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Das Geschäft mit der frischen Luft

Aus Sicht der Klimaschützer war der Weltgipfel der Vereinten Nationen in Johannesburg ein Misserfolg. Denn die Worte zur Förderung von erneuerbaren Energien, also der Stromerzeugung aus Wasser, Wind und Sonne beispielsweise, sind sehr vage geblieben, ebenso wie die Vereinbarungen zur Förderung von energieeffizienten Techniken. Während der Klimaschutz also weltweit stagniert, geht die Europäische Gemeinschaft unbeirrt voran: derzeit geht es vor allem um den Handel mit Verschmutzungsrechten, das, wie die Fachleute sagen, "emissions trading". Wie dieser Handel vonstatten gehen soll, dazu gibt es einen Vorschlag der EU-Kommission, mit dem sich nun der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments beschäftigt hat.

Von Ralph Ahrens |
    Ein Weg, den Klimawandel zumindest abzumildern, ist der Emissionshandel. Ab 2005 sollen in Europa 5000 größere europäische Industriebetriebe erstmals Emissionsrechte für das Treibhausgas Kohlendioxid erhalten: Die Idee ist, dass energieeffizient arbeitende Firmen belohnt werden, indem sie ihre Emissionsrechte verkaufen können. Dieser Plan der Europäischen Kommission stand gestern im Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes in Brüssel erstmals öffentlich zur Abstimmung. Keine Mehrheit fanden im Umweltausschuss jene Anträge, die den Plan der Kommission etwa durch Ausnahmeregeln für Länder wie Deutschland verwässert hätten. Peter Liese, Abgeordneter der CDU:

    Ich fand es eine überzogene Forderung, dass Deutschland bei diesem System überhaupt nicht mitmachen will. Wir müssen auch europäisch denken. Und wenn wir einen europäischen Markt haben, einen europäischen Binnenmarkt, und jedes Land macht auf ewig seine eigenen Regeln, ist das auch wirtschaftlich nicht sinnvoll. Und es wird dazu führen, dass dem Klimaschutz nicht optimal Rechnung getragen wird. Denn es ist ja nicht nur ein 'opt-out' für Deutschland, sondern auch ein 'opt-out' für Spanien, für Griechenland, wenn man ganze Länder rausnehmen kann.

    Auch keine Firma soll sich nach dem Willen des Umweltausschusses davonstehlen können – sehr zum Leid deutscher Industrieverbände, die an ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung zum Klimaschutz nicht rütteln wollen. Peter Botschek vom europäischen Chemieverband CEFIC:

    Die deutsche Chemische Industrie ist sehr enttäuscht von der Abstimmung. Denn man hat sich sehr dafür eingesetzt, für die gesamte Periode bis 2012 und möglichst noch darüber hinaus freiwillig am 'emissions trading' teilnehmen zu können – aber nicht zwingend.

    Diese Position deutscher Industrieverbände stößt jedoch auf Unverständnis – nicht nur bei Abgeordneten:

    Nach unserer Einschätzung ist das ökonomisch nicht unbedingt logisch, denn diverse Studien haben gezeigt, dass es wahrscheinlich ist, dass die deutsche Industrie zu den Verkäufern und damit zu den Profiteuren in diesem System zählen würde,

    meint Matthias Duwe vom Europäischen Klimaschutznetzwerk in Brüssel. Auch die Europäische Kommission bevorzugt ein rechtlich bindendes System. Peter Zapfel:

    Wenn wir einen freiwilligen Markt haben, dann werden wir sehr viele Verkäufer haben, aber keine Käufer. Und dann wird de facto kein Markt stattfinden. Wenn man wirklich am Aufbau eines guten Instruments interessiert ist, sollte man daher wenig Interesse an dieser Freiwilligkeit als wichtiges Element eines Emissionshandelskonzeptes haben.

    In einem anderen Punkt verbesserten die Abgeordneten aber den Kommmissionsvorschlag im Sinne der deutschen Industrie: Das Referenzjahr, also das Jahr, das entscheidet, welcher Betrieb wieviel Emissionsrechte erhält, soll das Jahr 1990 werden. Damit werden jene Firmen, die in den letzten zwölf Jahren bereits in die Energieeffizienz ihrer Anlagen investiert haben, nicht benachteiligt, erklärt Peter Liese:

    Ja, das ist ein großer Erfolg. Und da sind wir viel weiter als der Ministerrat. Im Ministerrat gibt es ein Kompromisspapier, nach dem Vorleistungen nicht eindeutig anerkannt werden, geschweige denn von 1990. Und damit ist die Position des Umweltausschusses der Europäischen Parlamentes ein Sieg für diejenigen, die sich schon im Klimaschutz engagiert haben. Und wenn wir das so durch bekommen – und das ist jetzt die Aufgabe der Regierungen im Ministerrat das so zu übernehmen –, dann werden wir wirklich ein faires und effektives System bekommen.