22. Dezember 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Kommentaren zum neuen Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Hubig zur Vorratsdatenspeicherung und zur Politik von Bundeskanzler Merz. Außerdem geht es um die Ukraine-Gespräche im US-Bundesstaat Florida und um die teilweise Freigabe der Akten im Fall Epstein.

Mehrere komplett geschwärzte Unterlagen liegen nebeneinander. Oben rechts steht jeweils "Grand Jury NY" in weiß auf schwarz.
Auch vollständig geschwärzte Unterlagen wurden vom US-Justizministerium veröffentlicht. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Jon Elswick)
Dazu schreibt das HANDELSBLATT: "Der Fall Epstein kann für Donald Trump noch immer höchst gefährlich werden. Nicht zuletzt auch deshalb, weil der Präsident und seine willige Vollstreckerin Pam Bondi allzu durchsichtig und vor allem unbeholfen agieren. Die Justizministerin ließ zunächst nur einen Teil der Dokumente veröffentlichen, angeblich um Persönlichkeitsrechte der Opfer Epsteins zu schützen. In den nun zugänglichen Akten tauchen auffällig oft Verdächtige aus dem gegnerischen politischen Lager auf, etwa Ex-Präsident Bill Clinton. Über Trump selbst findet sich allenfalls in den Fußnoten etwas. So weit, so erwartbar. Dreist allerdings ist, dass Bondi Teile der Trump-Passagen, insbesondere ein Foto, auf dem Trump mit dem verurteilten Sexualstraftäter zu sehen ist, nach der Veröffentlichung wieder löschen ließ. All das wirkt skandalträchtig und passt in das Bild einer Regierung, die es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt", argumentiert das HANDELSBLATT.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG geht auf die vielen Schwärzungen in den veröffentlichten Unterlagen ein: "Zur Begründung dienen juristische Gründe, die mögen manchmal zutreffend sein. Laufende Ermittlungen müssen tatsächlich geschützt werden – und vor allem Opfer, also zur Tatzeit meist junge bis minderjährige Frauen. Auch der Umgang mit mutmaßlichen Tätern ist heikel, solange es keine Urteile gegen sie gibt. Verurteilt wurde bisher ja nur Epstein selbst, in zwei Verfahren im Jahr 2008, das Verfahren 2019 endete mit seinem mysteriösen Suizid, sowie 2021 seine Komplizin Ghislaine Maxwell. Doch abgesehen von nachvollziehbaren Einschränkungen ist offenkundig: Trumps Leute wenden hier eigene Maßstäbe an. In den nun freigegebenen Epstein Files taucht auffällig häufig Bill Clinton auf, und auffällig selten Donald Trump", beobachtet die SÜDDEUTSCHE.
"Es gibt eine Unfähigkeit zur gemeinsamen Realität in den USA", stellt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG fest. "Selbst wenn alle Akten ungeschwärzt vorlägen, würde jede Seite nur das sehen, was ihr nützt. Die MAGA-Bewegung verweist auf Fotos und Kontakte von Bill Clinton, Demokraten betonen Donald Trumps Nähe zu Epstein. Die Akten werden weniger gelesen, um Zusammenhänge zu verstehen, als genutzt, um den politischen Gegner zu beschädigen. Das ist traurig, denn in den Akten geht es um echte Menschen, denen massives Unrecht von mächtigen Menschen angetan wurde. Diese Frauen haben unter großem persönlichen Risiko ausgesagt, sie haben ihre traumatische Geschichte vor Kameras erzählt. Entscheidend scheint in der öffentlichen Wahrnehmung nicht, was ihnen widerfahren ist, sondern welcher Name sich aus den Akten politisch verwerten lässt", kritisiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Russlands Präsident Putin hat signalisiert, dass er zu einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Macron bereit ist. Die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, kommentieren: "Was die Gesprächsinitiative des französischen Präsidenten – über den verzweifelten Versuch hinaus, die EU wieder am direkten Gesprächsprozess zu beteiligen – bewirken könnte, ist einigermaßen rätselhaft. Schon die vielen früheren Moskau-Reisen von EU-Regierungschefs waren meistens umstritten, immer wirkungslos – potemkinsche Diplomatie, nach den sprichwörtlich gewordenen russischen Dörfern, die nur als Attrappe existieren. Dass Macron also Einfluss auf Russland ausüben kann, darf ausgeschlossen werden. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass Putin, der das Gesprächsangebot natürlich sogleich gönnerhaft annahm, die EU weiter spaltet", warnen die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN.
