Montag, 13. Mai 2024

Archiv

Digitale Weiterbildung von Masterplan
Nachhilfe für die digitale Arbeitswelt

Gefährdet der digitale Wandel die Arbeitsplätze? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Sicher ist aber: Wer sich weiterbildet und qualifiziert, hat bessere Chancen. Video-Lektionen aus dem Netz sollen dabei helfen.

Von Klaus Deuse | 31.05.2019
Young woman at home with laptop on desk touching her temples model released Symbolfoto property released PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY BSZF00168
Ohne Weiterbildung geht´s nicht in der digitalen Arbeitswelt (imago stock&people)
Der Husemannplatz in der Bochumer Innenstadt. In den umliegenden Gebäuden residieren Anwälte, Ärzte und Banken. Doch hinter der Tür im ersten Stock in Hausnummer 1 beginnt eine andere Welt. Hier befindet sich der Eintritt zu den Veränderungen in der digitalen Arbeitswelt. Auch wenn es im Empfangsbereich des Start-up-Unternehmens Masterplan.com nicht danach aussieht. Schwarze Ledercouchen, davor ein niedriger Glastisch, auf dem Schalen mit frischen Obststückchen stehen, und ein großer Flachbildfernseher an der Wand lassen nicht zwingend darauf schließen, dass hier die Macher einer digitalen Weiterbildungsplattform am Werk sind. Ihre Geschäftsidee: per Video-Lektionen im Netz Mitarbeiter in allen Branchen auf den neuesten Wissensstand zu bringen, Berührungsängste abzubauen und digitales Denken und Handeln zu fördern.
Digitales Denken will gelernt sein
Denn im Zuge der Digitalisierung kommt es nach den Worten des 35jährigen Masterplan-Geschäftsführers Daniel Schütt für Unternehmen entscheidend darauf an, ihre Mitarbeiter dabei mitzunehmen. Unabhängig von deren Alter.
"Auch existierende Berufe verändern sich und sind in zwei Jahren schon ganz anders und erfordern ganz andere Kompetenzen, da eigentlich jedes Unternehmen heute vor der Riesenfrage steht, wie wird man eigentlich als Unternehmen zur Bildungseinrichtung, um halt allein die Produktivität der Mitarbeiter aufrecht zu erhalten."
In der digitalen Arbeitswelt gelten andere Regeln als in der analogen. Das haben Daniel Schütt und sein Geschäftsführer-Kompagnon, der 33jährige Stefan Peukert, selbst erfahren. Mit Karriere-Portalen wie "meinpraktikum" gelang ihnen vor acht Jahren zwar der Einstieg, doch sie mussten, so Daniel Schütt, auch Lehrgeld bezahlen.
"Da ist uns aufgefallen, dass am Anfang ein Großteil unseres Fundings wirklich versenkt worden ist. Da haben wir viele Fehler gemacht, indem wir halt viele externe Berater, Marketing-Agenturen beauftragt hatten. Und am Ende haben wir gemerkt, dass das alles gar keinen Erfolg hat, weil wir die nicht richtig briefen konnten."
Lehrgeld bezahlt, neue Firma gegründet
Dennoch hatten sie mit diesen Portalen den richtigen Riecher für den prosperierenden digitalen Arbeitsmarkt und erzielten 2015 mit deren Verkauf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Aber kein Grund, die Hände in den Schoss zu legen, sondern vielmehr Motivation für einen Neustart. Mit der Gründung von Masterplan.com der digitalen Weiterbildungsplattform für Unternehmensmitarbeiter. Ein Konzept, das auch Anleger überzeugte, die über 6,5 Millionen Euro in Masterplan.com investierten. Nicht ohne Grund. Denn namhafte Unternehmen haben die Notwendigkeit erkannt, ihre Mitarbeiter digital auf Vordermann zu bringen und Lizenzen dieser Weiterbildung-Plattform gebucht. Stefan Peukert:
