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Doping im Fußball
"Anzahl der Kontrollen ist nicht ausreichend"

Kurz vor der Auslosung der Fußball-WM in Moskau hat DFB-Präsident Reinhard Grindel bessere Kontrollen von russischen Fußballern gefordert. Sportjournalist Jonathan Sachse hält Grindels Aussage für populistisch. Auch in Deutschland sei die Anzahl der Kontrollen nicht ausreichend, sagte er im Dlf.

Jonathan Sachse im Gespräch mit Klaas Reese | 25.11.2017
    Gruppenbild der russischen Fußball-Nationalmannschaft vor der WM 2014
    Alle gedopt? Das russische Team im Vorfeld der WM 2014 (dpa/ Grigoriy Sisoev)
    Am kommenden Freitag wird im staatlichen Kremlpalast in Moskau die Weltmeisterschaft ausgelost. Mit im Lostopf ist auch die Mannschaft des Gastgebers, Russland - obwohl das Team unter Dopingverdacht steht. Unter den mehr als 1000 russischen Spitzensportlern, die von dem Manipulationssystem profitiert haben, waren laut Richard McLaren, dem Sonderermittler der Welt-Anti Doping-Agentur, auch zahlreiche Fußballer. Proben wurden schon im Juni dieses Jahres die FIFA übergeben. Von der seit Dezember 2016 laufenden Untersuchung der im McLaren-Bericht der WADA aufgeführten 155 verdächtigen Proben von russischen Fußballspielern durch die FIFA ist nach wie vor kein Ergebnis bekannt.
    Jonathan Sachse befasst sich für das gemeinnützige Recherchezentrum "Correctiv" seit Jahren mit Doping im Fußball. Er hält die Kontrollen der Spieler für nicht ausreichend. Seit der positiven Probe von Diego Maradona im Jahr 1994 habe es bei Weltmeisterschaften keinen positiven Test mehr gegeben. "Daraus kann man zwei Schlüsse ziehen: Das eine wäre, es gibt beim Fußball kein Doping, das andere wäre: Das Kontrollsystem funktioniert nicht bei der WM. Dort ist die FIFA zuständig. Ich tendiere zu Letzteren."
    Kontrollen in der Bundesliga müssen besser werden
    Die Forderung von DFB-Präsident Reinhard Grindel, russische Sportler besser zu kontrollieren, hält Sachse für populistisch. "Ich glaube, dass wir auch in Deutschland ein Problem haben. Die Kontroll-Anzahl ist nicht ausreichend und die Qualität stimmt nicht." Laut Informationen der NADA hätten einige Bundesligamannschaften im Jahr 2016 nur 22 Doping-Proben abgeben müssen. "Es gab also Spieler, die im kompletten Jahr nicht kontrolliert wurden."
    Im Vergleich zum Anti-Doping-Systemen in der Leichtathletik oder im Radsport habe das System im Fußball größere Lücken. Es gebe vor allem "im praktischen Ablauf" Probleme. Bei Kontrollen außerhalb der Wettbewerbe hätten Kontrolleure oft kaum Möglichkeiten, die Profis überhaupt zu erreichen. Kontrollen zu Hause seien noch schwieriger. Auch für Journalisten sei die Recherche zum Thema Doping im Fußball kompliziert. "Der Zugang zu den betroffenen Sportlern ist schwierig. Man muss oft über Mittelsmänner gehen. (...) Die größere Chance ist, mit ehemaligen Sportlern oder dem familiären Umfeld zu reden.
    Einen Ausschluss des russischen Teams bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 hält Sachse für unwahrscheinlich. "Da hätte die FIFA früher beginnen müssen, Aufklärungsarbeit zu leisten."
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.