
Der SYDNEY MORNING HERALD vergleicht das Treffen im Weißen Haus mit Selenskyjs letztem Besuch, der mit einem Eklat endete: "Der ukrainische Präsident ist an den Tatort zurückgekehrt – nach jenem desaströsen Treffen im Februar –, und obwohl sich sein Verhältnis zu seinem US-Amtskollegen seitdem deutlich verbessert hat, gab es keine Garantie dafür, dass er einer weiteren Standpauke entkommen würde. Diesmal war er vorbereitet. Er schmeichelte Trump. Er kleidete sich dem Anlass entsprechend. Er ging nicht auf Provokationen ein. Er biss sich auf die Zunge. Zweifellos besteht weiterhin eine gewisse Spannung zwischen den beiden. Doch ihre neue Begegnung war von Leichtigkeit durchzogen – und das spielte Selenskyj in die Karten", findet der SYDNEY MORNING HERALD aus Australien.
Auch in der aserbaidschanischen Zeitung MÜSAVAT gibt es Lob für Selenskyj: "Nach dreieinhalb Jahren ist es ihm endlich gelungen, europäische Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus zu versammeln. Es ist der ukrainische Präsident, der die Ehre des Westens rettet. Es bleibt zu hoffen, dass der US-Präsident und die europäischen Spitzen diese Gelegenheit nicht verpassen. Denn die Zukunft der Europäischen Union und der NATO entscheidet sich in der Ukraine", vermerkt MÜSAVAT aus Baku.
VERDENS GANG aus Norwegen notiert: "Trump wusste, dass er ein weltweites Publikum hatte, als er zuerst gemeinsam mit Selenskyj auftrat und dann nacheinander die Europäer zu Wort kommen ließ. Damit wollte er sich als Friedensmakler präsentieren, der so gerne nach Oslo kommen will, um den Nobelpreis in Empfang zu nehmen. Aber es ist gut, dass Trump sein ganzes Prestige in die Waagschale wirft und dass ihm vorläufig noch nicht langweilig dabei geworden ist", ist in VERDENS GANG aus Oslo zu lesen.
Das Resümee der SALZBURGER NACHRICHTEN lautet: "Die Atmosphäre scheint wieder zu stimmen zwischen den USA und Europa - und das sind vor allem für die Ukraine gute Nachrichten."
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO wertet den Gipfel so: "Im Ukraine-Konflikt wurde Europa eine Lektion in Sachen Realpolitik erteilt und der Kontinent zum Handeln gezwungen. Allein die Zahl der Spitzenpolitiker, die den ukrainischen Präsidenten Selenskyi ins Weiße Haus begleitet haben, hat verdeutlicht, wie wichtig die Angelegenheit für die EU und Großbritannien ist. Europa scheint nun endlich erkannt zu haben, dass es sich nicht weiter ausruhen kann und dass eine fortgesetzte NATO-Osterweiterung dem Kontinent nicht mehr Sicherheit bescheren würde, sondern genau das Gegenteil. Europa muss sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, indem es seine eigene Sicherheitsarchitektur aufbaut" lautet das Urteil von HUANQIU SHIBAO, die in Peking erscheint.
Eine von der russischen Nachrichtenagentur RIA NOVOSTI veröffentlichte Stimme sieht ein mögliches Dreiertreffen von Putin, Trump und Selenskyj kritisch: "Wird ein solcher Gipfel zu einem Ende der Kampfhandlungen führen? Nein, denn nichts ist sicher - alle vorläufigen Vereinbarungen zwischen Putin und Trump können im letzten Moment über den Haufen geworfen werden, auch vom dritten Beteiligten des Treffens. Und selbst bei einem erfolgreichen Gipfel ist ein zuverlässiger Frieden nicht garantiert. Es muss nicht nur eine Waffenruhe eingehalten werden, sondern es muss auch Territorium an Russland übergeben werden. Und es müssen Sicherheitsgarantien formuliert werden, die auch Russland passen", lautet ein Kommentar, der von der Nachrichtenagentur RIA NOVOSTI mit Sitz in Moskau verbreitet wird.
