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CDU in Mecklenburg-Vorpommern
Zurück zu konservativen Werten

Die CDU in Mecklenburg-Vorpommern zieht nach der verpatzten Landtagswahl im September Konsequenzen: Rund 60 Mitglieder der Partei haben einen konservativen Kreis gegründet. Damit wollen sie den wertkonservativen Flügel innerhalb der Partei stärken - und abtrünnigen CDU-Mitgliedern wieder eine Heimat bieten.

Von Silke Hasselmann | 19.12.2016
    Der geschasste CDU-Ministerkandidat Sascha Ott
    "Unser Ansatz ist, die CDU als Ganzes wieder zukunftsfähig zu machen", sagt Dr. Sascha Ott, Hauptinitiator des "Konservativen Kreises" in Mecklenburg-Vorpommern. (dpa)
    Vorweihnachtsstimmung in Anklam. Doch nicht der Weihnachtsmarkt samt Rummel bringt vorige Woche ca. 60 CDU-Mitglieder in die vorpommersche Kleinstadt, sondern die Aussicht darauf, der eigenen Partei einen rechten Flügel zu verleihen. Vor allem hier in Vorpommern-Greifswald, in Deutschlands viertgrößtem Landkreis, war die "Alternative für Deutschland" mit über 30 Prozent der Stimmen besonders erfolgreich bei der Landtagswahl im September – und zwar vor allem auf Kosten der bis dahin dominierenden CDU. Und so zählt auch Kreisverbandschef Egbert Liskow zu den Mitbegründern des Konservativen Kreises.
    "Natürlich ist der Ausgang der Landtagswahl auch eine Motivation, hier die konservativen Werte noch mal besser nach außen zu vertreten. Denn es geht ja nicht nur um die AfD an sich, sondern um die Leute, die die gewählt haben. Und das waren ja zum Großteil Leute, die früher CDU gewählt haben. Und ich glaube, die wollen von uns einfach hören, wie wir uns konservative Politik vorstellen. Wir haben ja schon in der Vergangenheit versucht, das über den Kreisverband etwas deutlicher zu machen. Aber es ist uns einfach nicht so gelungen, wie wir uns das vorgestellt haben. Und deshalb glaube ich, ist dieser Konservative Kreis ein Sprachrohr, das vielleicht doch etwas besser wahrgenommen wird in der Öffentlichkeit."
    50 Leute unterzeichnen noch in Anklam eine Gründungsurkunde. Zitat: "Hiermit bekennen wir uns auf dem steten Boden von Verfassung und Recht zur Gründung eines ‚Konservativen Kreises’, dessen Aufgabe es sein soll, den wertkonservativen Flügel innerhalb der CDU zu stärken und den vielen wertkonservativen CDU-Mitgliedern wieder eine Heimat zu geben."
    Erneuerung der CDU?
    Wenige Tage später in Greifswald. Hauptinitiator Dr. Sascha Ott präsentiert der Presse das Gründungsdokument samt Unterschriftenliste vom 12. Dezember 2016.
    "Die geht jetzt ins Parteiarchiv, ja. Die wird dann in 100 Jahren im Museum hängen - im Pommerschen Landesmuseum. Da steht dann drin: 'Hier begann die Erneuerung der CDU.'"
    Letzteres sei ein Scherz, sagt der 51-jährige Oberstaatsanwalt aus Greifswald. Man wolle ausdrücklich nichts und niemanden in der Partei "verdrängen", wohl aber dem seit Jahren einflussreicher werdenden linksliberalen CDU-Flügel wieder unüberhörbar andere Meinungen entgegensetzen, so der Initiator des Konservativen Kreises.
    Den Interessenten geht es laut einer internen Umfrage vor allem um eine konsequente Anwendung des Grundgesetzes. Sie wollen nicht zulassen, dass moralische oder scheinmoralische Beweggründe geltendes Recht aushebeln: Ob beim Schutz der territorialen Souveränität Deutschlands, bei der der Anerkennung der Ehe nur für eine Verbindung aus Mann und Frau oder im Umgang mit anerkannten wie ausreisepflichtigen Asylbewerbern.
    "Unser Ansatz ist, die CDU als Ganzes wieder zukunftsfähig zu machen. Denn ich bin mir ganz sicher, dass der Konservatismus - er wird in den nächsten Jahren eine deutlich konservativere Ausrichtung in unserer Gesellschaft geben. Das ist ganz klar. Die ersten Anzeichen sind schon ersichtlich."
    Zu viel "Sozialdemokratisierung und Begrünung"
    Unter den rund 900 CDU-Mitgliedern in Mecklenburg-Vorpommern fragten sich zudem immer mehr, wie weit die Sozialdemokratisierung und neuerdings auch die Begrünung ihrer Partei noch gehen sollen. Dafür steht Angela Merkel wie keine Zweite. Dennoch habe man bei der Gründungsversammlung in Anklam ausdrücklich nicht über Personen gesprochen, sagt Sascha Ott. Es entspreche vielmehr seinem christlich-konservativen Wertebild, erst einmal Fehler bei sich zu suchen.
    "Und ich als Vorsitzender eines Ortsverbandes auch schon seit über sechs Jahren: Ich selber bin es, der die Mitglieder hier an die AfD verloren hat, die in den umliegenden Wahlbezirken Direktmandate für die AfD gewonnen haben. Prof. Ralph Weber, Dr. Matthias Manthei und Dr. Gunter Jess, der jetzt auch im Landtag sitzt - das alles sind ehemalige CDU-Mitglieder, teilweise sogar im Vorstand meines Verbandes gewesen. Und bei denen ist es mir nicht gelungen, sie in der CDU zu halten, weil ich natürlich für viele Dinge auch selber keine Erklärung hatte, selber unsicher gewesen bin. Da haben wir viel zu spät drauf reagiert. Wir haben am Anfang fast die Auffassung vertreten: Ach kommt, lasst die doch gehen. Teilweise war die Rede von 'Schmuddelkindern', und 'Mit denen reden wir nicht'. Ganz, ganz falscher Ansatzpunkt. Das haben die Wähler uns ganz böse ins Stammbuch geschrieben und völlig zu Recht".
    Übrigens: Laut der internen Umfrage unter den 60 Teilnehmern des Gründungstreffens in Anklam sehen zwei Drittel kein Problem darin, einem Konservativen Kreis anzugehören und Angela Merkel im Bundestagswahlkampf 2017 zu unterstützen.