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Basis straft die Spitze ab

Die Parteibasis hat in Freiburg gegen eine Bewerbung Münchens für die Olympischen Winterspiele 2018 gestimmt. Eine Entscheidung gegen die Parteispitze und vor allem Claudia Roth, die Kuratorium der Bewerbergesellschaft sitzt. Die Parteichefin will nun die Konsequenzen ziehen.

Von Stefan Maas | 21.11.2010
    Die Entscheidung kam spät am Abend - gegen 23 Uhr- verbarg sich hinter der unscheinbaren Antragsnummer V-20 - und hat doch weitreichende Folgen für die Grünen. Denn die Delegierten, die bis zum späten Samstagabend ausgeharrt hatten, sagten Nein zur Bewerbung um die olympischen Winterspiele von München und Garmisch-Partenkirchen für das Jahr 2018. Eine Schlappe für die Parteispitze. Vor allem für die Vorsitzende Claudia Roth. Die ließ gestern zunächst offen, ob sie sich aus dem Olympia-Kuratorium zurückziehen wird oder nicht.
    Heute morgen dann die Ansage. Fast beiläufig - vor dem Beginn der Debatte um die Gesundheitspolitik. Da sind die Reihen der Delegierten noch nicht besonders gut gefüllt:

    "Der Bundesvorstand hat einmütig beschlossen, dass wir uns aus dem Kuratorium zurückziehen als Partei. Und dass ich als Person nicht mehr in dem Kuratorium mit streite oder mitarbeite. Das wollte ich euch zur Information und zur Beruhigung mitteilen. So!"

    Es ist ein Triumph für Ludwig-Hartmann. Der bayerische Grüne Landtagsabgeordnet ist Sprecher der NO-Olympia-Bewegung:

    "Ich habe mich schon gefreut. Und zwar, wenn man ein Thema seit zwei Jahren versucht in die Partei hereinzutragen, und sagt, man muss sich dazu positionieren, auch wenn es schwierig ist, freut man sich einmal, wenn man es debattiert bekommt, das Thema. Und vor allem dann auch, wenn man die Zustimmung bekommt. Weil es war ja hinreichend bekannt, dass man von der ganzen Spitze Gegenwind erfahren hat, den Antrag am liebsten gar nicht zu behandeln, dann freut es einen natürlich besonders, wenn man Erfolg hat."

    Denn fast hatte es so ausgesehen, als hätte sein Antrag das Licht des Parteitages nicht erblickt. Die Parteispitze hatte versucht, den Antrag wieder nach Bayern zurück zu überweisen. Das Argument: Das Thema Olympia sei kein bundesweites. 20 Minuten seien nicht genug, um über dieses Thema abzustimmen, denn die meisten Delegierten hätten sich damit nicht wirklich auseinandergesetzt.

    Doch damit wollten sich die Antragsteller nicht zufrieden geben, ließen sich nicht überreden, den Antrag schon im Vorfeld zurückzuziehen:

    "In allen offiziellen Unterlagen steht drin: Bündnis90/die Grünen unterstützen Olympia. Aber es hat sich nie ein Bundesparteitag, nie ein Parteirat, weder der Bundesvorstand hat zu diesem Thema abgestimmt. Es steht einfach drin."

    Ihre Argumente gegen die Bewerbung: Die finanziellen Risiken. Es geht um Gesamtkosten von rund 3,5 Milliarden Euro, inklusive der Infrastrukturmaßnahmen. Geld, das für andere, ihrer Meinung nach wichtigere Projekte fehlt, sagen die Gegner. Die Öffentlichkeit werde außerdem durch vorgebliche positive Beschäftigungs- und Wachstumseffekte hinters Licht geführt. Und die Organisatoren unterwürfen sich bedingungslos dem Diktat des Internationalen Komitees. Hinzu kommen die Probleme für die Umwelt.

    Und so ließen sie die Bundesvorsitzende nicht so einfach aus der Zange. Am Nachmittag, als sich Claudia Roth zur Wiederwahl stellte, fand das Thema seine Bühne - gleich drei Mal. Denn die Bewerber müssen sich vor der Abstimmung noch fünf Fragen stellen. Drei davon: Liebe Claudia, wie stehst du zu Olympia?

    Die bayerische Oberschwäbin reagierte empört. Immerhin stelle sie, anders als die Vertreter der andern Parteien, kritische Fragen:

    "Es verletzt mich ein bisschen, dass gesagt wird, der Platz, den die Partei hat, wo der Vorstand gesagt hat, klar gehst du da hin, um etwas zu verändern, um uns nicht rausgehalten wird, dass das als Verrat gesehen wird an den eigenen ökologischen Kriterien."

    Das nutzte genau so wenig wie das Argument von Winfried Herrman, der sportpolitische Sprecher der Grünen:

    "Ich kann euch sagen als jemand der auf mehreren Olympischen Spielen war und alle Konzepte durchgeschaut hat - auch bei der WM. Das ist, das kann ich mit Fug und Recht sagen, das beste ökologisch nachhaltige Konzept, was es in diesem Bereich bisher gegeben hat. Hier waren wir wirklich erfolgreich."

    Das aber sehen die Gegner - auch unter den Grünen anders. Ein solches Großereignis wie die Olympischen Winterspiele belaste die Umwelt immer. Bei einem solchen Konzept könne es maximal um Schadensbegrenzung gehen. Und so setzten sich die Gegner der Bewerbung mit 289 zu 244 Stimmen durch. Damit sind die Olympischen Spiele für Das Kuratoriumsmitglied Claudia Roth zu Ende. Für die bayerischen Grünen aber noch lange nicht.