Die WASHINGTON POST blickt auf die Folgen möglicher Sicherheitsgarantien der USA für die Ukraine: "Wenn Putin solchen Bedingungen zustimmt, dann wird es ukrainisches Land kosten. Die Russen fordern, dass die Ukraine den Rest der Region Donezk aufgibt und eine neue Grenze akzeptiert, die entlang der bestehenden Frontlinie in Cherson und Saporischschja verläuft. Das wäre kein gerechter Frieden. Es würde nur die Realitäten auf dem Schlachtfeld widerspiegeln. Doch wenn ein Land-gegen-Frieden-Abkommen mit eindrucksvollen Sicherheitsgarantien vorgelegt werden könnte, dann würde das die Akzeptanz auch in der Ukraine erhöhen", mutmaßt die WASHINGTON POST.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN schreibt: "Es ist von großer Bedeutung, dass es Selenskyj und den Europäern gelungen ist, Trump zu einer Zusage zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu bewegen. Allerdings gibt es dazu einen Haufen offener Fragen. Wie genau eine Beteiligung der USA aussehen soll, bleibt unklar. Ob Putin, der einen NATO-Beitritt der Ukraine unbedingt verhindern will, eine NATO-ähnliche Sicherheitsgarantie akzeptiert, ist ebenfalls offen", unterstreicht ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
"Die Ukrainer brauchen konkrete und greifbare Garantien", wird in der tschechischen Zeitung HOSPODARSKE NOVINY hervorgehoben. "Vor allem westliche Soldaten auf ukrainischem Boden und die Sperrung des Luftraums für russische Drohnen und Raketen sind nötig. Denn der Kreml lässt sich einfach nur durch ein unterschriebenes Papier, das er jederzeit beliebig auslegen oder einfach zerreißen kann, nicht von weiteren Aggressionen abhalten. Eine Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO ist weder politisch realistisch, noch würde sie automatische Garantien für eine gemeinsame Verteidigung mit sich bringen. Daher müssen die Sicherheitsgarantien für die Ukraine sehr konkret sein, um Putin davon zu überzeugen, dass sich ein weiterer Angriff für ihn einfach nicht lohnen würde", erklärt die Prager HOSPODARSKE NOVINY.
Die KYIV POST warnt davor, eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine kategorisch auszuschließen: "Die NATO benötigt eine Streitmacht. Die Ukraine hat eine. Mit ihr kann Europa zu minimalen Kosten verteidigt werden. Ohne sie steht Europa vor einer Katastrophe. Die Ukrainer und Europäer müssen realistisch sein und dürfen sich nicht von der törichten Hoffnung blenden lassen, dass Putin irgendwelche Versprechen einhält. Der einzige Weg, Putin zum Aufgeben zu bewegen, besteht darin, ihn dazu zu zwingen", mahnt die KYIV POST.
Die polnische RZECZPOSPOLITA sieht es kritisch, dass Ministerpräsident Tusk nicht in Washington dabei war: "Polen, ein Land an der Grenze zu Russland und mit den – relativ gesehen – höchsten Verteidigungsausgaben in der NATO, warnte schon vor Jahren vor Putins imperialistischem Wahnsinn. Diese Vorteile hätten eigentlich eine Eintrittskarte für Gespräche mit Trump sein sollen. Doch in jüngster Zeit kam es für unser Land zu einer Reihe von Missgeschicken. Auch gestern saß Polen in Washington nicht mit am Tisch. Es bedarf vieler gemeinsamer Initiativen von Ministerpräsident Tusk und dem neuen Staatsoberhaupt Nawrocki, um Polen wieder zu beteiligen, wenn über das Schicksal Europas entschieden wird." Das war eine Stimme der RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Zu den anhaltenden Protesten gegen die Regierung in Serbien schreibt die französische Zeitung LE MONDE: "Das harte Vorgehen gegen die Studentenbewegung schadet Präsident Aleksandar Vucics Ambitionen, der Europäischen Union beizutreten. Seit der vergangenen Woche nimmt die Gewalt immer weiter zu. Die EU sollte sich der offensichtlichten Wahrheit stellen, dass Beitrittsverhandlungen mit Serbien unter der Herrschaft von Vucic keinen Sinn ergeben. Eine Fortsetzung der Gespräche würde nur den Eindruck der Demonstranten bestärken, dass Europa einen Autokraten unterstützt", mahnt LE MONDE aus Paris.
"Die EU und Großbritannien haben Vucic zu lange nachgegeben", kritisiert die FINANCIAL TIMES aus London. "Vucic muss dazu gedrängt werden, wirklich faire Wahlen zuzulassen. Das ist ohnehin unerlässlich für eine EU-Mitgliedschaft. Die Alternative wäre, dass Serbien einen Weg wie Georgien einschlägt - und zu einer Scheindemokratie wird, auf die die EU keinen Einfluss mehr hat."