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Aus für Nokia Siemens Networks Services

Der Netzwerkausrüster Nokia Siemens Networks schließt seine Tochter Services. Bis spätestens Ende 2013 sollen alle 16 Standorte geschlossen werden - und damit verlieren weitere 1000 Menschen ihren Arbeitsplatz.

Von Michael Watzke | 05.12.2012
    Es wird kein frohes Weihnachtsfest für die rund 1000 Mitarbeiter von NSN Services. Heute, bei der Mitarbeiterversammlung in Kassel, sei die Stimmung extrem niedergeschlagen gewesen, sagt Verdi-Sprecher Mike Döding:

    "Bei den Beschäftigten hat man zwischen Schockstarre und großer Wut und Frustration die ganze Bandbreite emotionaler Empfindungen erleben können, die ein Mensch haben kann."

    Dabei hatten die meisten Mitarbeiter spätestens seit gestern gewusst, dass ihre Stellen gestrichen werden sollen. Die offizielle Begründung des Managements: "NSN Services hat seit der Gründung vor fünf Jahren stets Verluste gemacht. Wir sehen auch in Zukunft keine Möglichkeit für Gewinne in der Service-Sparte", so eine Sprecherin heute.

    Dass die Verluste bisher im Rahmen blieben, lag an einem Wartungs-Vertrag über 300 Millionen Euro, den Nokia Siemens Networks 2008 mit der Telekom abgeschlossen hatte. Damals hatte NSN die ehemalige Telekom-Service-Tochter Vivento übernommen. Doch der befristete Vertrag wurde nicht verlängert. Für Verdi-Sprecher Mike Döding ein vorgeschobener Grund:

    "Dass dieser Vertrag mit der Telekom am 31.12. endet, das weiß NSN seit 2007. Das ändert nichts an der Tatsache, dass NSN am Markt nichts, aber auch gar nichts versucht hat, diesen Auftraggeber durch andere zu ersetzen. Man hat fünf Jahre von der Telekom Geld genommen, und jetzt stellt man urplötzlich fest: Huch, das läuft ja nicht mehr!"

    Bei den Verhandlungen mit der Telekom über einen neuen Wartungs-Vertrag sei es am Ende nur um sieben Millionen Euro gegangen, so Döding. Denn die Telekom habe 49 Millionen für ein weiteres Vertragsjahr zahlen wollen, in dem NSN Services die Mobilfunkmasten und Leitungen der Telekom wartet. NSN habe aber auf 56 Millionen Euro bestanden. Aus Dödings Sicht liegt die ursprüngliche Verantwortung bei der Telekom: Die habe ihre damals 1800 Mitarbeiter über den Verkauf an NSN Services billig entsorgt.

    Dasselbe Spiel droht nach Ansicht der Gewerkschaft beim Verkauf der NSN-Sparte Business Support Systems, kurz BSS. Nokia Siemens Networks gab heute bekannt, dass die Tochter BSS mit 1200 Mitarbeitern an den kanadischen IT-Spezialisten Redknee verkauft wird. Möglicherweise nur ein Aufschub von weiteren Entlassungen.

    Die Mitarbeiter von NSN Services sind schon jetzt betroffen. Die Sparte hat in Deutschland 16 Standorte mit rund 1000 Mitarbeitern. Meistens sind das kleine regionale Dienstleistungs-Zellen. Größer ist nur der Standort in Berlin mit rund 200 Mitarbeitern, der in Leipzig mit 100 Mitarbeitern und der Hauptsitz in Nürnberg. Dort wird die Produktion schon zum Ende des Jahres eingestellt. Wegen längerer Kündigungsfristen rechnet Verdi jedoch damit, dass die Beschäftigten teilweise noch bis Ende 2013 einen Arbeitsplatz haben. NSN will jetzt mit dem Betriebsrat über die Schließung der Standorte verhandeln. Es geht um Abfindungen, einen Sozialplan und möglicherweise auch um die Forderung einer Transfergesellschaft. Es werden harte Verhandlungen. Denn die Geschäfte bei NSN laufen schlecht - und auch von den Teilhabern Siemens und Nokia ist keine Hilfe zu erwarten. Siemens hat gerade erst ein 6 Milliarden Euro teures Sparprogramm beschlossen. Und bei Nokia in Finnland ist die Situation so angespannt, dass der Konzern soeben seinen Firmensitz in Helsinki verkauft hat. 170 Millionen Euro hat Nokia dafür bekommen - und hat sein eigenes Gebäude nun selbst zurückgeleast.