
Die Wahl des Bundeskanzlers soll in der Woche ab dem 5. Mai stattfinden. Das wird voraussichtlich der Unionskandidat Merz sein. Ein genauer Tag sei noch nicht festgelegt, sagte er. Zunächst müssten die Entscheidungsprozesse in den Parteien abgewartet werden. Bei der CDU wird ein kleiner Parteitag befragt, bei der CSU entscheidet der Vorstand, bei der SPD stimmen die Mitglieder ab. Letzteres wird mindestens zehn Tage in Anspruch nehmen.
Hier ein Überblick darüber, was CDU, CSU und SPD im Einzelnen vereinbart haben:
Migration:
Laut Merz wird die Koalition in diesem Politikfeld einen "neuen Kurs" einschlagen. Es werde Kontrollen an den Staatsgrenzen und auch Zurückweisungen von Asylbewerbern geben. Letzteres werde "in Abstimmung mit den europäischen Nachbarn" erfolgen. Ob dazu auch deren Einverständnis erforderlich ist, wie die SPD es gefordert hatte, oder ob die Nachbarstaaten nur in Kenntnis gesetzt werden, was CDU/CSU für ausreichend halten, präzisierte Merz zunächst nicht.
Der Koalitionsvertrag hält außerdem fest, dass die Begrenzung sogenannter irregulärer Migration wieder als Ziel im Aufenthaltsgesetz festgeschrieben werden soll. Union und SPD wollen zudem humanitäre Aufnahmeprogramme wie das für Ortskräfte und Menschenrechtler aus Afghanistan beenden, keine neuen Programme auflegen sowie den Nachzug von Familien zu Flüchtlingen mit subsidiärem Schutzstatus für zwei Jahre aussetzen. Für Härtefälle soll es Ausnahmen geben.
Einbürgerung:
Union und SPD wollen einen Teil der Einbürgerungsreform rückgängig machen. Die Ampel-Koalition hatte die Wartezeiten für den Erhalt eines deutschen Passes verkürzt. Die deutsche Staatsbürgerschaft kann derzeit bekommen, wer fünf Jahre in Deutschland ist. Bei besonderen Integrationserfolgen ist das schon nach drei Jahren möglich. Diese "Turboeinbürgerung" nach drei Jahren werde wieder abgeschafft, sagte Merz.
Bürgergeld:
Die künftigen Bündnispartner wollen das Bürgergeld in "Grundsicherung für Arbeitssuchende" umbenennen und strengere Regeln einführen. Statt Weiterbildung und Qualifizierung solle wieder die Vermittlung in einen Job im Vordergrund stehen, heißt es im Koalitionsvertrag. Wenn die Bezieher ihren Pflichten nicht nachkommen, sollen die Leistungen "schneller, einfacher und unbürokratischer" als bisher gekürzt werden. Auch ein "vollständiger Leistungsentzug" werde möglich sein.
Änderungen sind zudem bei den Freibeträgen für Vermögen vorgesehen. Die Regelung, dass im ersten Jahr des Leistungsbezugs deutlich höhere Vermögen unangetastet bleiben als später, fällt weg. Außerdem soll eine Staffelung des Schonvermögens nach "Lebensleistung" eingeführt werden. Bislang gelten nach Ablauf des ersten Jahres einheitlich 15.000 Euro pro Person.
Bei den Wohnkosten gilt bisher eine Karenzzeit von einem Jahr, während der nicht geprüft wird, ob diese Kosten zu hoch sind. Dazu heißt es im Koalitionsvertrag: "Dort, wo unverhältnismäßig hohe Kosten für Unterkunft vorliegen, entfällt die Karenzzeit." Damit könnte jemand schon kurz nach Beginn des Bürgergeldbezugs aufgefordert werden, sich eine günstigere Unterkunft zu suchen.
Rente:
Das Rentenniveau soll bis zum Jahr 2031 bei 48 Prozent abgesichert werden. Die dafür erforderlichen Mehrausgaben wollen CDU/CSU und SPD mit Steuermitteln ausgleichen. Auch künftig soll nach 45 Beitragsjahren ein abschlagsfreier Renteneintritt möglich bleiben.
Zugleich sollen finanzielle Anreize für das Arbeiten im Alter geschaffen werden. "Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei", heißt es im Koalitionsvertrag.
Die CSU hat sich mit der Forderung durchgesetzt, die Mütterrente auszubauen. Sie werde mit drei Rentenpunkten für alle vollendet, "unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder", um allen Müttern die gleiche Wertschätzung und Anerkennung zu gewährleisten. Auch dieses Vorhaben soll aus Steuermitteln finanziert werden.
Verteidigung:
Union und SPD wollen die Verteidigungsausgaben "deutlich und stringent" steigern. Dies müsse "bis zum Ende der Legislaturperiode" geschehen, heißt es im Koalitionsvertrag. Auf eine konkrete Höhe legen sich die designierten Koalitionäre nicht fest. Diese werde sich nach den in der NATO gemeinsam vereinbarten Fähigkeitszielen richten.
Im ersten halben Jahr der Regierungsarbeit soll "ein Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz für die Bundeswehr" beschlossen werden. Die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte solle "kurzfristig, nachdrücklich und nachhaltig" erhöht werden.
Wehrdienst:
Die Koalitionspartner wollen einen neuen Wehrdienst einführen, der "zunächst auf Freiwilligkeit" basiert. Vorbild sei das schwedische Modell. Laut Vereinbarung sollen noch in diesem Jahr die Voraussetzungen für eine "Wehrerfassung und Wehrüberwachung" geschaffen werden.
Vorratsdatenspeicherung:
Telekommunikationsanbieter sollen dazu verpflichtet werden, IP-Adressen für mögliche Ermittlungen drei Monate lang zu speichern. Wegen rechtlicher Unsicherheiten war die alte Regelung zur Vorratsdatenspeicherung seit 2017 nicht mehr genutzt worden.
Zur Bekämpfung schwerer Straftaten soll die Bundespolizei auf die sogenannte Quellen-TKÜ (Telekommunikationsüberwachung) zurückgreifen dürfen. Für bestimmte Zwecke sollen die Sicherheitsbehörden zudem, unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben und digitaler Souveränität, die automatisierte Datenrecherche und -analyse sowie den nachträglichen biometrischen Abgleich mit öffentlich zugänglichen Internetdaten, auch mittels Künstlicher Intelligenz, vornehmen können.
Aufteilung der Ministerien:
Die SPD soll Berichten zufolge in der neuen Bundesregierung sieben Ministerien erhalten, darunter die Ressorts Finanzen und Arbeit. Auf die CDU entfallen neben dem Kanzleramt sechs Ministerien und auf die CSU drei.
Diese Nachricht wurde am 09.04.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.