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Ein Ende der Erfurter Doping-Affäre?

Die UV-Behandlung von Blut ist erst seit dem 1. Januar 2011 verboten, erklärte die Nationale-Anti-Doping-Agentur. Dies wurde der Bonner Agentur einen Tag vorher durch die Welt-Anti-Doping-Agentur, WADA, mitgeteilt. Diese WADA-Expertise, so der Vorstand der NADA, sei richtungsweisend für das weitere Vorgehen im Fall Erfurt. Demnach werden alle Fälle aus der Zeit vor dem 1. Januar 2011 zu den Akten gelegt, nur die Fälle danach – maximal drei – sollen noch weiter verfolgt werden.

Von Robert Kempe | 27.04.2012
    Die überraschenden Neuigkeiten werfen indes Fragen auf, denn ohne Erwähnung blieben in den Ausführungen der NADA die Abnahme und Rückführung des Blutes, die für eine UV-Bestrahlung Voraussetzung sind. Nach Meinung vieler Experten sei dies der eigentliche Verstoß gegen die Dopingregularien gewesen, denn seit mehreren Jahren ist der Gebrauch von Blut in der WADA-Verbotsliste explizit untersagt.

    Der WADA-Generaldirektor, David Howman, äußerte sich vor wenigen Wochen in mehren deutschen Medien – auch in diesem Sender - klar.

    "Es ist eine verbotene Methode, und seit Jahren auf der Verbotsliste. Man hat zwar die Definition präzisiert, sagen wir, dass wir mehr Klarheit geschaffen haben. Aber diese Methode war nie erlaubt. Blutdoping war niemals erlaubt."

    Für Howman erfüllte der Gebrauch von Blut in jeglicher Form im Sport den Tatbestand des Blutdopings. In die neue WADA-Beurteilung seien nun nach Mitteilung der NADA alle Gremien der WADA einbezogen worden. Das wichtigste Gremium dafür ist das Medizin und Wissenschaftskomitee. Der Vorsitzende dieses Komitees, der Schwede Arne Ljungqvist, zugleich WADA Vizepräsident, erklärte indes gegenüber dem Deutschlandfunk:

    "Dieser spezielle Fall ist in meinem Komitee in den letzten Monaten und auch davor gar nicht behandelt worden . Das erste Mal habe ich von dieser neuen Entwicklung heute gehört und zwar von Ihnen."

    "Niemand hat sie informiert?"

    "Nein. Ich bin jetzt auf der Suche nach den Informationen. Ich muss mich jetzt auf die Suche machen nach dieser WADA Stellungnahme, die an die deutsche NADA gegangen sein soll. Ich habe sie nicht gesehen und bin auch nicht informiert."

    Dass der ranghöchste Funktionär, der für solche Sachverhalte in erster Linie zuständig ist, offenbar nicht einmal befragt wurde, wirft Fragen zum Vorgehen und zur Glaubwürdigkeit der Welt-Anti-Doping-Agentur auf. Wie kann es sein, dass binnen weniger Wochen eine Regelbewertung diametral gegensätzlich ausfallen kann? Der Nationalen-Anti-Doping-Agentur, die sich in der Causa Erfurt kaum mit Ruhm bekleckerte, könnte indes diese neue Entwicklung zu pass kommen. Etliche kostenintensive Verfahren, die gedroht hätten, werden nun nicht mehr stattfinden. Eine Ausweitung des Doping-Skandals, den Beobachter schon als den größten seit der Wiedervereinigung heraufkommen sahen, wird somit wohl ausbleiben.