05. März 2025
Die internationale Presseschau

Heute mit weiteren Stimmen zur Ankündigung von US-Präsident Trump, die Waffenhilfen für die Ukraine auszusetzen. Daneben beschäftigen sich die ausländischen Zeitungen mit dem Plan von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen zur Wiederaufrüstung Europas.

US-Präsident Donald Trump ordnet Zölle in Höhe von 25 % auf Stahl- und Aluminiumimporte an und unterzeichnet das Dekret im Oval Office mit einem dicken schwarzen Stift, 10. Januar 2025.
US-Präsident Trump hat die Militärhilfe für die Ukraine vorerst ausgesetzt - das ist weiterhin Thema in den Kommentaren (Archivbild). (imago / ABACAPRESS / Al Drago)
"Die Folgen von Trumps grotesker Entscheidung zur Ukraine werden bereits in Kürze zu spüren sein", schreibt die finnische Zeitung HUFVUDSTADSBLADET: "Das Regime im Weißen Haus lässt durchblicken, dass die Hilfen wiederaufgenommen werden können, falls sich Selenskyj allen Bedingungen unterwirft, die auffallend dem Diktat Moskaus gleichen. Der Graben zwischen den USA und Europa wird immer tiefer. Wir glaubten, gemeinsame Werte zu teilen, aber jetzt gilt nur noch eiskaltes Kalkül. Die Weltpolitik wird zu einem Abrechnungskrieg zwischen Gangsterbanden. Russland und die USA wirken wie zwei einstige Imperien im unterschiedlichen Stadium des Verfalls. Aber Europa darf sich nicht mit in den Abgrund reißen lassen, und die EU braucht sich nicht zwischen Mafiastaaten und Schurkensyndikaten zu entscheiden", findet HUFVUDSTADSBLADET aus Helsinki.
Die japanische Zeitung MAINICHI SHIMBUN aus Tokio schätzt: "Trump nutzt die Position der USA als größte Militärmacht der Welt aus und setzt die Ukraine unter Druck, damit das angegriffene Land mit dem Aggressor Russland am Verhandlungstisch sitzt. Egal ob Freund oder Feind: Wer sich nicht unter seine Kontrolle bringen lässt, wird von Trump bedroht und zur Unterwerfung gezwungen. Mit dieser rechthaberischen Methode wird Trump allerdings einen gerechten Frieden, den die Ukraine anstrebt, nicht erreichen können", ist sich MAINICHI SHIMBUN sicher.
Jetzt gelte das Gesetz des Dschungels, meint die türkische Zeitung HÜRRIYET: "Die Vereinten Nationen funktionieren nicht mehr richtig, die NATO wird es irgendwann auch nicht mehr. In dieser neuen Weltordnung werden die Starken den Schwachen offen nehmen, was sie haben. Allianzen werden zerbrechen, neue Blöcke entstehen. Jeder ist auf sich allein gestellt. Trumps Wunsch, die Wogen zwischen ihm und Putin zu glätten, bringt jahrzehntealte Gleichgewichte ins Wanken", befürchtet HÜRRIYET aus Istanbul.
Die österreichische Zeitung DER STANDARD aus Wien glaubt mit Blick auf den ukrainischen Präsidenten: "Selenskyj muss seine nächsten Schritte in diesem Psychokrieg mit äußerstem Bedacht wählen. Bloß: Einen guten Ausweg gibt es nicht. Macht er vor Trump doch noch den Kotau und reist erneut nach Washington, wie es ihm seine europäischen Verbündeten nahelegen, muss er Trumps Rohstoffdeal wohl oder übel zustimmen, auch wenn dort keinerlei US-Sicherheitsgarantienfestgeschrieben sind. Europa allein, so sehr es sich auch bemüht, kann Russland schließlich nicht nachhaltig abschrecken. Bleibt er weiter standhaft und bietet Trump die Stirn, steht das von Russland angegriffene Land nicht nur kurzfristig, sondern vermutlich für immer ohne weitere US-Waffen da. Ein Dilemma ganz nach Moskaus Drehbuch", notiert DER STANDARD.
Die taiwanesische Zeitung ZHONGGUO SHIBAO hebt hervor, US-Präsident Trump verkenne, dass er sich eine Niederlage Kiews... "...auch nach seinem eigenen Weltbild, das allein auf machtpolitischen Erwägungen beruht, nicht leisten kann. Hinzu kommt, dass die EU, so sehr sie auch derzeit schlechtgeredet wird, dennoch über eine viel größere Wirtschaftskraft als Russland verfügt. Wenn sie ihren Fokus erst einmal auf die Bündelung ihrer Verteidigungsfähigkeiten legen wird, sieht die Lage schon ganz anders aus. Wenn Trump meint, er könnte das Drehbuch für Friedenverhandlungen mit Putin ganz alleine schreiben, so irrt er gewaltig", kommentiert ZHONGGUO SHIBAO, die in Taipeh erscheint.
