Das Spannende, was MTV geschaffen hat, war das sie nicht nur ein Musiksender waren, sondern ein Lebensgefühl ausgelöst haben. Sie haben uns Werte gezeigt, für die wir stehen konnten und das alles mit Musik."

    "No matter if your black or white”"
    """You know that we are living in a material world and I am a material girl”"

    Heute haben sich Musikgenres weiter ausdifferenziert, die Zahl der Künstler hat sich vervielfacht und für Produktion von Videoclips braucht man nicht mehr das große Geld der Plattenindustrie. Das Angebot ist größer geworden, demnach wird es immer schwieriger mit einem einzigen Programm den Massengeschmack zu treffen, sagt Conrad Fritzsch von Internetsender tape.tv
    ""Ich glaube MTV ist damals mit 178 Musikvideos gestartet. Allein wir haben im Katalog 45.000 Musikvideos und es gibt neun Millionen Songs. Das heißt, es gibt ein Überangebot von Musik und deswegen haben wir bei Tape-TV gesagt, es ist nicht mehr die Aufgabe, dass ich meine Musik finde, die Aufgabe ist eigentlich, dass meine Musik mich findet."

    "Unsre Eltern kiffen mehr als wir! Wie soll man noch rebellieren?!"

    Nicht mehr nur Mainstream, sondern die Personalisierung des Musikgeschmacks – darauf müssen sich Medien heute einstellen und in einem Überangebot von Musik genau die richtigen Empfehlungen geben. MTV und auch Viva sind an ihre Grenzen geraten und zeigen anstelle von Musikvideos heute Realityshows und Doku Soaps. Das Internet eigne sich als Medium dafür besser, sagt Conrad Fritzsch:

    "In dem Augenblick, wo ein System nicht nur mehr nur sendet, sondern auch empfängt, wo ich als User, auch mit meinem Userverhalten, mit kleinen Clicks dem System helfe über mich etwas zu lernen, an diesem Punkt ist eine Personalisierung möglich."

    "Mein Name ist Marteria. Du bist mein Uptown-Girl. Du allein bringst mein Eisfach zum Abtauen, girl."

    So erhalten User auf verschieden Musikplattformen im Internet mit jedem Kauf eine Reihe von Empfehlungen ähnlicher Musik. Beim Internet-Musiksender-Tape-TV können User die abgespielten Musikvideos bewerten. Daraufhin erstellt sich ihrem Musikgeschmack entsprechend nach häufiger Nutzung ein eigenes personalisiertes Programm.

    "Ich bin ein Materia-Girl, ich bin ein Marteria-Girl"

    Der Musikmoderator wird vom Algorithmus ersetzt oder anders ausgedrückt: "The Internet killt the Videostar". Und natürlich hat sich auch auf dieses Lied bereits eine Vielzahl von Bands hergemacht, um es nach Lust und Laune zu parodieren.

    "Internet killt the Videostar"