Montag, 29. April 2024


Die »lyrix«-Gewinner im Januar 2015

Im Januar fragte »lyrix«: Lohnt sich der 'Kampf um den Ruhm'? Dazu standen euch das Gedicht "ganymeds game oder: ode an bastian schweinsteiger" von Albert Ostermaier und das "Nürnberger Gesellenstechen" aus dem Bayerischen Nationalmuseum als Anregung zur Verfügung.

09.02.2015
    Bastian Schweinsteiger hält den Weltmeisterschafts-Pokal in Brasilien
    Bastian Schweinsteiger mit dem WM-Pokal in Rio de Janeiro (picture alliance / dpa / Maria Plotnikova)
    "ruhm – erstrebenswert oder fluch?", fragt eine Schülerin in ihrem Gedicht. Eure Antwort darauf lautet fast immer: Fluch. Die meisten eurer Gedichte setzen sich kritisch mit dem 'Kampf um den Ruhm' auseinander.
    Viele eurer Texte beschreiben den Weg nach oben als einen egoistischen Akt, der auf dem Rücken anderer ausgetragen wird. Auch die Einsamkeit beim Streben nach Ruhm ist Thema. Ruhm ist wenigen vorbehalten, "Unten versinkt man In der grauen Masse", schreibt eine Teilnehmerin. Doch das Helle und Laute des Ruhmes ist für viele von euch nicht das, was wirklich zählt. Wahre Helden sind in euren Gedichten die Stillen, "Denn Sie leuchten Von innen heraus". Für eine Schülerin sind dies zum Beispiel Mütter: "stiller ruhm, mütter die uns das leben schenken!"
    Vielen Dank für eure Einsendungen.
    Die Monatsgewinner im Januar 2015:
    welcher ruhm?
    ruhm –
    erstrebenswert oder fluch?
    beklatscht, gefeiert, hoch gelobt
    sucht nach anerkennung
    höher, weiter, schneller
    schöner, dünner, dümmer
    emporgeschossen, abgestürzt
    dunkler, schwarzer ruhm
    kriege – tote ehrenmänner
    erschlichner ruhm
    mit bunten pillen
    sieger, die keine sieger sind
    - gedopt!
    oder?
    meilensteine auf
    den geschichtsweg pflastern
    glanzvoller ruhm
    oskar, nobelpreis, grammy,
    golden globes
    stiller ruhm
    mütter die uns das leben schenken!
    Lara-Sophie Cronhardt-Lück-Giessen, Jahrgang 2000
    Perfektion
    Sie allein ist meine Muse,
    sie allein ist mein Elan,
    doch ist sie auch mein Spiegelbild,
    doch widert sie mich stetig an.
    Die Stirn durchfurcht,
    und auch geschunden,
    von all den dunklen
    hellen Stunden,
    wenn sie mich küsst,
    mich von sich stößt,
    sich hingibt,
    sich vor mir entblößt.
    Doch fürcht' ich, dass sie mich vergisst,
    wenn man ihr keine Kraft beimisst,
    und rächen sich mit ew'gem Gram,
    so wie es nur die Dame kann,
    Mylady, schenkt mir eine Rose!
    Ich stecke sie mir an den Hut,
    Mylady, ewig Euch zu dienen,
    seit jeher ist mein größter Lohn,
    ein launig' Weib seid Ihr,
    fürwahr!
    Ein launig' Weib, die Perfektion.
    Julia Fourate, Jahrgang 1994
    Licht
    Licht
    Wir streben hinauf
    Dem Himmel entgegen
    Licht
    Wir wollen es besitzen
    Auf unserer Reise nach oben
    Dort oben
    Auf dem Thron des Ruhmes
    Aus strahlend hellem Licht
    Möchten wir bleiben
    Denn oben
    Geblendet vom gleisenden Licht
    Scheint alles andere unwichtig
    Winzig klein, unsichtbar
    Doch nach oben
    Müssen wir erstmal kommen
    Auf den Rücken anderer lassen wir uns tragen
    Arbeiten mit ihnen
    Bis wir oben sind
    Dort oben
    Sind wir König
    Die Welt ist uns Untertan
    Unser ist das Licht
    Doch
    Ein hoher Thron
    Wirft lange Schatten
    Eine Blume streckt sich
    Der Sonne entgegen
    Tausende verrecken
    Im tiefen Dunkel
    Der Schatten des Ruhmes
    Verdeckt die Leichen im Keller
    Unten
    Erreichen viel nie das Licht
    Erreichen nie den Ruhm
    Erreichen nie die Bewunderung der Anderen
    Nur wer oben steht
    Wird gesehen
    Unten versinkt man
    In der grauen Masse
    Dabei müssen wir
    Gar keine Türme bauen
    Nebeneinander bekommen wir alle Licht
    Doch wenn wir im Schatten sitzen
    Schauen wir nicht
    Nach oben
    sondern zu den kleinen Lichtern
    In unserer Nähe
    Denn wahre Helden
    Brauchen nicht die Bewunderung
    Brauchen nicht den Ruhm
    Brauchen nicht das Licht
    Denn
    Sie leuchten
    Von innen heraus
    Sie
    sind das Licht
    Maaren Kraft, Jahrgang 1998
    Friedensfurcht
    In Hoffnung den Krieg zu bekämpfen
    Hatte er die Erde gebrochen
    In den Händen das jetzige Grün
    Das künftige Heu
    Ein Tintenfleck ein neues Blatt
    Sauber mit der weißen Feder
    Den zerrissenen Halm dazu
    Für die Freundschaft mit dem Feind
    Schleichend kam die Furcht des Friedens
    Vor den Toren wuchert das Volk
    Singt:"Ruhm und Ehre unsrer Nation!"
    Und düster von dem Siege träumend
    Erhebt er den Schatten
    Bricht er die Feder
    Die Weiße
    Miriam-Sofie Linke, Jahrgang 1999
    Fischer
    Manchmal liebkost dein glattes Leben
    meinen Arm gleich einer Angelschnur
    an ihr baumeln stumm die Schemen
    deines Erfolgs in zartblauer Gravur
    Ich würde sie gerne ein wenig betrachten
    staunen, mich freuen, mit dir genießen
    doch ich erwarte gierig eigne Frachten
    um meinen Ruhm in Form zu gießen
    Darüber entgeht mir das schwache Zittern
    wenn sich bei dir ein Hai verfängt
    wenn du kämpfst, später auch verbitterst
    und mein Autismus das Wir erhenkt
    Verzeih mir doch, ich bin kein Fischer
    bin nur einer, der vom Träumen lebt
    ich fange eine Perle und bin sicher
    das ist deine Träne, die dort klebt
    Meine Netze bleiben knittrig liegen
    die Binsen wachsen schon hindurch
    dann sehe ich eine Möwe fliegen
    und wende mich, doch du bist fort
    Das denke ich zumindest leise
    während wir dort beim Fischen sind
    wir warten auf recht verschiedene Weise
    und dazu weht ein atlantischer Wind
    Moritz Schlenstedt, Jahrgang 1996