Samstag, 27. April 2024

Archiv


Die Krise in Spanien treibt Arbeitsmigranten zurück in die Heimat

Analysten gehen davon aus, dass Spanien, die viertgrößte Volkswirtschaft Europas, bald auch EU-Hilfen für das Land beantragen wird. Unter dem Sparkurs leiden nicht nur Spanier, sondern auch Arbeitsmigranten, die vor rund zehn Jahren aus Osteuropa kamen und nun wieder in ihre Heimat zurückkehrten.

Von Karla Engelhard | 06.08.2012
    Alexandra und Mihai sind Ende 20. Entspannt sitzen sie auf einer Bank im ehemaligen Park der Freiheit in Bukarest. Vor zehn Jahren gingen sie nach Spanien:

    "Meine Eltern waren schon in Spanien, meine Schwester auch. Ich bin mit Alexandra ein halbes Jahr später hinterher. Uns allen war klar, dass wir dort besser leben und uns eine Zukunft aufbauen können."

    Schätzungsweise rund zwei Millionen Rumänen arbeiten derzeit in Spanien. Sie teilen die Hoffnung auf ein besseres Leben mit Zukunft.

    "Wir haben gefunden was wir erhofft haben. Es war sehr gut, wir haben gut verdient - als Zugehfrau bekam ich rund 800 Euro im Monat. Ich habe halbtags gearbeitet und hatte mehrere Wohnungen zu putzen und zu versorgen. Wir sind sehr gut bezahlt worden, bis zur Krise."

    Alexandra bekam weniger Geld und musste auf einmal schwarz Arbeiten. Mihai verlor seine Arbeit auf der Baustelle, wo er gut verdiente:

    "Wir haben schon im September 2011 überlegt, ob wir zurückgehen. In Spanien merkten wir die Krise und aus Rumänien haben wir gehört, das es Fortschritte und Stabilität gibt. In Spanien hatte mein Mann keine Arbeit mehr, aber in Rumänien gute Aussichten, auf dem Bau suchten sie Leute. Da haben wir uns gesagt, ok wir gehen zurück."

    Sie kamen zurück nach Bukarest. Die Stadt hatte sich verändert, doch nicht nur die Stadt:

    "Wir haben in Rumänien Fortschritt gefunden. Im Vergleich mit der Situation vor zehn Jahren, als wir nach Spanien gegangen sind. Natürlich verdienen wir in Rumänien viel weniger, aber wir brauchen auch weniger. Wir sparen die Miete, wir wohnen zentral in Bukarest bei der Großmutter, wir werden die Zweizimmerwohnung von ihr erben."

    Es wurde und wird viel gebaut in Bukarest - weit sichtbar. Mihai hat wieder Arbeit auf dem Bau.

    "Die Löhne sind noch enttäuschend niedrig und die Menschen sind noch immer nicht so zivilisiert, wie im Westen - das stört mich. Wenn es in Spanien wieder besser werden würde, würden wir vielleicht zurückgehen."

    Alexandra treten bei solchen Worten von Mihai Tränen in die Augen:

    "Ein Teil von uns ist in Spanien geblieben."

    Zehn Jahre sind eine lange Zeit, liebevoll schaut Mihai Alexandra in die Augen:

    "Wir sind hier, aber es gibt Momente, das fühlen wir uns wie in einer fremden Welt in Rumänien und denken an Spanien - aber wir haben keine Wahl, wir müssen hier bleiben."

    Die derzeitige politische Krise und der aufgeregte Machtkampf zwischen den Lagern von Premier Ponta und Präsident Basescu beschäftigt Mihai nur am Rande:

    "Ich sehe die politische Lage gelassen. Es ist der rumänische Politikstil, so ist es immer gewesen. Wir sind nicht jetzt in einer politischen Krise, wir sind seit 20 Jahren in einer politischen Krise. Was jetzt passiert, schadet zwar dem Ansehen Rumäniens. Doch selbst das ist nicht neu."

    Ihr siebenjähriger Sohn wurde in Spanien geboren und geht nun in Rumänien zur Schule:

    "Für unseren Sohn wäre es in Spanien sicher besser gewesen. Wir könnten ihn mehr verwöhnen, aber andererseits wird er hier in Rumänien in der Schule besser erzogen - mehr zu Anstand und Fleiß - deswegen bin ich ganz zufrieden, dass er hier zu zur Schule geht."

    Rumänisch fällt dem Erstklässler schwer, sein Spanisch ist besser, doch die spanische Schule in Bukarest liegt am anderen Ende der Stadt. Alexandra hat einen Computerlehrgang gemacht und sucht Arbeit. Mihai versorgt die Familie derzeit allein:

    "Wir haben uns entschieden, wieder hier zu leben. Wir haben es geschafft uns in Spanien eine Existenz aufzubauen, obwohl wir am Anfang nicht einmal die Sprache beherrschten: Warum sollten wir es nicht auch hier in unserer eigenen Heimat schaffen."