Donnerstag, 18. April 2024

Archiv


Ein Biobauer geht an die Börse

Die KTG Agrar AG ist als erster deutscher Landwirtschaftsbetrieb heute an die Börse gegangen. Ein Bauernhof an der Börse? Es ist eher ein landwirtschaftliches Großunternehmen mit 19 Betrieben in Ostdeutschland und in Litauen und einer Anbaufläche von 14.000 Hektar. Bemerkenswert dabei: Rund 40 Prozent davon werden ökologisch bewirtschaftet.

Von Ine Dippmann | 15.11.2007
    Fantasie ist wichtig an der Börse. Und die wird angeheizt durch Superlative: KTG ist nach eigenen Angaben der größte Agrarproduzent in Deutschland und führend in Europa. 14.000 Hektar Fläche werden bewirtschaftet, rund 40 Prozent davon ökologisch. Unter anderem in Sachsen-Anhalt, in Altjeßnitz. Dort werden Sonnenblumen, Weizen, Triticale, Roggen und Futterpflanzen angebaut. Vorstandschef Siegfried Hofreiter:

    "Wir kommen eigentlich aus der Bio-Schiene, wir sind großflächige Bio-Pioniere. Wir haben 1994/95 großflächig, das heißt auf mehr als 500 Hektar begonnen, Biogetreide anzubauen und haben die Bioprodukte somit auch rausgeholt aus dem Reformhaus rein in den Lebensmittelmarkt. Insofern sind wir Biolandwirte aus Leidenschaft. Wir haben uns aber bewusst entschlossen im Jahr 2000 in die konventionelle Produktion einzusteigen, das hat aber eher wirtschaftliche Gründe gehabt, dass man sicher auf zwei Beinen steht. "

    Konventionell werden Getreide, Mais, Gerste und Raps angebaut, doch auch das - so Hofreiter - ökologisch geprägt, zuBeispiel in Quesitz bei Leipzig:

    "So nehmen wir an einem Programm teil, das die sächsische Regierung aufgelegt hat, dass wir nur die Hälfte an Mineraldünger einsetzen wie üblich. Die Erfahrungen, die wir im Ökobereich gemacht haben - Gentechnikfreiheit und hohe Qualität setzten wir auch im konventionellen Landbau um. "

    Seit zwei Jahren setzt die Gesellschaft außerdem auf Bioenergie. 10 Biogasanlagen werden betrieben, mit einer elektrischen Anschlussleistung von insgesamt rund 6,5 Megawatt, genug für etwa 7000 Haushalte:

    "Wir haben ein integriertes Biogassystem, das heißt wir stellen die Inputstoffe selbst her, auf unseren eigenen Flächen. Wir kaufen nichts zu, wir speisen den Strom ins örtliche Stromnetz ein, die bei der Biogasproduktion entstehende Wärme in ein Wärmenetz. Und besonders interessant ist auch: die Gärreste, die bei der Biogasproduktion übrig bleiben, werden als Dünger auf den Flächen wieder eingesetzt, also ein integriertes geschlossenes System."

    Rund 115 Mitarbeiter hat die KTG Agrar AG. 19 ehemalige LPGs in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg produzieren unter dem Dach der Gesellschaft. Seit 2005 gehören auch drei Betriebe in Litauen dazu. Im Geschäftsjahr 2006 erzielte KTG eine Gesamtleistung von rund 18 Millionen Euro. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern lag damit bei etwa 2,5 Millionen Euro. Als Bauer an die Börse - einer neuer Trend? Finanzjournalist Peter Mair vom Börsen-Fachmagazin Going Public schätzt ein:

    Das macht in dem Umfeld, in dem wir momentan sind, sicherlich Sinn. Wir haben in den letzten Monaten eine starke Nach-Oben-Entwicklung der Agrarpreise gesehen, bei Getreide, Raps und so weiter. Insofern kann man Landwirtschaft schon als Wachstumsbranche bezeichnen, auch als Trendbranche und da macht es auch Sinn und ist logisch, wenn jetzt Unternehmen an die Börse kommen:

    "Das Interesse an der KTG-Aktie war vor dem Börsengang groß. Sie war nach Angaben des Unternehmens mehrfach überzeichnet und erzielte den Höchstausgabepreis von 17.50 Euro. "