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Deutscher Generationswechsel in der NBA?

In der Nacht zum Mittwoch beginnt in der Basketball-Liga NBA die neue Saison. Mit dabei sind diesmal gleich vier deutsche Profis, allen voran natürlich Dirk Nowitzki. Erst am Anfang steht hingegen Dennis Schröder. Er kommt aus Braunschweig, ist 20 Jahre jung und gilt als das größte deutsche Talent seit Nowitzki.

Von Heiko Oldörp | 27.10.2013
    Auch wenn mittlerweile fast 15 Jahre vergangen sind - Dirk Nowitzki kann sich noch ganz genau an den 5. Februar 1999 erinnern:

    "Mein erstes Spiel war damals in Seattle, wo der Detlef gespielt hat. Da waren auch viele deutschen Medien da. Wir haben uns damals vor dem Spiel getroffen und Bilder gemacht."

    Detlef, das ist Detlef Schrempf – der spielte damals bei den Seattle SuperSonics, war wenige Tage zuvor gerade 36 Jahre alt geworden, aber trotzdem immer noch der beste deutsche Basketballer. Das Duell Schrempf gegen Nowitzki zum Auftakt der wegen eines Arbeitskampfes verkürzten Saison wurde von vielen als der erste Schritt des deutschen Generationswechsels in der NBA angesehen. Auch wenn Nowitzki gerade mal 20 Jahre alt und kaum mehr als ein langer, dünner Schlacks war, so galt er doch als die deutsche Zukunftshoffnung in der besten Basketball-Liga der Welt.

    "And at Forward in his 16th season. The tall big daddy baller from the G, number 41: Dirk Nowitzki."
    In wenigen Tagen beginnt für Nowitzki die 16. NBA-Saison. Der Würzburger hat alle Erwartungen längst übererfüllt und kann bereits jetzt auf eine grandiose Karriere zurückblicken. Nowitzki ist Mitte 30 – und wie schon 1999 steht mit Dennis Schröder ein 20-jähriger Landsmann bereit.

    "Jetzt bin ich der Alte halt und der Dennis ist der Neue, der jetzt reinkommt."

    Schröder wurde Ende Juni bei der alljährlichen Verteilung der besten Nachwuchsspieler an 17. Stelle von den Atlanta Hawks ausgewählt.

    "The Atlanta Hawks select Dennis Schröder from Braunschweig, Germany."

    Schröder ist 1,85 m groß, Spielmacher – und somit ein komplett anderer Typ als Nowitzki. Doch so wie der Würzburger einst, gilt auch Schröder als großes Talent und hat Nowitzki bereits begeistert.

    "Die Spielübersicht, mit der er schon mit 20 spielt, das ist schon Wahnsinn. Also er hat mich beeindruckt und ich glaube, der wird eine lange Karriere in der Liga haben.”"

    Klingt gut, doch soweit schaut Schröder gar nicht voraus. Sein kurzfristiges Ziel ist es:

    ""Also auf jeden Fall auf's Spielfeld zu kommen, dem Team zu helfen, Defense zu spielen und natürlich erfolgreich zu sein."
    Trainer Mike Budenholzer plant Schröder vorerst als Ersatzmann für Playmaker Jeff Teague ein und attestiert dem Deutschen eine starke Vorbereitung.

    "Er hat uns alle positiv beeindruckt. In der Verteidigung hat er eine natürliche Begabung – hier wird er sich viel Respekt verdienen. Und vorne ist Dennis schnell, Zug zum Korb, Auge und Entscheidungsfähigkeit sind für sein Alter hervorragend."

    Schröder wusste schon immer, was er konnte – auch wenn das nicht immer zu seinem Vorteil war. In der Junioren-Nationalmannschaft galt der Braunschweiger als egoistisch, eckte schon mal an. Der entscheidende Lebenseinschnitt kam vor vier Jahren mit dem Tod seines Vaters. Als Axel Schröder an einem Herzinfarkt starb, versprach ihm sein Sohn, alles zu geben, um sich den Traum von der NBA zu verwirklichen.

    "Seitdem habe ich die ganze Zeit gearbeitet, damit ich mein Ziel erreiche."

    Seit einem Probetraining im Frühjahr in Dallas hat Schröder regelmäßigen Kontakt zu Nowitzki. Und der hat ihm für den Einstieg in die Glitzerwelt NBA wichtige Tipps gegeben:

    "Augen und Ohren offen halten. Jeden Tag versuchen, etwas Neues zu lernen. Sich Sachen abzuschauen von Leuten, die schon länger in der Liga sind. Wie verhalten sie sich außerhalb vom Spielfeld? Wie bereiten sie sich vor auf Spiele?"

    Während Schröder mit Atlanta kaum Playoff-Chancen eingeräumt werden, bezeichnet Nowitzki die K.o.-Runde für seine Mavericks als Pflicht. Neben den beiden spielen mit Chris Kaman und Ellias Harris zwei weitere Deutsche in der NBA. Der erfahrene Center Kaman und Neuling Harris stehen bei den Los Angeles Lakers unter Vertrag. Kaman kommt im Team von Superstar Kobe Bryant eine wichtige Rolle unter dem Korb zu, Harris indes muss um jede Einsatzminute kämpfen.

    Vier Deutsche in der NBA – das müsste eigentlich ein Segen für die Nationalmannschaft sein, ist es aber nicht. Bei der Europameisterschaft im September war keiner des Quartetts dabei, Deutschland schied bereits nach der Vorrunde aus.

    Kaman betont seit Jahren, dass er nur spielt, wenn auch Nowitzki antritt. Doch der konzentriert sich vorerst ganz auf die Mavericks. Harris und Schröder hatten ebenfalls abgesagt, wollten sich voll auf ihre neuen Aufgaben in Atlanta und Los Angeles fokussieren. Für Nowitzki nachvollziehbar.

    "Du kannst dich nicht wenn du so frisch in die Liga kommst, mit der Mannschaft anlegen, die dich bezahlt."

    Und so bleibt die Vorstellung von vier deutschen NBA-Profis im Nationalmannschaftstrikot vorerst nur eine Vision.