
Die belgische Zeitung DE STANDAARD nennt Zahlen: "Im vergangenen Monat hat Tunesien 1.200 Migranten über die Grenze nach Libyen und Algerien und damit in die Wüste abgeschoben. Mindestens 36 sind gestorben. Sicherlich könnte man erwarten, dass der Tod einer Mutter und eines Kindes bei den europäischen Regierungschefs mehr Aufmerksamkeit erregt. Wäre es nicht eine gute Idee, schnell eine weitere hochrangige Delegation nach Tunis zu schicken, um von Präsident Saied Garantien zu verlangen, dass keine Menschen mehr in den Tod geschickt werden? Solange unsere Politiker zu entscheidenden Fragen weiterhin Nebelschwaden verbreiten, müssen viele Europäer von der beunruhigenden Möglichkeit ausgehen, dass ihre Regierungen den Tod von Menschen in der Wüste als Kollateralschaden eines zynischen Pakts akzeptieren, der die Migration in die EU um jeden Preis stoppen soll", fasst DE STANDAARD aus Brüssel zusammen.
Die niederländische Zeitung NRC konstatiert: "Die Europäische Union macht sich öfters die Hände schmutzig; jedes Abkommen hat immer auch weniger gute Seiten. So hatte der 'Türkei-Deal' von 2015 viele Mängel. Es gab aber zumindest einen ernsthaften Versuch, nach universellen Werten zu handeln. Mit dem Tunesien-Deal hingegen wurde die Messlatte extrem niedrig gelegt, was viel über die Härte aussagt, die die EU-Länder in den letzten Jahren in Bezug auf Migranten und Flüchtlinge an den Tag gelegt haben. Der Deal sei kein Freibrief für Tunesiens Präsident Saied, hieß es beschwichtigend. Das mag so sein, Saied verhält sich aber so - und liefert dafür fast täglich erschreckende Beweise. Das in Worthülsen und vage Formulierungen verpackte Abkommen mit Tunesien wird keine Lösung bringen und am Ende vor allem die EU als selbst ernanntem Leuchtturm der Zivilisation beschädigen", befürchtet die Zeitung NRC aus Amsterdam.
Nun nach Russland. Der bereits inhaftierte Oppositionelle Nawalny ist zu einer weiteren, langjährigen Strafe in einem Lager verurteilt worden. Die KLEINE ZEITUNG aus Österreich erinnert: "Am 20. August ist es drei Jahre her, dass der russische Oppositionelle Alexei Nawalny mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet wurde. Diesen Anschlag, der den prominentesten Kritiker des Kreml aus dem Weg räumen sollte, hat er knapp überlebt. Inzwischen setzt der russische Staat wieder auf langsames Quälen: Nawalny, ohnehin bereits im Straflager, wo er in einer zwei mal zwei Meter großen Betonzelle in Isolationshaft steckt, wurde zu insgesamt 19 Jahren Haft verurteilt. Das Ziel ist klar: Der Putin-Kritiker soll gebrochen werden – und alle anderen, denen kritische Gedanken durch den Kopf schwirren, eingeschüchtert werden", bemerkt die KLEINE ZEITUNG, die im österreichischen Graz erscheint.
Die russische, oppositionelle Internetplattform MEDUZA schreibt: "Die Tatsache, dass Dissidenten - und überhaupt jeder, der sich offen gegen die kriminellen Handlungen der russischen Behörden wendet - nach Gutdünken des Kremls ins Gefängnis geworfen werden können, ist für jeden, der die russische Politik verfolgt, längst keine Überraschung mehr. Das gilt auch für die aufsehenerregenden Haftstrafen. Vor dem Hintergrund von Russlands Krieg gegen die Ukraine ist die Welle 'stalinistischer' Repressionen an den Rand der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Es hat sich ein Konsens herausgebildet, dass das Schicksal der politischen Gefangenen Russlands vom Ausgang des Krieges abhängt: Wenn er für den Kreml schlecht endet, werden die Opfer von Putins Repressionen freigelassen. Leider ist dies alles andere als garantiert, und selbst der Tod Putins würde nicht unbedingt Demokratie bringen. Im Gegenteil, die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass das Regime nach einer Niederlage in der Ukraine Vergeltung an Andersdenkenden im eigenen Land üben wird", warnt das russische Exil-Medium MEDUZA, das im lettischen Riga erscheint.
