
Zum ersten Thema. Für die Zeitung THE WEST AUSTRALIAN aus Perth ist klar: "Das war nicht nur ein Angriff auf die jüdische Gemeinschaft in Australien. Das war ein Angriff auf Australien als Ganzes, mit seinen Werten und Freiheiten. Die Menschen erwarten jetzt umfassende Ermittlungen. Jeder, der an der Planung, der Finanzierung und der Umsetzung dieses Angriffs beteiligt war, muss zur Rechenschaft gezogen werden. Sie mögen in der Lage sein, unser Blut zu vergießen. Aber die australischen Werte von religiöser Vielfalt und Toleranz werden niemals besiegt werden." Sie hörten THE WEST AUSTRALIAN.
"Australien ist jetzt ein anderes Land" kommentiert die Zeitung THE AUSTRALIAN aus Sydney. "Die schockierende Tragödie ist genau das, wovor der Geheimdienst gewarnt hatte - eine Warnung, die viel zu viele Menschen ignoriert haben. Diejenigen in Australien - darunter auch Aktivisten der pro-palästinensischen Bewegung - die argumentiert haben, dass der Antisemitismus in diesem Land übertrieben oder von der jüdischen Gemeinschaft erfunden werde, sollten sich schämen. Noch kennen wir nicht die Motive oder näheren Details über die Täter. Dennoch wird Australien durch dieses Massaker zu einem Tatort antisemitischen Terrors auf der Weltkarte", schreibt THE AUSTRALIAN.
"Der mörderische Anschlag auf jüdische Familien, die gerade Chanukka am Bondi Beach feierten, verändert den Blick der übrigen Welt auf uns radikal", heißt es auch im Leitartikel des SYDNEY MORNING HERALD. "Es war der tödlichste Angriff auf jüdische Bürger seit dem Überfall der Hamas auf Israel im Oktober 2023. Schock und Entsetzen verbreiteten sich von eben jenem Strand, der doch symbolisch für das Beste in unserem Land steht. Es stellen sich viele Fragen, und die Antworten werden Zeit brauchen. Dabei geht es auch um eine Reform des Waffenrechts. Einer der Schützen besaß legal sechs Schusswaffen. Premierminister Albanese brachte darum bereits neue Gesetze in Gespräch, um die Anzahl der Waffen für Einzelpersonen zu begrenzen", bemerkt der SYDNEY MORNING HERALD.
Die WASHINGTON POST geht in ihrem Leitartikel auf die Videoaufnahmen ein, auf denen ein Passant einen der Täter entwaffnen konnte: "Warum brauchte es einen unbewaffneten Helden, um einen der Schützen zu überwältigen? War die australische Polizei angemessen auf einen solchen Vorfall vorbereitet? Was hat die australische Regierung getan, um den Antisemitismus einzudämmen? Hat das Land Einwanderer gut genug überprüft und ihre Integration erleichtert? Und, besonders wichtig: Was wird nun getan, damit so etwas nicht noch einmal geschieht - in Australien ebenso wie weltweit?", fragt sich die WASHINGTON POST.
Hören Sie nun einen Kommentar des Chefredakteurs der JERUSALEM POST. "Australien hat die Jüdinnen und Juden im Land wieder und wieder im Stich gelassen. Diese jüngste Tat des Grauens kam nicht aus heiterem Himmel. Sie geschah nach zwei Jahren, in denen der Antisemitismus ein Ausmaß erreichte, das die Juden in Australien nie erlebt hatten. Zu viele Institutionen reagierten mit Zögern, mit Euphemismen und mit Ausreden. All das ist nicht nur ein Versagen der Regierung. Es ist nicht nur ein Versagen der Regierung und der Strafverfolgung. Fehler liegen auch in mangelnder Führungsstärke der Universitäten und im Urteilsvermögen der Medien", findet die JERUSALEM POST.
Die NEW YORK POST betont ebenfalls: "Nach dem Terroranschlag sollten sich die führenden australischen Politiker einigen sehr harten Fragen zu ihrem Versagen im Kampf gegen Antisemitismus stellen. Premierminister Albanese hat mehrere Warnungen vor einer zunehmenden Welle des Hasses ignoriert, nicht zuletzt die des Menschenrechtsanwalts Arsen Ostrovsky, der selbst bei dem Anschlag verletzt wurde. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu schrieb Albanese vor Monaten, dass seine Forderung nach einer Anerkennung eines palästinensischen Staates Öl ins Feuer des Antisemitismus gieße". Das war ein Auszug aus der NEW YORK POST.
