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Aus der Krise mit dem Hebel

Mehr Stabilität für die Euroländer - um dieses Ziel zu erreichen, diskutieren deutsche Parlamentarier über zwei Lösungsvarianten. Im ersten Fall greift eine Art Teilkaskoversicherung, bei der für einen Teil der Investorenverluste gehaftet wird. Bei der zweiten Variante soll in speziellen Zweckgesellschaften Kapital gesammelt werden.

Von Andreas Baum | 25.10.2011
    Beide Modelle haben das gleiche Ziel: Private Investoren sollen ins Boot geholt werden. Würde man den Rettungsschirm nicht ausweiten, wäre er bald am Ende. 440 Milliarden Euro sind gerade genug, um ein Land wie Griechenland zu retten. Länder wie Frankreich oder Italien dagegen haben Schulden in einer Höhe von 1,8 beziehungsweise 1,6 Billionen Euro.

    Die erste Hebel-Variante ist die sogenannte Versicherungslösung. Wer neu ausgegebene Staatsanleihen von Euro-Ländern kauft, bekommt bei einem Verlust einen Teil des Schadens ersetzt. Es haftet der Rettungsschirm. Wie groß dieser Teil ist, ist noch unklar, man will sich nicht in die Karten schauen lassen, bevor man sich in Europa geeinigt hat.

    Für Griechenland ist dieses Modell allerdings untauglich, denn in Athen werden derzeit keine Staatsanleihen ausgegeben. Anders bei Italien, hier wäre die Teilkasko-Lösung eine Hilfe, damit das Land neue Kredite bekommt.

    Bei der zweiten Variante soll in speziellen Zweckgesellschaften Kapital europäischer und nichteuropäischer, öffentlicher und privater Investoren gesammelt werden, um die Mittel des Rettungsschirms zu vergrößern. Investoren soll es ermöglicht werden, zwischen verschiedenen Risikoklassen und Renditechancen wählen. Verluste werden zum Teil vom Rettungsschirm abgesichert.

    Allerdings führt dies zu neuen Gefahren. Es könnten neue Finanzprodukte entstehen, ähnlich denen, die seinerzeit zur Lehman-Pleite geführt haben. Frank Schäffler führt in der FDP die Gruppen derjenigen an, die mit diesem Modell besondere Bauchschmerzen haben.

    "Dass, was die Staats- und Regierungschefs jetzt diskutieren, ist dass, was die Finanzkrise weltweit verbreitet hat, nämlich strukturierte Wertpapiere."

    Schäffler hat angekündigt, im Bundestag gegen den Hebel zu stimmen. In dem Papier, das den Abgeordneten vorliegt, heißt es, dass die beiden Modelle sich nicht ausschließen und kombiniert eingesetzt werden können. Die Risiken allerdings liegen auf der Hand: Der Erfolg der Versicherungslösung dürfte davon abhängen, wie hoch der Teilkasko-Anteil ist, ist er zu niedrig, werden private Investoren kaum Interesse haben. Bei der Fonds-Lösung ist nicht ausgeschlossen, dass die Euro-Länder von den Rating-Agenturen schlechter bewertet werden, weil hier unterschiedliche Bonitäten und Risiken in einen Topf geworfen werden.

    Ganz vom Tisch dagegen ist – jedenfalls für die Deutschen – die sogenannte EZB-Lösung, der zufolge der Rettungsschirm sich Geld bei der Zentralbank holen kann. Peter Altmaier, parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, erklärt warum.

    "Wir machen keine Politik des leichten Geldes. Wir nehmen nicht den Reformdruck von Ländern wie Italien, Spanien oder Portugal sondern wir bestehen darauf, dass diese Länder ihre Haushalte in Ordnung bringen. Deshalb kann es eine Lizenz zum Drucken von Geld in dieser Form nicht geben."

    Allerdings wollen eine Reihe von Euro-Ländern die Europäische Zentralbank auffordern, weiterhin die Staatsanleihen strauchelnder Mitgliedsländer aufzukaufen – ob Deutschland dies verhindern kann, oder aber dulden wird, ist unklar. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bislang nur eingeräumt, dass eine solche Forderung zwar erhoben wird, nicht aber mit dem Deutschen abgestimmt sei.