Die südkoreanische Zeitung THE KOREA TIMES aus Seoul beobachtet: "Japan und andere indopazifische Staaten sind bisher weitgehend von Trump verschont geblieben. Das ist für Südkorea ein doppeltes Glück, wenn man die anhaltenden politischen Unruhen und die dadurch geschwächte Regierung des Landes bedenkt. Das wird nicht so bleiben; die Trump-Administration wird ihre Aufmerksamkeit schon bald auf Seoul richten. Und die wichtigsten Themen sind bekannt: Zölle, gemeinsame Militärübungen, Verhandlungen mit Nordkorea usw. Die grundlegende Frage ist jedoch, inwieweit die USA noch ein verlässlicher Verbündeter Südkoreas sind", unterstreicht THE KOREA TIMES.
Themenwechsel. Die schwedische Zeitung EXPRESSEN geht ein auf den Plan von EU-Kommissionpräsidentin von der Leyen zur Steigerung der Verteidigungsausgaben im Unfang von insgesamt etwa 800 Milliarden Euro: "Unter anderem will man eine Klausel aktivieren, die den Mitgliedsländern ein höheres Haushaltsdefizit erlaubt. Das ist leider notwendig. Aber auch die Ukraine braucht mehr Geld. Hier sollte die EU die russischen Mittel einsetzen, die die G7-Staaten nach Beginn der Invasion im Februar 2022 eingefroren haben. Dabei handelt es sich um insgesamt 300 Milliarden Euro. Allein die EU hockt auf mehr als 200 Milliarden Euro der russischen Zentralbank. Bislang haben sich Frankreich und Deutschland unter Verweis auf juristische Probleme dem Vorschlag widersetzt, diese Mittel zugunsten der Ukraine zu verwenden, und die EZB hat vor einem Verlust ihres guten Rufs gewarnt. Diese Argumente werden mit jedem Tag fadenscheiniger", argumentiert EXPRESSEN aus Stockholm.
Die spanische Zeitung EL PAIS aus Madrid stellt fest: "Jenseits aller Zahlen enthält der Plan der Kommission diverse positive Elemente. Zu den Zielen gehört unter anderem, gemeinsame Anschaffungen zu tätigen, beispielsweise für die Luft- und Raketenabwehr oder in Bereichen wie Artillerie und elektronischer Kriegsführung. Zum ersten Mal wird außerdem die gemeinsame Vergabe von Anleihen zur Finanzierung der Rüstungsausgaben vorgeschlagen, und das könnte den Weg für weitere Investitionen ebnen. Das ist ein bedeutsames Signal vor dem morgigen EU-Gipfel, auf dem eine überzeugende Antwort erfolgen muss", verlangt EL PAIS.
Die französische Zeitung L'OPINION erwartet: "Die staatlichen und sicherheitspolitischen Maßnahmen werden unsere öffentlichen Finanzen verschlingen und schwierige Entscheidungen erfordern. Wie üblich wird der erste Reflex der Politiker die Steuern betreffen – mit dem Risiko, diejenigen zu entmutigen, die Wohlstand schaffen, und genau das zu bremsen, was die 'Kriegswirtschaft' am dringendsten benötigt: Wachstum. Eine neue Zeit – und eine neue Herausforderung: die Haushalts- und Sozialausgaben an die militärischen Erfordernisse anpassen." Wir zitierten LOPINION aus Paris.
Der Schweizer TAGES-ANZEIGER aus Zürich verweist auf Ungarn, das als einziges EU-Mitglied mit Russland und den USA gegen die UNO-Resolution zur Ukraine gestimmt habe: "Ungeachtet aller rechtlichen und formalen Schwierigkeiten: EU und NATO müssen einen Weg finden, um Viktor Orban die Tür zu weisen – ähnlich, wie das Trump mit Selenski getan hat. Dem europäischen Einigungsprojekt täte dies keinen Abbruch. Ohne Querschläger wie Orban würde Europa an Stärke gewinnen. Und nur Stärke, vor allem militärische, beeindruckt die Rüpel in Washington und Moskau", unterstreicht der TAGES-ANZEIGER.
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA aus Warschau gibt zu bedenken: "Die EU hat große Probleme, Entscheidungen effizient zu treffen. In den vergangenen Jahren hatten Länder wie Ungarn und die Slowakei die Verabschiedung weiterer Hilfspakete für die Ukraine sowie von Sanktionen gegen Russland verzögert. Es ist schwer vorstellbar, dass Politiker wie Orbán oder Fico Schritten zur Schaffung einer europäischen Armee zustimmen würden, deren Aufgabe es wäre, den Frieden in der Ukraine zu schützen. Die Führer der politischen Kräfte, die auf Abkommen mit Moskau und Widerstand gegen Brüssel setzen, werden nichts tun, was Russlands Position wirklich gefährden könnte. Aus diesem Grund sollte die europäische Verteidigungsautonomie unabhängig von den EU-Institutionen und nur unter den Ländern entwickelt werden, die von diesem Schritt überzeugt sind", empfiehlt die GAZETA WYBORCZA.