Freitag, 29. März 2024

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Berlinale-Wettbewerb
Horror, Gewalt und starke Frauen

"Der Goldene Handschuh" von Fatih Akin ist ein Horrorfilm. Er erzählt die Geschichte des Frauenmörders Fritz Honka, hervorragend besetzt mit dem Schauspieler Jonas Dassler. Im Rennen um die Bären favorisiert unsere Kritikerin aber einen anderen Film: "Gott existiert. Sie heißt Petrunya!"

Maja Ellmenreich im Gespräch mit Doris Schäfer-Noske | 10.02.2019
    Das Filmplakat "Der Goldene Handschuh" auf der Straße vor dem Berliner Filmpalast zeigt den Schauspieler Jonas Dassler als Fritz Honka.
    Das Filmplakat "Der Goldene Handschuh" auf der Straße vor dem Berliner Filmpalast zeigt den Schauspieler Jonas Dassler als Fritz Honka. (Deutschlandradio / Maja Ellmenreich)
    Schon in der ersten Filmminute beginnt der Horror: Fritz Honka müht sich damit ab, eine zusammengeschnürte Frauenleiche in einen Müllsack zu bugsieren. Er ächzt und stöhnt dabei, ringt mit dem wuchtigen Fleischpaket. Eine Szene unfreiwilliger Komik und blanken Horrors. Doch wird die Gewalt in "Der Goldene Handschuh" auch noch so unerträglich – Fatih Akins Kamera bleibt auf Abstand zum brutalen Geschehen. Mit seinem ersten Horrorfilm legt er eine Milieustudie vor: Immer neue Gruselfiguren bevölkern die Leinwand mit ihren deformierten und dumpfen Gesichtern, ihren völlig verbrauchten und vom Alkohol ruinierten Körpern. Bis ins kleinste Ausstattungsdetail wird mit größter Genauigkeit gearbeitet. Die Protagonisten sind hervorragend besetzt: in erster Linie natürlich Jonas Dassler als Fritz Honka. Anfang 20 ist er, Ensemblemitglied am Maxim-Gorki-Theater in Berlin und Shootingstar der Theater- und Filmbranche.
    Starke Frauenrollen auf der Berlinale
    Die ersten Tage des Berlinale-Wettbewerbs zeichnen sich durch starke Frauenrollen aus. So überzeugte zum Beispiel Valerie Pachner in dem österreichischen Berlinale-Beitrag "Der Boden unter den Füßen" von Marie Kreutzer.
    Der ganz große Lichtblick des bisherigen Bärenrennens feierte am Sonntagnachmittag Premiere: "Gott existiert. Sie heißt Petrunya!", ein Film der mazedonischen Regisseurin Teona Strugar Mitevska. Darin handelt sich die 32-jährige Historikerin Petrunya Ärger ordentlich Ärger ein, indem sie gegen alle Regeln ihres konservativen Umfelds verstößt.
    Veraltete Männer- und Frauenbilder
    Der Film ist eine Groteske über Traditionen und ungeschriebene Gesetze, über veraltete Männlichkeits- und Weiblichkeitsbilder, über den Einfluss der Kirche auf den Staat und des Staates auf die Kirche. Petrunya wird für die einen zur Gallionsfigur, für die anderen zur Nestbeschmutzerin. Eine Satire auf eine sich nur sehr mühsam verändernde Gesellschaft – traurig und mittendrin wie ein Fels in der Brandung: Zorica Nusheva als Petrunya. Schauspielerin und Film sind eindeutig Bärinnenanwärterinnen.