DE TIJD aus Belgien hinterfragt Netanjahus Reaktion. "Er nutzte den Anschlag auch, um Australien Vorwürfe zu machen. Die Regierung in Canberra habe durch eine zu kritische Haltung gegenüber Israel im Gaza-Krieg und eine zu große Unterstützung für einen palästinensischen Staat selbst Antisemitismus geschürt. Damit greift der israelische Ministerpräsident auf sein 'Wir-und-sie'-Drehbuch zurück. Doch Polarisierung kann nicht die Antwort sein, sondern nur ein möglichst starker Rechtsstaat", betont DE TIJD aus Brüssel.
"Leider werden solche Gewalttaten immer mehr zur Gewohnheit", merkt DAGENS NYHETER aus Stockholm an. "Der Vorsitzende des Jüdischen Zentralrats in Schweden erklärte, eine Chanukka-Feier an einem öffentlichen Ort wäre in Schweden längst nicht mehr möglich gewesen. Seit dem 7. Oktober 2023 ist der Antisemitismus erstarkt, in Australien ebenso wie in weiten Teilen Europas. Es braucht einen gemeinsamen Kraftakt dagegen, in Australien wie in der übrigen westlichen Welt. Staat und Gesellschaft müssen mobilisiert werden, damit Juden nicht in Angst leben müssen", unterstreicht DAGENS NYHETER.
Nun ein Blick nach Belarus. Dort hat Machthaber Lukaschenko mehr als 120 politische Gefangene freigelassen, darunter die Bürgerrechtlerin Kolesnikowa und Ex-Präsidentschaftskandidat Babariko. Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA ist skeptisch. "Manche behaupten, Lukaschenko habe sich dem amerikanischen Druck gebeugt. Dies wäre der Fall, wenn er den Freigelassenen erlaubt hätte, in Belarus zu bleiben und sich am politischen Leben zu beteiligen. Nach mehr als fünf Jahren in den Gefängnissen des Diktators wurden sie nun aber aus ihrem eigenen Land ausgewiesen – möglicherweise für viele Jahre. Unterdessen warnen Menschenrechtsaktivisten, dass ständig neue politische Gefangene in belarussischen Gefängnissen inhaftiert werden. Derzeit befinden sich dort über tausend Geiseln des Diktators in Haft. Kann man daraus wirklich schließen, dass Lukaschenko eingeknickt ist?", fragt die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Und zum Schluss noch zwei Pressestimmen aus Nigeria. Die Online-Zeitung PREMIUM TIMES aus Abuja beleuchtet die Folgen des jüngsten Putschversuches im benachbarten Benin. "Der vereitelte Staatsstreich hat die Sorge über einen Rückzug der Demokratie in Westafrika neu befeuert. Präsident Talon überlebte nur knapp - dank eines schnellen Eingreifens der Präsidentengarde und mit Hilfe Nigerias. Es ist lobenswert, dass der nigerianische Staatschef Tinubu rasch handelte. So wurde sichergestellt, dass Benin nicht zur Liste der Nationen hinzukam, in denen Soldaten in den vergangenen fünf Jahren die Macht an sich rissen. Das Erstarken militärischen Abenteurertums in den Staaten der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS gibt deren Spitzenpolitikern seit August 2020 Anlass zur Sorge - als das Militär in Mali Präsident Keita aus dem Amt trieb. Burkina Faso fiel 2022, gefolgt von Niger 2023. Danach war Guinea an der Reihe, und zuletzt kam es dann zur Machtübernahme in Guinea-Bissau. Die Meuterer hatten leichtes Spiel - auch wegen der Schwäche der ECOWAS, die nicht in der Lage ist, ihre einstige Macht wiederzufinden", beklagt die PREMIUM TIMES.
THIS DAY aus Lagos, ebenfalls in Nigeria, plädiert mit Nachdruck für einen Fortbestand der ECOWAS. "Wir brauchen den freien Austausch von Waren, Dienstleistungen und Menschen in der Region. Aufgrund seiner Größe und seiner geostrategischen Bedeutung kommt Nigeria eine besondere Rolle zu, um das Überleben der ECOWAS zu gewährleisten. Das Land trägt zudem eine globale Verantwortung dafür, die zunehmende Erosion der Zivilregierungen in Westafrika zu stoppen", zeigt sich THIS DAY überzeugt.
