12. Dezember 2025
Die internationale Presseschau

Heute mit Stimmen unter anderem zu den europäisch-amerikanischen Beziehungen. Zunächst geht es aber um die verschärften Spannungen zwischen den USA und Venezuela, nachdem die US-Marine einen venezolanischen Öltanker beschlagnahmt hat.

Video-Screenshot zeigt einen teilweise unkenntlich gemachten großen Tanker.
Die Spannungen zwischen den USA und Venezuela nach der Beschlagnahmung eines veezolanischen Tankers sind eins der Themen in den Zeitungen aus dem Ausland. (picture alliance / Associated Press / Uncredited)
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT vermutet vor allem wirtschaftliche Interessen hinter der Südamerikapolitik des US-Präsidenten: "Trump schaut durch seine Kaufmannsbrille auf den Kontinent voller Öl, Kupfer, Lithium und vielen weiteren begehrten Rohstoffen. Deshalb ist es auch völlig unglaubwürdig, wenn er sagt, dass es ihm um die Bekämpfung des Drogenschmuggels gehe. Er will Geschäfte machen. Die USA unterhielten lange Zeit enge Beziehungen zu Venezuela, von wo aus reichlich Öl in die amerikanischen Raffinerien floss - bis der sozialistische Führer Hugo Chávez 1999 einen Strich durch diese Rechnung machte. Sein autokratischer Nachfolger Maduro hat es trotz des Ölreichtums nicht geschafft, den wirtschaftlichen Abschwung aufzuhalten. Viele Venezolaner würden einen Machtwechsel begrüßen. Aber ein Regimewechsel, der aus fragwürdigen Gründen von außen erzwungen wird, führt in der Regel vor allem zu einem: Chaos", gibt DE VOLKSKRANT aus Amsterdam zu bedenken.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA geht auf die Bedeutung des Erdöls für Venezuela ein: "Erdöl ist Venezuelas Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung. Darüber hinaus betrachtet die derzeitige venezolanische Regierung ihre Bodenschätze auch als Trumpf im Dialog mit den Vereinigten Staaten. Offenbar bot Maduro dem US-Präsidenten im Oktober Zugang zu einigen der Ölreserven des Landes an, um die Spannungen zwischen den beiden Ländern abzubauen. Wie dieser Dialog nun weitergehen wird, sollte sich die Beschlagnahmung des Tankers nicht als Einzelfall, sondern als Beginn einer umfassenden Ölblockade Venezuelas durch die USA erweisen, bleibt ungewiss", notiert die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Die italienische Zeitung LA REPUBBLICA hält Maduro und sein Regime für angezählt: "Zuerst der Schlag der US-Küstenwache gegen einen Öltanker vor der Küste Venezuelas und dann die Flucht von Friedensnobelpreisträgerin María Corina Machado aus Caracas: Innerhalb von 72 Stunden haben die USA zwei Treffer gelandet, die das Ansehen und die Macht des Regimes von Nicolás Maduro schwächen. Obwohl Washington vermeidet, Verbindungen zwischen den verschiedenen Operationen zuzugeben, lässt das Geschehene nur sehr wenige Zweifel."
Auch die kolumbianische Zeitung EL PAIS beschäftigt sich mit der Friedensnobelpreisträgerin: "Die Auszeichnung ist für Maduros Regime ein herber Schlag. Die ganze Welt fragte sich auf einmal, wo Machado abgeblieben war und ob sie nach Monaten im Untergrund Venezuela würde verlassen können. Als sie dann doch endlich in Oslo ankam, hatte das etwas Filmreifes und war gleichzeitig eine Blamage für das Unterdrückerregime in Venezuela. Es ist bemerkenswert, dass die Präsidenten mehrerer lateinamerikanischer Länder wie Argentinien, Ecuador oder Panama an der Preisverleihung in Oslo teilnahmen. Das zeigt, dass der Kampf von María Corina Machado gegen Maduro auch der Kampf anderer Länder der Region gegen Diktaturen ist, die sich als Demokratien ausgeben", stellt EL PAIS aus Cali fest.
Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN befindet: "Machado ist eine Heldin. Aber sie ist eine umstrittene Heldin, vor allem weil sie es versäumt hat, sich von jemandem zu distanzieren, der glücklicherweise nicht den Friedensnobelpreis erhalten hat, nämlich US-Präsident Trump. Machado will ganz einfach den Despoten Maduro loswerden. Und diese höchst lobenswerte Sache möchte sie möglichst nicht durch lange Diskussionen darüber gefährden, auf welche Art und Weise Maduro gestürzt werden soll", ist AFTENPOSTEN aus Oslo überzeugt, und soviel zu diesem Thema.
