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Deutsche Fußball-Tradionsvereine gehen finanziell "am Stock"

"Westfalia Herne ist pleite" - so war es in der Lokalpresse zu lesen. Über 100.000 Euro Schulden hatte der NRW-Ligist, rief um Hilfe und Unterstützung. Mittlerweile ist der Hilferuf gut drei Wochen her. Und obwohl Fans und Sponsoren dem Verein aus der Klemme helfen wollen - das strukturelle Defizit bleibt. Damit steht Westfalia Herne nicht allein: Zahlreiche Vereine aus den oberen Amateurligen haben finanzielle Probleme.

Von Daniel Drepper | 17.11.2009
    Westfalia Herne, ein Traditionsverein. Westdeutscher Meister, in den Siebzigern, vier Jahre lang Zweitligist, ein Name im Pott. Doch zwischen Dortmund, Gelsenkirchen und Bochum ist wenig Platz für teuren Amateurfußball. Und so ist Herne seit Jahren knapp bei Kasse. Das Defizit hatte sich in den letzten Monaten auf über 100.000 Euro angehäuft, erklärt der Vorsitzende Horst Haneke:

    "Also akut wurde es am Anfang der Saison als wirklich die Zuschauer ausblieben, wir also ziemlich entsetzt darüber waren, weil wir damit nicht gerechnet hatten in unserer Kalkulation. Und da haben wir natürlich gemerkt, wir können kaum noch was bezahlen, haben in der Runde zusammengesessen mehrfach und haben versucht, welche Möglichkeiten wir haben, um dieses Defizit wieder auszugleichen. Trotz aller Möglichkeiten, die wir ausgeschöpft haben, ist es nicht dazu gekommen. Also deswegen habe ich den Schritt dann auch getan zu sagen: Ran an die Öffentlichkeit, vielleicht helfen die uns."

    Und sie halfen tatsächlich. In den letzten Wochen sammelten Fans und Kleinsponsoren Geld, Bundesligist VfL Bochum trug gerade ein Freundschaftsspiel in Herne aus. Jetzt ist Geld bis Januar da, angeblich sogar bis zum Saisonende. Langfristig sind die Finanzprobleme aber nicht gelöst. Damit geht es Herne ähnlich wie vielen Konkurrenten.

    Bernhard Hartmann war viele Jahre Geschäftsführer des dauerkriselnden FC Gütersloh. Der Amateurfußball, so Hartmann, sei ausschließlich ein teures Hobby fußballbegeisterter Mäzene. Selbst in der Regionalliga arbeite kein Verein kostendeckend. Viele Vereine gehen mit ungesicherten Etats in die Saison - und können im Winter die Rechnungen nicht mehr bezahlen. Vereine wie Erkenschwick, Wattenscheid, Siegen oder Gütersloh sind nur einige Beispiele aus den vergangenen Jahren. Aktuell gibt es in der NRW-Liga angeblich mehrere Vereine, die ihren Spielern seit Monaten keine Gehälter mehr bezahlen.

    Horst Darmstädter vertritt die NRW-Liga gegenüber dem DFB. Diesem wirft er vor, den Vereinen viel zu hohe Auflagen zu machen. So mussten unter anderem hohe Zäune und Absperrungen für die Fans der Gastmannschaft gebaut werden. Darmstädter will, dass der DFB diese Regelungen zurücknimmt:

    "Uns bei 200, 300 maximal 400 Zuschauern solche Käfige zuzumuten. Da sollen die Herren vom Verband sich mal reinstellen. Es ist unmöglich. Da setzt man Tiere rein, aber doch nicht hier so´n paar Zuschauer."

    Darmstädter ist am 30. November dabei, wenn der Verband sich mit Vertretern der Vereine zusammensetzt, um das Konzept zur NRW-Liga zu überdenken. Gegenüber wird ihm Hermann Korfmacher sitzen, als Vizepräsident des DFB für die Amateure zuständig. Korfmacher hält es für möglich, dass einige Auflagen in Zukunft nicht mehr zwingend nötig, sondern nur noch eine Empfehlung sind. Bisher glaubt er nicht, dass die im vergangenen Jahr gegründete NRW-Liga ein Fehler ist. Eine Lösung für die strukturellen Probleme der Vereine kann aber auch Korfmacher nicht bieten.