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Deutscher Schwimmverband (DSV)
Die Folgen des Rücktritts

Der Rücktritt der Präsidentin des Deutschen Schwimmverbandes, Gabi Dörries, kam überraschend. Grund dafür ist ein Streit um ein neues Finanzierungskonzept, bei dem jedes Mitglied einen um 60 Cent höheren Beitrag pro Jahr hätte zahlen müssen. Die Folgen für den Verband sind jetzt noch nicht abzuschätzen.

Von Andrea Schültke | 11.12.2018
    Schwimmsport in Berlin am 18.07.2018. Die ehemalige Präsidentin des DSV Gabi Dörries bei den den Deutschen Meisterschaften bei einer Pressekonferenz
    Gabi Dörries ist als Präsidentin des Deutschen Schwimm-Verbandes zurückgetreten. Der Grund: Ein Streit um ein neues Finanzierungskonzept. (imago sportfotodienst)
    Bundestrainer Henning Lambertz bedauerte den Rückzug der Präsidentin zutiefst:
    "Die große Initiatorin für alle Satzungsänderungen war Gabi Dörries. Deshalb ist es für mich nicht nur ein bisschen, sondern wahnsinnig schade, dass sie als Präsidentin nicht mehr an unserer Seite ist", so Lambertz am Rande der Kurzbahn-WM."
    Verschobene Beitragserhöhung
    Gabi Dörries war auf dem außerordentlichen Verbandstag am Samstag zurückgetreten – gemeinsam mit Andrea Thielenhaus, der Vizepräsidentin Finanzen.
    Die von Lambertz angesprochene Satzungsänderung hin zu professionelleren Strukturen hatten die Delegierten mit großer Mehrheit akzeptiert. Eine geplante Beitragserhöhung für die Mitglieder wurde allerdings vertagt. Der Antrag für die Verschiebung kam unter anderem vom Schwimmverband Württemberg,
    "Weil wir im Moment keine Transparenz in den Finanzen des DSV sehen und auch auf Nachfragen diese Transparenz nicht hergestellt worden ist aus unserer Ansicht, und deswegen dieser Antrag. Und er ist von einer großen Mehrheit auf der Versammlung angenommen worden."
    So Martin Rivoir, Präsident des Landesschwimmverbandes Württemberg gegenüber dem Deutschlandfunk.
    Den Vorwurf der Intransparenz weisen die beiden Frauen zurück.
    Überraschender Rückzug
    Die Wirtschaftsmathematikerin Gabi Dörries und die Steuerfachwirtin Andrea Thielenhaus hatten die Beitragserhöhung bei ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren als Grundlage für ihre Arbeit benannt. Im Vorfeld des Verbandstages hatte Präsidentin Dörries in einem Brief an die Vereinsvertreter ihre Position noch einmal ausführlich erläutert und mit Zahlen belegt. Ihr Anliegen: Der Sport soll sich über die Lizenzgebühren finanzieren, die Verwaltung über die Mitgliedsbeiträge. Nach dem Nein der Verbände zur Abstimmung über dieses Modell sahen die beiden Frauen für ihren Einsatz im Verband keine Basis mehr. Überraschender Rückzug nach zwei Jahren an der Verbandsspitze.
    Auch Martin Rivoir hatte damit nicht gerechnet. Was die Beitragserhöhung angeht, blickt der SPD-Landespolitiker jetzt auf den Verbandstag im Mai:
    "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, es müssen Hausaufgaben gemacht werden und dann müssen wir einfach sehen, wie es weitergeht."
    Erschüttertes Vertrauen
    Auf jeden Fall braucht der DSV bis Mai zwei Kandidaten für die frei gewordenen Ämter. Martin Rivoir steht nach eigenem Bekunden nicht zur Verfügung. Außerdem braucht der Verband jemanden, der das einmal mehr ramponierte Image wieder repariert und vor allem das Vertrauen der Athletinnen und Athleten zurückgewinnt. Wie erschüttert das ist, zeigt eine Online-Botschaft von Ex-Athletensprecherin Dorothea Brandt.
    Darin warf sie den Delegierten des Verbandstages vor, die olympischen Träume vieler Athleten zerstört zu haben. Im Deutschlandfunk begründete die Spitzenschwimmerin ihren Vorwurf:
    "Ich glaube, dass mit einer Erhöhung des Mitgliedsbeitrags die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele für alle Aktiven deutlich einfacher gelaufen wäre und deutlich optimaler gestaltet werden könnte. Und wenn der nationale Verband nicht in der Lage ist, die Grundlagen dafür zu schaffen – unter anderem Finanzierung der Trainer, oder Finanzierung von Trainingslagern oder Vorbereitungen auf Wettkämpfe, dann hat man da als Athlet einen Nachteil, der dann bei einer EM, WM oder auch bei Olympischen Spielen deutlich spürbar wird".
    Die Delegierten hätten nur an Probleme gedacht, nicht an Lösungen, warf Brand den Stimmberechtigten weiter vor.
    Nur 5 Cent pro Monat
    Die geplante Beitragserhöhung sollte 60 Cent pro Mitglied und Jahr betragen. Das wären 5 Cent im Monat gewesen. Mit dem Geld hätten Dörries und Thielenhaus die Verwaltung besser ausstatten wollen. Allerdings kann nicht jeder Landesverband die Beitrags-Erhöhung an seine Vereine weitergeben. Das ist auch in seinem Schwimmverband Württemberg der Fall, so Martin Rivoir. Der Haushalt des Landesverbandes werde mit der Forderung belastet. Sie könne nur per Beschluss auf die Vereine umgelegt werden. Ein finanzielles Risiko. Das hat offenbar mit dafür gesorgt, die Abstimmung über eine Beitragserhöhung zu verschieben. Mit erheblichen Folgen für den Dachverband.