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Diesel-Skandal
Maas kritisiert Seehofers Vorgehen bei Sammelklagen

Scharfe Kritik von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) an CSU-Chef Horst Seehofer in der Dieselaffäre: Die Drohung Seehofers, dass er sich auch Sammelklagen gegen die Autoindustrie vorstellen könne, nannte Maas "skurril". Ein entsprechender Gesetzentwurf liege seit langem vor, blockiert habe ihn die Union.

Von Stefan Maas | 31.07.2017
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) äußert sich am 05.04.2017 in Berlin bei einem Pressegespräch zu den Entscheidungen des Kabinetts zu den Themen Kinderehen und Hasskommentare im Internet.
    Kein Verständnis für das Vorgehen der Union beim Thema Sammelklagen in der Dieselaffäre: Justizminister Heiko Maas (dpa/picture alliance/Paul Zinken)
    Es sei mehr als skurril, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas der Deutschen Presseagentur, dass CDU und CSU erst monatelang wirksame Maßnahmen für mehr Verbraucherschutz blockierten und zwei Tage vor dem Diesel-Gipfel Horst Seehofer zum vermeintlichen Verbraucherschützer mutiere. Im ZDF hatte der bayerische Ministerpräsident wegen des Dieselskandals erklärt, er könne sich vorstellen, dass es in Deutschland auch Sammelklagen ähnlich wie in den USA geben könnte.
    "Auch diese Möglichkeit muss man überlegen. Ich bin da nicht abgeneigt. Wenn die Automobilindustrie so weitermacht, dass man den Eindruck haben muss, sie steht nicht transparent zu ihrer Verantwortung, da ist nicht die Einsicht, da ist nicht die Demut, die haben ja einen mächtigen Imageschaden für eine Schlüsselindustrie in Deutschland verursacht. Und zwar weltweit, nicht nur bei uns in Deutschland. Wenn sich das jetzt nichts ändert, dann muss man sich härtere Maßnahmen überlegen."
    Verkehrsminister als Verhinderer
    SPD-Politiker Maas sagte, ein entsprechender Vorschlag für eine Gruppenklage liege seit langem auf dem Tisch. Bislang habe die Union - und da vor allem Verkehrsminister Alexander Dobrindt - die Umsetzung aber verhindert.
    Verbraucherschützer hatten schon lange bemängelt, dass deutschen Verbrauchern der Weg zu einer Gruppenklage bislang versperrt geblieben sei. Hier könne man dem Verbraucherschutzminister nur den Rücken stärken, sagte Klaus Müller, der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, ebenfalls im ZDF. Das erste Kapitel im neuen Koalitionsvertrag müsste eine Musterfeststellungsklage sein. Dabei gehe es gar nicht darum, das Prinzip der US-amerikanischen Sammelklage zu übernehmen. Denn dort beziehen Sammelklagen immer grundsätzlich alle Geschädigten mit ein. Wer nicht mitmachen möchte, muss das explizit erklären.
    "Das wollen wir nicht eins zu eins kopieren, aber es gibt zum Beispiel das Problem, dass ich in Deutschland individuell klagen muss. Es gibt keine so genannte Musterklage, wo es eine Institution gibt, die klagt, das wäre kostengünstiger für das Unternehmen, für die Gerichte und einfacher für uns Verbraucher."
    Verband handelt stellvertretden für die Verbraucher
    Der Gesetzentwurf, den Justizminister Heiko Maas vorgelegt hat, sieht vor, dass ein Verband, etwa eine Verbraucherzentrale, stellvertretend für einzelne Verbraucher einen exemplarischen Fall vor Gericht klären lassen kann.
    Bis kurz vor der Urteilsverkündung in einem solchen Grundsatzprozess hätten sich Betroffene in einer Art elektronischem Klageregister anmelden können, was auch den Ablauf der Verjährungsfrist aufhalten könnte. Wären sie danach vor Gericht gezogen, wären die Richter im jeweiligen Verfahren anschließend an die Entscheidung im Grundsatzverfahren gebunden gewesen. Die Verbraucherschützer gehen davon aus, dass auf diese Weise Verbraucher deutlich häufiger dazu bereit wären, ihre Ansprüche durchzusetzen. Bislang würden viele von den hohen Kosten abgeschreckt, die derjenige tragen muss, der vor Gericht verliert.