1985 endet nach 21 Jahren Brasiliens Militärdiktatur, doch erst jetzt, 2009, gelingt es politischen Gefangenen von einst nach langem Kampf, dass in Sao Paulos früherem Folterzentrum, einem fünfstöckigen Gebäude, wenigstens vier Häftlingszellen in ein "Memorial des Widerstands" verwandelt werden.
"Ich wurde hier gefoltert – zu uns wurden auch Verwundete, Angeschossene reingeworfen, die schleifte man über die Korridore."
Erinnert sich Francisca Soares bei der Einweihung des Erinnerungsortes in einer der Zellen an den Horror von damals, die erlittenen Torturen. Und sie erinnert sich gut an den damaligen Chef des Folterzentrums, an Romeu Tuma. Heute ist er Kongresssenator einer Rechtspartei, nennt sich einen Freund von Staatschef Lula, dem früheren Gewerkschaftsführer, trifft ihn öfters im Präsidentenpalast von Brasilia.
"Wir sind darüber empört und traurig – es ist sehr eigenartig, dass sich unsere linken Politiker so gut mit Romeu Tuma verstehen. Aber man kann nichts dagegen machen – so ist nun einmal Demokratie. Und da muss man eben ertragen, dass Romeu Tuma und andere solcher Figuren immer wiedergewählt werden."
Elektroschocks, Kopf in den Wassereimer, Aufhängen an den Füßen – Francisco Prado erlitt sieben Jahre lang so ziemlich alle gängigen Foltermethoden, erinnert sich ebenfalls gut an Romeu Tuma.
"Tuma war ein sadistischer Folterer. Am Diktaturende säuberte er hier die Archive, nahm die Hälfte der Dokumente mit. Wir wissen, wo sie sind, aber man kommt nicht ran. Als Lula zum Staatschef gewählt wurde, dachten wir, er öffnet die Geheimarchive der Diktaturzeit – doch er tut es eben nicht. Heute werden auf allen Polizeiwachen Brasiliens die Festgenommenen, die Häftlinge gefoltert."
Alle früheren Widerstandskämpfer entsetzt, dass Romeu Tumas damaliger Parteichef der Regimepartei ARENA, José Sarney, mit Unterstützung Lulas jetzt zum Präsidenten des Nationalkongresses gewählt wurde. Marcelo Araujo, Leiter des Widerstandsmemorials, vereinbarte daher mit Jana Binder vom Goetheinstitut Sao Paulo eine Serie von Veranstaltungen über die so grundsätzlich verschiedene Erinnerungskultur beider Länder.
"Marcelo Araujo kaum auf uns zu, sagte, dass Deutschland ja eine sehr, sehr starke Tradition hat, sich mit der eigenen Geschichte zu beschäftigen, was ja in Brasilien ganz anders ist. Die Eröffnung von diesem Memorial, dieser Erinnerungsstätte ist ja für die Brasilianer was relativ Neues. Wir müssen quasi erinnern, nur wenn sich alle daran erinnern, wird es nicht noch einmal passieren – das ist ja der deutsche Zugang zu dem Thema. Und in Brasilien ist ja eher, wir vergessen das, wir lassen das Alte hinter uns, wir fangen neu an und gucken gar nicht zurück."
Dass ausgerechnet jemand wie Romeu Tuma heute ein hoher, einflussreicher Politiker ist, nennt Jana Binder daher aus deutscher Sicht eine "total verrückte Situation".
Brasiliens deutschstämmiger Bundesstaatsanwalt Marlon Weichert aus Sao Paulo klagte in Washington vor der Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten und wirft seiner eigenen Regierung vor, Diktaturverbrecher unter Berufung auf ein Amnestiegesetz nicht zu bestrafen – und damit gegen internationale Menschenrechtsabkommen zu verstoßen. Straffreiheit für Diktaturverbrecher sporne die Folterer von heute regelrecht an:
"Viele wollen über ihre Mitwirkung bei Diktaturverbrechen nicht aussagen – denn käme die Wahrheit heraus, müssten Biographien völlig umgeschrieben werden. Doch es gibt eben die Überzeugung, dass man die Wahrheit vertuschen müsse, dass es vorteilhafter sei, über all diese Probleme nicht zu reden. Das ist eine Frage der Werte und der Kultur."
