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Cartoonmuseum Basel
Herzerweichende Episoden aus dem Leben eines Ehepaars

Das Cartoonmuseum Basel widmet Aline Kominsky-Crumb und Robert Crumb eine eigene Ausstellung: "Drawn togesther". Zu sehen gibt von dem Künstlerpaar Originalzeichnungen, Malereien und Fotografien. Ihre Werke sind vom eigenen Familienleben beeinflusst und oft sind es sarkastische Zuspitzungen gesellschaftlicher Konflikte.

Von Christian Gampert |
    Der amerikanische Comiczeichner Robert Crumb 2005 in London.
    Der amerikanische Comiczeichner Robert Crumb 2005 in London. (picture-alliance/ dpa / PA / Mark Lees)
    In einer kleinen filmischen Reportage zu Beginn der Ausstellung sieht man das Ehepaar Crumb mit Banjo und Gitarre Musik machen, und irgendwann ist da dieses Foto: der junge Robert Crumb, der liebevoll eine Katze im Arm hält. Wahrscheinlich ist es eher ein Kater: "Fritz the Cat" ist eine der Figuren, die Crumbs Ruhm begründet haben, ein wahnsinniger, sexbesessener Nichtstuer und Pseudorevoluzzer. Die Hippie-, Drogen- und Politszene der amerikanischen 1960er-Jahre, genauer: der Westcoast, wird hier in einer gewissen intimen Banalität vorgeführt, was dem Autor den Ruf eintrug, "Underground-Comics" zu zeichnen. Später wurde das Werk verfilmt, was zwar ein Riesenerfolg war, Crumb aber derart missfiel, dass er die Hauptfigur in einem späteren Comic mit einem Eispickel erledigen ließ – also ebenso, wie Leo Trotzki ermordet wurde.
    Große Zuneigung zwischen den beiden
    Also: Wer immer sich mit Robert Crumbs Comic Strips amüsiert, der bekommt es auch mit Zeitgeschichte zu tun. Crumb, in einer katholischen Nonnenschule erzogen, ist völlig tabulos, was Sex und Politik anbetrifft, und er sieht real genauso aus wie der Protagonist aus den "Aline and Bob"-Comics, ein leptosomer Loser mit dicker Brille, aber ungeheuer nett, neben sich eine schöne Frau im Blümchenkleid: Aline Kominsky-Crumb. Das ungleiche Paar, 73 und 68 Jahre alt, verwurstet bzw. verdichtet seit vielen Jahren das eheliche Dasein zu einer Serie, in der schmutzige Wäsche gewaschen wird, "Dirty Laundry". Nun sitzen sie im Cartoonmuseum Basel und erzählen von den Beschwernissen des Comiczeichner-Daseins - was aber nicht sehr schlimm zu sein scheint, da die beiden seit einem Vierteljahrhundert in Südfrankreich residieren. Es ist absolut sinnlos, etwas mitzuschneiden, da es wild durcheinander geht, vom bösen Donald Trump zum Horror der Kindheit, von den Zumutungen des Alltags – Enkelkinder, Galerien, Steuererklärung – zu den Feinheiten "visuellen Denkens". Welches sich bei Crumb ja in gedrungenen, plastischen, in sich verknoteten Gestalten äußert, bei Aline Kominsky, der studierten Malerin, eher in flächigen und scheinbar naiv gezeichneten Figuren.
    Die beiden sind hier, um über das Thema "Drawn Together" zu reden, also über das, was sie gemeinsam gezeichnet haben. So heißt auch die Ausstellung. Es sind wirklich herzerweichende Episoden aus dem Leben eines Ehepaars, Woody Allens Neurotikerfilme sind nichts dagegen. Auf der Pressekonferenz aber geht es zu wie in den Comics: Meist redet sie, und er assistiert und grummelt ein bisschen vor sich hin, ist aber am Ende fast immer einverstanden damit, dass sie ja recht hat. Irgendwie ist das von großer Zuneigung gezeichnet, immer noch. Aline Kominsky kommt aus einer eher desolaten New Yorker Familie mit jüdischem Hintergrund; das Malen und Zeichnen war für sie eine Befreiung, die mit dem politischen Aufbruch der Hippie-, Frauen- und Studentenbewegung einherging. Ihre eigene Jugend als vernachlässigtes Kind hat sie in den "Goldie"-Comics verarbeitet; der dogmatische Feminismus des "Wimmen’s Comix"-Kollektiv war ihr dann aber doch zu öde. Während ihre Mitstreiterinnen Robert Crumb als "Chauvinistenschwein" beschimpften, zog sie mit dem Geschmähten zusammen und heiratete ihn.
    Sarkastische Zuspitzungen gesellschaftlicher Konflikte
    Es ist, das stellt sich in Basel heraus, durchaus angenehmer, Comics im Sitzen zu konsumieren als vor den Blättern stehen zu müssen, auch wenn es sich um Originale handelt, und zwar um ziemlich viele. Allerdings kann man hier nun die gesamte Karriere von Kominsky und Crumb an sich vorbeiziehen lassen. Kominsky hat sich in den letzten Jahren einer seltsamen Buntmalerei ergeben; die Vergleiche mit Grosz und Dix, die hier bemüht werden, sind aber verfehlt. Auch ihre Assemblagen haben eher die Aura von Hippiekitsch. Bei Crumb ist das ein bisschen anders: Er hat von der Schöpfungsgeschichte bis zu Kafkas "Prozess" sehr viel Hochkultur in seinem ureigensten Medium erzählt. Auch die "Aline & Bob"-Familien-Comics (mit Tochter Sophie) sind natürlich keine Nacherzählung von Wirklichkeit, sondern sarkastische Zuspitzungen gesellschaftlicher Konflikte. Der Comic, dieser seltsame Zwitter zwischen Literatur und Film, in dem die Anarchie immer wieder obsiegen darf, hat in Robert Crumb einen nobelpreiswürdigen Protagonisten. Seine größte Qualität ist, neben der Zeichenkunst: seine Nachsicht mit der Menschheit.