Die TAGESZEITUNG schreibt zu den Verhandlungen im US-Bundesstaat Florida über ein mögliches Kriegsende: "Die neuen indirekten Gespräche in den USA zeigen vor allem eines: Europa ist egal. Die ganzen Gipfel auf höchster Ebene in Berlin und dann in Brüssel in der vergangenen Woche, die von Friedrich Merz ausgerufene'Schicksalswoche für Europa' – sie ändern daran überhaupt nichts. Europa, die Ukraine und die USA sollten eigentlich eine gemeinsame Linie finden, die so unwiderstehlich ist, dass Putin keine andere Wahl bleibt als einzulenken – aber die gibt es nicht, und Putin hat am Freitag noch mal klargestellt, dass er keine Zugeständnisse anbieten wird. Das war auch vorher schon klar, aber man tut gerne so, als ob." Soweit die TAZ.
Nun zur Innenpolitik. Die Bundesregierung will ein neues Gesetz zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung auf den Weg bringen. Die LANDSHUTER ZEITUNG notiert: "Die Pläne von Justizministerin Stefanie Hubig zur Speicherung von Kommunikationsdaten sind ein politischer Kompromiss. Genau darin liegt das Problem: Drei Monate verpflichtende Speicherung aller IP-Adressen sind zu viel für echten Grundrechtsschutz, aber zu wenig, um die großen Versprechen bei der Strafverfolgung einzulösen. Klar jedoch sollte sein: Wenn es darum geht, gegen Kinderpornografie vorzugehen und das Leid der Opfer zu beenden oder Terroranschläge zu verhindern, sollte an die Grenze dessen gegangen werden, was rechtlich möglich ist", findet die LANDSHUTER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG führt an: "Es war nie so und wird auch künftig nicht so sein, dass der Staat die Daten all seiner Bürger anlasslos speichert, zentral hortet und sie zu gläsernen Untertanen macht. Kinderpornographie und Betrug im Onlinehandel sind Fälle, in denen die Ermittlungen bisher oft ins Leere laufen, aber nicht die einzigen. Dass die Strafverfolgung, die ja auch der Entlastung eines Beschuldigten dienen kann, stets verhältnismäßig sein muss, sollte klar sein. Doch gerade der in der Politik so beliebte Kampf gegen 'Hass und Hetze' hat zu fragwürdigen Auswüchsen geführt. Das bestätigt tatsächlich, dass man bei der Abwägung von Verfassungsgütern immer wachsam bleiben muss. Der nun schon bald ein Vierteljahrhundert währende Kampf um einen Popanz namens Vorratsdatenspeicherung hat jedenfalls viel Kraft gekostet. Die sollte man künftig sinnvoller einsetzen", mahnt die F.A.Z..
Die frühere CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer ist neue Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung. Damit ist der von Bundeskanzler Merz vorgeschlagene Kandidat Krings ausgeschieden. Die LAUSITZER RUNDSCHAU spricht von einem Rückschlag für Merz: "Das Scheitern seines Vorstoßes für neue Ukraine-Hilfen einerseits und bei der Besetzung des Chefpostens der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung andererseits sind aus machtpolitischer Sicht zwei Tiefschläge für Merz. Im ersten Fall für die Führungsrolle, die er in Europa gern ausfüllen möchte und im zweiten Fall für sein Standing in der Partei. Man kann die Ereignisse natürlich auch als neuen Politikstil betrachten. Statt Dinge im Hinterzimmer abzukarten oder 'Alles tanzt nach meiner Pfeife' anzuordnen, hat Merz Vorschläge gemacht und sie dem demokratischen Votum der Mehrheit präsentiert. Und ist dabei ins Risiko gegangen. Doch legen die Vorgänge ein Manko offen: Merz fehlen offenbar Leute, die sich um die notwendigen Mehrheiten kümmern. Die Idee, dass allein seine Überzeugungsfähigkeit Dinge in die gewünschten Bahnen lenkt, hat sich jedenfalls nicht bestätigt", bemerkt die LAUSITZER RUNDSCHAU.
Die Wahl Kramp-Karrenbauers sei keine Abrechnung mit Merz gewesen, sondern ein Zeichen der Wertschätzung für die ehemalige Parteivorsitzende, vermutet hingegen der WESER-KURIER: "Insofern geht der Kanzler keineswegs geschwächt ins neue Jahr. Im Gegenteil. Dass bei den Verhandlungen über einen Frieden für die Ukraine am Wochenende erstmals auch Europäer nach Miami eingeladen wurden, ist ein gewaltiger Schritt vorwärts. Auf dem Weg zu einer fairen Friedenslösung für die Ukraine wird Merz garantiert noch weitere Rückschläge wegstecken müssen. Insofern: Ruhig bleiben und weitermachen!", rät der WESER-KURIER aus Bremen zum Ende der Presseschau.