Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv


Datenschutz im europäischen Kontext

Nicht erst durch die Ausspähaktionen von Geheimdiensten ist Datenschutz zum beliebten Wahlkampfthema geworden. Die Programme der Parteien zur Bundestagswahl unterscheiden sich unter anderem darin, wie sie zur Vorratsdatenspeicherung stehen.

Von Falk Steiner | 06.09.2013
    Ein Thema beim Datenschutz ist die Nutzung persönlicher Daten durch private Unternehmen.
    Ein Thema beim Datenschutz ist die Nutzung persönlicher Daten durch private Unternehmen. (Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
    CDU und CSU sprechen in ihrem "Regierungsprogramm" getauften Wahlprogramm davon, dass sie eine "verantwortungsvolle Datenpolitik" anstreben. Deutschland solle ein "attraktiver Datenstandort" werden, gleichzeitig sollten die Daten der Bürger jedoch geschützt werden. Dass Daten seitens des Staates und seiner Behörden jedoch oftmals notwendig seien, daran besteht im Wahlprogramm kein Zweifel. So ist beispielsweise die bei der Union "Mindestspeicherfrist" getaufte Vorratsdatenspeicherung fester Bestandteil der Unionsprogrammatik.

    Konkreter werden CDU und CSU bei der Frage, wie der Datenschutz bei Beziehungen zwischen Wirtschaft und Verbrauchern geregelt sein soll: Das deutsche Datenschutzniveau soll bei der derzeitig stattfinden Reform des EU-Datenschutzrechts erhalten bleiben. Dieses europäische Reformvorhaben, bei dem Deutschland bislang in erster Linie als Bremser galt, wurde im Zuge der Spähaffäre auch für die CDU-Vorsitzende Angela Merkel wichtig:

    "Deshalb haben wir gesagt, wir nehmen jetzt auch diese Diskussion zum Anlass, zu sagen, wir brauchen in einem europäischen Binnenmarkt im Grunde auch eine gemeinsame Vorstellung davon, wie der Datenschutz geregelt sein sollte. Das ist nicht ganz einfach."

    Für eine Nutzung persönlicher Daten solle der Grundsatz der ausdrücklichen Einwilligung gelten, fordert die Union. Datenschützer fordern dies bereits für den ersten Schritt der Datenverarbeitung – die Erhebung. Näher an der Position der Verbraucherschützer befinden sich dagegen einige Einzelpunkte.

    Regierungsprogramm nennt sich auch das Wahlprogramm der SPD. Auch hier findet sich Datenschutz als Thema, allerdings nur an wenigen Stellen, zum Beispiel beim Arbeitnehmerdatenschutz. Die vom Bundesverfassungsgericht 2011 vorläufig gestoppte Vorratsdatenspeicherung wollen die Sozialdemokraten wieder einführen, wenn auch abschwächen. Ein "hohes Schutzniveau und ein wirksamer Rechtsschutz sowie starke und unabhängige Datenschutzbeauftragte" sind allgemeine Kernelemente des Datenschutzes, den die Sozialdemokraten versprechen.

    Die Linkspartei möchte Daten ebenfalls besser geschützt sehen, ob bei der Verarbeitung von Gesundheitsdaten, gegenüber dem Staat bei der von der Linken abgelehnten Vorratsdatenspeicherung und der ebenso abgelehnten Bestandsdatenauskunft oder beim Recht auf Anonymität im Internet.

    Die FDP hat im Zuge der Spähaffäre ihr Herz für den Datenschutz neu entdeckt:

    "Meine Daten gehören mir, nicht dem Staat, nicht Facebook und Google."

    Sagt Rainer Brüderle, Fraktionsvorsitzender der FDP. Das "Bürgerprogramm" genannte Wahlprogramm der Liberalen widmet sich dem Datenschutz ausführlich, gefordert wird unter anderem, den Datenschutz künftig im Justizministerium statt wie bisher im Innenministerium anzusiedeln. Datenschutz solle bereichsspezifisch geregelt sein, so die Liberalen. Die Vorratsdatenspeicherung wird abgelehnt und die von der FDP geforderte und von der jetzigen schwarz-gelben Koalition gegen den Widerstand der Opposition beschlossene "Stiftung Datenschutz" soll eine wichtige Rolle übernehmen. Konkret wird die FDP allerdings vorwiegend im Zusammenhang von Staat und Bürger, bei der Rolle des Datenschutzes in der Beziehung von Wirtschaft und Verbrauchern bleibt sie unklar.

    Die Grünen sehen sich wie die FDP als eine Bürgerrechtspartei, in ihrem Programm findet sich der Datenschutz an einigen Stellen wieder – zum Beispiel als Patientendatenschutz, Arbeitnehmerdatenschutz, Datenschutz im öffentlichen Nahverkehr und bei der öffentlichen Sicherheit.

    "Und ich glaube, dass der Schutz der Daten der Bürgerinnen und Bürger, und zwar der aktive Schutz durch eine Bundesregierung, und der Wirtschaftsdaten ein elementares Bürgerrecht darstellt. Und dass ein Innenminister sich dann hinstellt und sagt: Passen Sie bitte auf, was Sie in Ihren E-Mails schreiben - das ist bestimmt nicht der richtige Weg für eine Bundesregierung, sich da herauszuwinden."

    Die Vorratsdatenspeicherung lehnen die Grünen ab, Datenverarbeitung auch durch Private soll nur nach Zustimmung der Betroffenen erlaubt sein und die Reform des europäischen Datenschutzrechts soll auch einen stärkeren Schutz gegenüber Drittstaaten wie den USA und dort tätigen Firmen bieten, so die Grünen. Ihre Maximalforderung auf Bundesebene lautet: Der Datenschutz soll unmittelbar im Grundgesetz verankert werden.

    Besondere Kompetenz wird in digitalen Fragen, und zu denen zählt der Datenschutz, den Piraten zugeschrieben. Diese haben weitgehende Forderungen den Datenschutz zu stärken, fordern unter anderem die Einführung eines Datenbriefes, mit dem Unternehmen aktiv den Betroffenen mitteilen müssten, über welche Daten sie zu einer Person verfügen. Im Verhältnis zur Wirtschaft soll die Datenerhebung stets zustimmungspflichtig sein.

    Bei der europäischen Datenschutzreform verlangen die Piraten nach höchsten Schutzstandards. Die Vorratsdatenspeicherung lehnen sie ab, fordern die Erweiterung des Post-, Fernmelde- und Telekommunikationsgeheimnisses zu einem Kommunikationsgeheimnis und sprechen sich gegen die Erfassung biometrischer Daten durch Staat und Privatwirtschaft aus.