Samstag, 18. Mai 2024

Travemündung
Bergung von 400 Jahre altem Schiffswrack begonnen

In der Travemündung bei Lübeck haben Experten damit begonnen, einen rund 400 Jahre alten Frachtsegler aus der Spätzeit der Hanse zu bergen. Nach Angaben der Stadtverwaltung holten Taucher einer Spezialfirma nach mehrtägigen Vorbereitungen ein erstes Wrackteil an die Oberfläche.

07.06.2023
    Ein Fass Branntkalk wird als Wrackteil eines Handelsschiffs der Hansezeit aus der Trave gehoben.
    Die Überreste eines Fasses Branntkalk wurden aus einem Handelsschiff der Hansezeit aus der Trave gehoben. (Markus Scholz / dpa )
    Es handelte es sich um ein Stück eines Holzfasses, das einst zur Ladung des untergegangenen Schiffs gehört hatte. Die Bergung und Dokumentation der historischen Überreste soll rund drei Monate dauern und im September abgeschlossen werden. Die Arbeiten laufen nach anerkannten wissenschaftlichen Standards und werden von Archäologen und Archäologinnen der schleswig-holsteinischen Stadt begleitet. Geplant sind auch digitale 3D-Scans des Wracks und aller Fundstücke.

    Gesunkenes Schiff stammt aus dem 17. Jahrhundert

    Das Schiff stammt nach bisherigen Erkenntnissen aus dem 17. Jahrhundert und war bei Vermessungsarbeiten in der Travemündung vor Lübeck entdeckt worden. Die Behörden gaben den Fund vor rund zehn Monaten bekannt. Sie erhoffen sich davon wertvolle Erkenntnisse zur Geschichte Lübecks und zu den Handelsbeziehungen innerhalb des Städtebunds der Hanse, in dem Lübeck über Jahrhunderte hinweg eine Führungsrolle hatte.
    Die Fachleute vermuten, dass das rund 20 Meter lange Schiff nach einem Unglücksfall sank. Holz aus dem Wrack wurde auf die Zeit um das Jahr 1650 datiert. Womöglich gibt es auch einen Zusammenhang mit einer in Dokumenten aus dem Stadtarchiv erwähnten Havarie auf der Trave von 1680. Beladen war das Schiff mit mehr als 150 Fässern. Einige wurden bereits untersucht. Sie enthalten Branntkalk, einen Grundstoff für Baustoffe.

    Wrack ist gut erhalten

    Nach Angaben der Stadt handelt es sich bei dem Wrackfund aus der Hansezeit um die erste Entdeckung ihrer Art in der südlichen Ostseeregion. Das teils im Sediment des Meerbodens versunkene Schiff ist demnach außergewöhnlich gut erhalten. Es soll geborgen und konserviert werden, weil es sich unter Wasser zersetzen oder durch Meeresströmungen und Schiffsverkehr zerstört werden könnte. Die Lübecker Bürgerschaft gab 2022 die nötigen Gelder frei.
    Die Bergung des in elf Metern Wassertiefe liegenden Wracks erfolgt durch eine international tätige Fachfirma aus Polen. Dabei wird von einem in der Trave liegenden Arbeitsschiff aus agiert, das Archäologen und Tauchern als Basis dient. Zunächst wird nach Angaben der Stadt das Sediment mit Saugern entfernt, dann werden Fundstücke und Wrackteile Schicht für Schicht gehoben.
    Lübeck war vom ausgehenden Mittelalter bis in die frühe Neuzeit eine bedeutende Handelsmetropole innerhalb der Hanse. Der Aufstieg der Stadt mit Zugang zur Ostsee begann im 13. Jahrhundert, Ende des 14. Jahrhunderts war Lübeck nach Köln zeitweise die zweitgrößte deutsche Stadt. Bis Ende des 17. Jahrhunderts verlor der Städtebund der Hanse seine einst große Bedeutung.
    Diese Nachricht wurde am 07.06.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.