"Wir haben ganz unterschiedliche Unternehmen dabei. Es sind Global Player dabei wie Otto-Group, Siemens AG, die Deutsche Bahn, die Commerzbank."
Die Mitarbeiter der buchenden Unternehmen können nach den Worten von Stefan Peukert diese Lektionen jederzeit überall abrufen.
"Das können sie mit dem Arbeits-PC machen, das können sie von Zuhause aus machen mit ihrem Laptop am Handy, am Tablet."
Es genügt die Email-Adresse und ein Passwort. Am Anfang, so Stefan Peukert, geht es in den Videoclips erst einmal um Verständnis und Begriffe.
"Jeder User auf Masterplan.com fängt ja erst einmal mit einem digitalen Grundkurs an. Der geht ungefähr sieben Stunden an Material, wo wir halt mit den besten Experten, die die digitale Szene mitgeprägt haben, uns die Frage gestellt haben: welche Fähigkeiten braucht eigentlich heutzutage ein Mitarbeiter, um in dieser digitalen Arbeitswelt fit zu sein."
Normale Regeln funktionieren nicht mehr
Gedreht hat man diese Filme mit namhaften Fachleuten wie Oliver Tuszik, dem globalen Leiter von Cisco Partners, der zur Einleitung die grundlegende Frage stellt:
"Wie kann ich eigentlich am besten arbeiten – und wie passt das in das Umfeld rein? Normale Regeln werden komplett aufgebrochen, funktionieren nicht mehr. Wie wir im Büro zusammenarbeiten, wie wir in der Fabrik zusammenarbeiten. Die gelten einfach nicht mehr. Wir sind nicht alle Start-Ups. Aber das ist unsere Stärke, wenn wir beides kombinieren. Das neue agile Digitale mit der Erfahrung, die wir haben."
Der Grundkurs, sagt Stefan Peukert, dauert gut sechseinhalb Stunden.
"Im Endeffekt hat man nachher nicht irgendwelche tiefen Fachkompetenzen in bestimmten Fachgebieten, sondern wir machen die Tür in diese digitale Welt ein Stück weit auf und ermöglichen den ersten Schritt in diese Welt, um halt die Vorbehalte und Ängste abzulegen. Und wirklich bei jedem Mitarbeiter dann die Bereitschaft zur Veränderung herzustellen."
Unternehmen brauchen keine teuren Berater, ist Daniel Schütt überzeugt, sondern müssen sich von innen heraus dem digitalen Wandel stellen und somit ihre Mitarbeiter fit machen. Darum gibt es bei Masterplan nach den Grundkursen weiterführende Einzelkurse,
"wo wirklich genau auf die spezifischen Nöte, Sorgen und Ängste der Mitarbeiter eingegangen wird. Da kriegt z.B. jemand im Marketing, ein Marketingmitarbeiter, einen anderen Kurs als ein Vertriebsmitarbeiter."
Wie in der Schule: erst lernen, dann prüfen
Jede Lerneinheit im Netz dauert circa fünf Minuten. Nur: Einfach durchklicken kann man nicht. Der Lernerfolg wird vor der nächsten Lektion durch Fragen überprüft. Wie in diesem Fall:
"Ordne die folgenden Begriffe des 7-Ebenen-Frameworks in der richtigen Reihenfolge: Orientierung, Stimulanz, Relevanz, Sicherheit, Komfort, Vertrauen, Bewertung."
Bei falschen Antworten geht es in die Wiederholung. Punkte, schmunzelt Daniel Schütt, gibt es quasi wie in analogen Zeiten bei den Bundesjugendspielen. Per Urkunde nur teilgenommen oder mit zig Punkten strahlender Sieger. Entscheidend aber sei es, die Mitarbeiter in die digital veränderte Welt mitzunehmen. Denn nur mit deren Engagement und Ideen könne der Übergang gelingen. Der Preis für die Lizenz richtet sich nach der Zahl der beteiligten Unternehmensmitarbeiter. Wie viel schon in der Kasse klingelt, darüber verliert man keine Silbe, doch auf dem Markt besteht offenbar eine große Nachfrage, sucht Masterplan.com doch neue Mitarbeiter.