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"Taskforce Zukunft Profifußball" beendet - und nun?

Zu hohe Spielergehälter, zu wenig wirtschaftliche Stabilität bei den Vereinen - solche Missstände sollte die mit großer Öffentlichkeitswirkung installierte "Taskforce Profifußball" angehen. Deren Beratungen sind beendet, klare Ergebnisse wurden nicht benannt.

Von Thorsten Poppe | 09.01.2021
Szene aus einem Bundesliga-Geisterspiel 2020
Szene aus einem Bundesliga-Geisterspiel 2020 (www.imago-images.de)
Die Formel "drei mal drei" mal drei soll die Zukunft des deutschen Profifußballs richten. In drei virtuellen Sitzungen, die jeweils drei Stunden dauerten, haben die Mitglieder der Taskforce Zukunft Profifußball in drei Gruppen Lösungen für viele gesellschaftsrelevante Fragen finden wollen.
So ist es unter anderem um die gesellschaftliche Verankerung, um wirtschaftliche Stabilität, als auch um die Wettbewerbsbalance des Profifußballs hierzulande gegangen. Die 37 Mitglieder sind dabei aus vielen Bereichen ausgewählt worden. Neben aktiven Verantwortlichen aus dem Profifußball auch Personen aus Wirtschaft oder Politik, aber auch aus den aktiven Fanszenen:
"Es war tatsächlich auch nicht so ein 'Wir Fans' gegen das Establishment oder so. Sondern es war wirklich ein guter Austausch, wo man auch Dinge aus einem anderen Blickwinkel beleuchtet hat", äußert sich Fanvertreter Dario Minden in einem extra aufgelegten Podcast über die Arbeit in der Taskforce. "Sie heißt ja nun 'Taskforce'. Ich glaube 'Think Tank' wäre der sinnvollere Name gewesen, wenn man so einen englischen Begriff haben will. Es ist wirklich mehr Impulsgeber, aber auch ein Ort, wo verschiedene Interessengruppen im Fußball zusammenkommen können."
Fans diskutierten mit Klingbeil, Bobic oder Özdemir
Schließlich diskutieren darin die Fans sowohl mit den Bundesliga-Managern Fredi Bobic oder Max Eberl als auch mit den Politikern Lars Klingbeil von der SPD, Carsten Linnemann von der CDU, oder Cem Özdemir von den Grünen über die Zukunft des Fußballs.
Die Besonderheit betont auch die Deutsche Fußball-Liga, die diese Taskforce ins Leben gerufen hat. In einer Stellungnahme zitiert die DFL ihren Geschäftsführer Christian Seifert dazu folgendermaßen: "Die Arbeitsgruppen werden sich mit Fragestellungen zu einigen äußerst relevanten Aspekten an der Schnittstelle von Sport, Wirtschaft und Gesellschaft beschäftigen."
War es sinnvoll oder nicht? Keine Antworten aus der Taskforce
Die drei Sitzungen sind jetzt zwischen Oktober und Januar absolviert worden. Jede der drei Taskforce-Gruppen hat dabei alle Fragen diskutiert, und am Ende ein eigenes Ergebnis erarbeitet. Was dabei herausgekommen ist, soll spätestens im Frühjahr der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Ob dieses Prozedere von den Taskforce-Mitgliedern als sinnvoll eingeschätzt wird, will dem Deutschlandfunk allerdings keiner verraten. Eine breit gefächerte Anfrage an verschiedene Mitglieder wird nicht beantwortet - mit Hinweis auf eine Verschwiegenheitsvereinbarung. Auf Nachfrage bei Taskforce-Mitglied Katja Kraus im Rahmen einer öffentlichen, virtuellen Veranstaltung der Akademie für Fußball-Kultur, antwortet die ehemalige HSV-Vorständin salomonisch: "Wir sind nicht für die Logistik der Taskforce verantwortlich. Also ich möchte die nicht bewerten!"
Deutlicher äußert sich auf derselben Veranstaltung ein weiterer Fanvertreter aus der Taskforce, Manuel Gaber, der unter anderem die Initiative "50plus1bleibt" gegründet hat: "Wenn ich einen Prozess aufgesetzt hätte, hätte ich ein paar Sachen anders gemacht. Ich glaube, es ist wichtig, dass ein gutes Ergebnis herauskommt. Es wird uns wahrscheinlich auch nicht weiterbringen, wenn wir über den Prozess die ganze Zeit meckern. Sondern ich glaube, wir sind da auch gut beraten, uns darauf zu fokussieren, dass gute Ergebnisse dabei herauskommen."
Abschlusspapier soll an die Klubs zugestellt werden
Der Deutschlandfunk hat in allen Anfragen an diverse Mitglieder nicht nach Ergebnissen, sondern nach dem Prozedere gefragt. Zum Beispiel auch, ob man nicht Gefahr laufe, dass sich die DFL-Mitglieder am Ende die Ergebnisse herauspicken, die genehm sind.
Immerhin: Vorab soll das Abschlusspapier in einer vierten Sitzung der Taskforce noch einmal diskutiert, und danach den 36 Mitgliedsvereinen der DFL aus der Bundesliga und 2. Bundesliga zur Verfügung gestellt werden. Was daraus folgt, weiß auch Taskforce-Mitglied Dario Minden noch nicht: "Dass wir diese ganzen Themen, diese ganzen Missstände, die wir schon so lange gesehen, jetzt mal ins Zentrum der Fußballbranche transportieren konnten, und da auf sehr offene Ohren gestoßen sind, das ist denke ich, ist schon ein gewisser Zwischenerfolg. Aber dann ist das natürlich noch ein ganz großer Schritt, dass in Maßnahmen zu kriegen, dass da wirklich auch Dinge in andere Regularien fließen. Das ist dann noch einmal ein anderer Kampf!"
Torwart Luthe fordert stärkere Einbindung der Spieler
Fest steht, dass viele Akteure aus dem Fußball ab jetzt mehr Mitsprache einfordern werden, unabhängig vom Ausgang der Taskforce. Profi Andreas Luthe vom 1. FC Union Berlin, der sich in der Spielergewerkschaft VDV engagiert, hat dies vor kurzem in einer Online-Diskussion auf RTL.de noch einmal deutlich gemacht.
"Ich glaube, dass man vor allem auf die Spieler hören sollte, und sie einbeziehen sollte. Denn die wichtigste Informationsquelle, wenn es um spielerrelevante Themen geht, sind eben Spieler. Und dass ist mehr oder weniger so unser Hauptanliegen, dass Spielerinnen und Spieler einfach eingebunden werden in Entscheidungen", sagte Luthe. "Ich möchte auch nicht in der Haut von Verbandsfunktionären stecken, die dann die Entscheidungen treffen müssen. Aber ich erwarte zumindest, dass die Aktiven mit eingebunden werden, um Entscheidungen zu verbessern."
Egal, was bei der Taskforce "Zukunft Profifußball" letztendlich herauskommen wird: Profikicker und Fans werden in Zukunft mehr Mitspracherecht im deutschen Profi-Fußball einfordern.