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER kommt zu einer ähnlichen Einschätzung der Lage in Russland, zieht aber andere Schlüsse daraus: "Das Urteil gegen Nawalny ist nichts Ungewöhnliches in Putins Reich. Vermutlich wird der Alleinherrscher auch künftig auf seine erprobten Methoden setzen: Wer in Russland seine Stimme erhebt, muss bereit sein, dafür sein Leben zu opfern. Mehr Russen müssten sich ein Herz fassen, sonst terrorisiert Putin auch künftig seine eigene Bevölkerung und die übrige Welt." Das war DAGENS NYHETER aus Stockholm.
Weiter geht es mit dem Putsch in Niger. Nach Ansicht des britischen GUARDIAN steht die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas vor einer großen Bewährungsprobe. "Die Organisation setzt sich seit langem für die Einhaltung demokratischer Normen in der Region ein. Ihre Rolle wird durch die Tatsache gestärkt, dass Nigeria, die regionale Supermacht, derzeit den Vorsitz innehat. Unter Präsident Bola Tinubu hat sich die Ecowas an die Spitze der Versuche gestellt, die Putschisten zu vertreiben. Diese starke Reaktion ist bedeutsam. Sie ist auch der beste und wirksamste Weg, um die Putschisten zu besiegen und die Demokratie schnell wiederherzustellen", meint THE GUARDIAN aus London.
Auch in Myanmar regiert eine Junta. Die südostasiatische Staatengemeinschaft ASEAN ist uneins darüber, wie sie mit der Militärregierung in Myanmar umgehen soll. Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN warnt vor einer Spaltung der ASEAN in dieser Frage. "Dies könnte den Druck auf Myanmar schwächen und dazu führen, dass die Militärregierung tatsächlich anerkannt wird. Die ASEAN hat direkt nach dem Putsch das Land Myanmar aus ihrer Gemeinschaft zumindest vorüberwiegend ausgeschlossen. Es ist zu hoffen, dass sie auf dem nächsten Gipfel im September dieses Prinzip erneut bestätigt und sich um Vermittlung weiterhin bemüht", heißt es in der Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die Zeitung LIANHE ZAOBAO aus Singapur hält die bisherigen Vermittlungsversuche der ASEAN für gescheitert. "Deshalb ist Myanmar nun eine Belastung für die anderen südostasiatischen Staaten geworden. Noch fataler wäre es, wenn das Militärregime in drei Jahren turnusmäßig die Ratspräsidentschaft der ASEAN übernehmen sollte. Daher ist auf dem bevorstehenden Gipfel der Staatengemeinschaft dringend zu klären, wie dieses Szenario zu verhindern ist."
Zum Schluss noch Stimmen zur dritten Anklage gegen den früheren US-Präsidenten Trump, diesmal unter anderem wegen des Vorwurfs der versuchten Wahlbeeinflussung. Die Zeitung RZECZPOSPOLITA aus Warschau vermerkt: "Wir Polen können die Amerikaner um solch starke Institutionen, die die Rechtsstaatlichkeit gewährleisten, nur beneiden. Derzeit können wir nur davon träumen, dass eines Tages jene polnischen Politiker, die es nicht nur versucht haben, gegen die Verfassung zu verstoßen, sondern dies auch getan haben, auf ähnliche Weise zur Rechenschaft gezogen werden."
Das norwegische DAGBLADET sieht die Umstände des Gerichtsverfahren in den USA kritisch: "Im nächsten Jahr wird sich alles um Trump drehen, während er zwischen Gerichtssälen und Wahlkampfarenen hin und her pendelt und seine Konkurrenten kaum zu Wort kommen. Es wird viele Fernseh-Direktübertragungen geben, bei denen die Wähler sehen können, was sie sehen wollen. Trump dürfte sich über die Einschaltquoten freuen", meint das DAGBLADET aus Oslo.
Die kolumbianische Zeitung EL ESPECTADOR kommt zu dieser Einschätzung: "Die Nominierung als republikanischer Kandidat für die Präsidentschaftswahl dürfte Donald Trump mit Bravour gewinnen. Obwohl nicht der geringste Beweis vorliegt, glaubt ein Drittel der Wähler an Betrug bei den letzten Wahlen. Und so gibt es jetzt zahleiche Spekulationen darüber, wie sich die Gerichtsverfahren auf den Wahlkampf auswirken. Da keine Präzedenzfälle existieren, handelt es sich um unbekanntes Terrain."