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER geht auf die Beziehungen zwischen den USA und Europa ein, vor dem Hintergrund der neuen US-Sicherheitsstrategie: "Dort steht es schwarz auf weiß: Für Trump ist die strategische Bedrohung nicht Russland, sondern die liberale Demokratie in Europa. Die USA wollen sich zudem aktiv in die europäische Politik einmischen, und zwar zugunsten ultrarechter kremlfreundlicher Parteien. Man kann und muss sich empören, aber es steht nun endgültig fest: Die USA sind kein Verbündeter mehr, sondern in vieler Hinsicht ein direkter Feind des demokratischen Europa. Das bedeutet außerdem, dass Europa eigenständig gegenüber Russland handeln muss, sowohl für die Unterstützung der Ukraine als auch für die Sicherheit der Region", hält DAGENS NYHETER aus Stockholm fest.
Die estnische Zeitung POSTIMEES ergänzt: "Die USA sehen die Gefahren für Europa in Punkten wie einer Überregulierung der Wirtschaft, einer unrealistischen Energiepolitik, Masseneinwanderung, einer katastrophal niedrigen Geburtenrate und der Unfähigkeit, eigene Probleme zuzugeben. Die Sicherheitsstrategie besteht aber nicht nur aus Kritik, sondern benennt es auch als Ziel, Europa wieder auf die Beine zu helfen. Es fällt schwer, aber man muss zugeben, dass die USA in mancher Beziehung auch recht haben. Statt die Belehrungen einfach nur zurückzuweisen, sollte man weiterhin versuchen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen", findet POSTIMEES aus Tallinn.
Nun in die Ukraine. Eine Gastkommentatorin in der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN analysiert den Vorschlag der US-Regierung, Teile des Donbass in eine entmilitarisierte Sonderwirtschaftszone umzuwandeln: "Die USA und Europa beeilen sich, den sogenannten Friedensplan zu konkretisieren. Dadurch steht die Ukraine offenbar unter immer stärkerem Druck, einseitige Zugeständnisse zu machen. Der Vorschlag zur entmilitarisierten Zone scheint auf den ersten Blick ein Kompromiss zu sein: Allerdings wären Überwachung und Durchführung äußerst schwierig. Ein Einfrieren des Konflikts dürfte eher eine Russifizierung beschleunigen. Für wirklichen Frieden ist ein institutioneller Rahmen unabdingbar, der die Unteilbarkeit des Territoriums und Sicherheitsgarantien vorsieht", heißt es in NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die türkische Zeitung YENI ŞAFAK hegt Zweifel an einem baldigen Frieden in der Ukraine:“ "Während das Treffen der US-Delegation mit Putin sowie die europäischen Bemühungen um eine Überarbeitung des Trump-Plans den Eindruck eines nahenden Endes erwecken, deuten die anhaltenden Zugeständnisse an Russland darauf hin, dass die eigentlichen Verhandlungen an der Front stattfinden. Mit seinen Angriffen sendet Russland die Botschaft, dass es bereit ist, noch lange Zeit enorme finanzielle Belastungen zu tragen. Moskau versucht, seine Fortschritte an der Front in einen diplomatischen Vorteil zu verwandeln. Zugleich ist es unwahrscheinlich, dass der Frieden in der Ukraine durch einen eindeutigen militärischen Sieg erreicht wird, da beide Seiten die Fähigkeit haben, den Krieg fortzusetzen", bemerkt YENI ŞAFAK aus Istanbul.
Zum Schluss kommentiert die spanische Zeitung EL MUNDO den Rücktritt der bulgarischen Regierung kurz vor Einführung des Euro in dem Land: "Bulgarien stolpert auf dem falschen Fuß in die Eurozone. Der Aufstand seiner Generation Z gegen den ersten Euro-Haushalt des Balkanlandes hat das Misstrauen der Bürger nicht gegenüber der neuen Währung, sondern gegenüber dem alten System deutlich gemacht. Das würde es der Oligarchie ab dem 1. Januar ermöglichen, sich in Euro statt in Lew zu bereichern. Seit zwei Wochen haben Zehntausende Bulgaren in Sofia angeprangert: Es reicht nicht aus, nur die Fassade zu renovieren, wenn keine grundlegende Sanierung des Systems erfolgt. Dieses Misstrauen teilen auch die Eltern- und Großelterngenerationen, die ebenso am Lew hängen wie die Spanier Ende des 20. Jahrhunderts an der Peseta. Mit dem gravierenden Unterschied, dass sich die Bulgaren in einem feindseligen politischen Umfeld befinden, das von systemischer Vetternwirtschaft, Entfremdung von den Eliten und einer institutionellen Erosion geprägt ist. All das zusammen gibt der Europhobie Auftrieb", warnt EL MUNDO aus Madrid. Und damit endet die Internationale Presseschau.