"Ich wurde hier gefoltert – zu uns wurden auch Verwundete, Angeschossene reingeworfen, die schleifte man über die Korridore."
Erinnert sich Francisca Soares bei der Einweihung des Erinnerungsortes in einer der Zellen an den Horror von damals, die erlittenen Torturen. Und sie erinnert sich gut an den damaligen Chef des Folterzentrums, an Romeu Tuma. Heute ist er Kongresssenator einer Rechtspartei, nennt sich einen Freund von Staatschef Lula, dem früheren Gewerkschaftsführer, trifft ihn öfters im Präsidentenpalast von Brasilia.
"Wir sind darüber empört und traurig – es ist sehr eigenartig, dass sich unsere linken Politiker so gut mit Romeu Tuma verstehen. Aber man kann nichts dagegen machen – so ist nun einmal Demokratie. Und da muss man eben ertragen, dass Romeu Tuma und andere solcher Figuren immer wiedergewählt werden."
Elektroschocks, Kopf in den Wassereimer, Aufhängen an den Füßen – Francisco Prado erlitt sieben Jahre lang so ziemlich alle gängigen Foltermethoden, erinnert sich ebenfalls gut an Romeu Tuma.
"Tuma war ein sadistischer Folterer. Am Diktaturende säuberte er hier die Archive, nahm die Hälfte der Dokumente mit. Wir wissen, wo sie sind, aber man kommt nicht ran. Als Lula zum Staatschef gewählt wurde, dachten wir, er öffnet die Geheimarchive der Diktaturzeit – doch er tut es eben nicht. Heute werden auf allen Polizeiwachen Brasiliens die Festgenommenen, die Häftlinge gefoltert."
Alle früheren Widerstandskämpfer entsetzt, dass Romeu Tumas damaliger Parteichef der Regimepartei ARENA, José Sarney, mit Unterstützung Lulas jetzt zum Präsidenten des Nationalkongresses gewählt wurde. Marcelo Araujo, Leiter des Widerstandsmemorials, vereinbarte daher mit Jana Binder vom Goetheinstitut Sao Paulo eine Serie von Veranstaltungen über die so grundsätzlich verschiedene Erinnerungskultur beider Länder.
"Marcelo Araujo kaum auf uns zu, sagte, dass Deutschland ja eine sehr, sehr starke Tradition hat, sich mit der eigenen Geschichte zu beschäftigen, was ja in Brasilien ganz anders ist. Die Eröffnung von diesem Memorial, dieser Erinnerungsstätte ist ja für die Brasilianer was relativ Neues. Wir müssen quasi erinnern, nur wenn sich alle daran erinnern, wird es nicht noch einmal passieren – das ist ja der deutsche Zugang zu dem Thema. Und in Brasilien ist ja eher, wir vergessen das, wir lassen das Alte hinter uns, wir fangen neu an und gucken gar nicht zurück."
Dass ausgerechnet jemand wie Romeu Tuma heute ein hoher, einflussreicher Politiker ist, nennt Jana Binder daher aus deutscher Sicht eine "total verrückte Situation".
Brasiliens deutschstämmiger Bundesstaatsanwalt Marlon Weichert aus Sao Paulo klagte in Washington vor der Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten und wirft seiner eigenen Regierung vor, Diktaturverbrecher unter Berufung auf ein Amnestiegesetz nicht zu bestrafen – und damit gegen internationale Menschenrechtsabkommen zu verstoßen. Straffreiheit für Diktaturverbrecher sporne die Folterer von heute regelrecht an:
"Viele wollen über ihre Mitwirkung bei Diktaturverbrechen nicht aussagen – denn käme die Wahrheit heraus, müssten Biographien völlig umgeschrieben werden. Doch es gibt eben die Überzeugung, dass man die Wahrheit vertuschen müsse, dass es vorteilhafter sei, über all diese Probleme nicht zu reden. Das ist eine Frage der Werte und der Kultur."