Donnerstag, 02. Mai 2024

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Eine Glosse über den Erfolgsrapper Cro
Sexismus mit vermeintlichem Bubi-Charme

Mit viel Marketingwirbel erscheint am 8. September "tru.", das 3. Studioalbum von Deutschlands teenie-tauglichstem Rapper, Cro. Im Juni versetzte der Mann mit der Pandamaske seine Fans in Aufregung, als er in einem Video angedeutet hat, die Gesichtsverhüllung könnte bald fallen. Aber wer oder was steckt hinter der Maske?

Von Tim Baumann | 02.09.2017
    Cro live auf der IdeenExpo 2017 auf dem Messegelände. (Bild: imago stock&people / Ulrich Stamm)
    "Was ist das denn für eine unkreative, großmäulige, sexistische Drecks-Maske?!" Cro wäre ohne Panda-Plastik besser dran, mutmaßt Autor Tim Baumann. (imago stock&people / Ulrich Stamm)
    Ach Gottchen, da lässt der Feelgood-Panda-Rapper Cro also seine Maske fallen, leitet einen hochdramatischen Wandel in seiner künstlerischen Karriere ein - und macht dann doch einen Rückzieher. Nur einzelne Ausschnitte seines Gesichts sind im Verlauf des Musikvideos zu "Baum" erkennbar - soll man sich das jetzt ausdrucken und zusammenkleben?
    "Irgendwie ist alles Scheiße"
    Aber wer will denn bitte einen einäugigen Rapper ohne Nase sehen? Selbst heute, wo die Inklusion Hochkonjunktur feiert, ist das an Teenager doch eher schwer zu verkaufen. Und ums Verkaufen geht es ja schließlich. Denn mit dem Release der Single "Unendlichkeit" und ihrem Prequel "Baum" im Juni hat Cro natürlich die Werbetrommel für sein neues Album gerührt. Und wie das Video zu "Baum" uns andeutet, will sich Cro darauf von seiner Maske verabschieden. Was hat es nun aber überhaupt mit dem Versteckspiel hinter der kindlich-naiven Maske auf sich? Fangen wir von vorne an: Die Wurzeln der Maske liegen weit in vorchristlicher Zeit in kultischen Anwendungen. Es gibt Maskenfunde aus der vor-keramischen Jungsteinzeit ...
    Ähm. Vielleicht fangen wir von nicht ganz so weit vorne an: Als Cro seine Karriere beginnt, bestellt er sich die Maske im Internet. Der Panda soll dabei eher zufällig rausgekommen sein. In Interviews hat Cro später erklärt, die Maske helfe ihm, aus sich herauszukommen, ein Künstler zu sein und auf die Bühne zu stürmen. Moment mal: Das riecht ja förmlich nach großer Kunst! Der Rapper als Medium mit der Maske als Verbindung in den musischen Äther! Na dann hören wir uns aber schnell mal an, was die Maske so aus Carlo Waibel alias Cro - herauskitzelt:
    "Denn irgendwie ist alles Scheiße - ich war noch nie so weit am Boden. Denn ich weiß, mein ganzes Geld ist weg und meine Frau hat mich betrogen."
    Bubi-Charme und Feelgood-Musik
    Naja, vielleicht ist es nicht auf den ersten Blick große Kunst. Aber das Thema Geld und Frauen ist im Rap ja auch schon fast Pflichtprogramm - und im Gegensatz zu den meisten seiner Mitrapper mit ihrem guturalen Blödsprech hat Cro wenigstens eine süße Maske auf! Und die kann doch in anderen Songs bestimmt die zarte Künstlerseele des Bambus-Freaks erwecken, oder?
    "Baby, bitte mach' Dir nie mehr Sorgen um Geld. Reich' mir nur Deine Hand, ich kauf Dir morgen die Welt"
    Ähm … Maske?
    "Yeah, Baby nimm' meine Hand! Ich hab alles schon gepackt. Komm wir beide gehen weg von hier. Sieh', der Jet ist getankt, ich hab' Geld auf der Bank und noch jede Menge Plätze hier."
    Was ist das denn für eine unkreative, großmäulige, sexistische Drecks-Maske?! Frauen, Geld, Geld, Frauen - und das alles mit Bubi-Charme verpackt in diese Feelgood-Musik. Wenn es das ist, was die Maske zutage bringt, dann ist Cro ohne sie besser dran - oder nicht?
    "Das Leben macht Spaß, ja, du bist 'n Star, yeah. Isst von goldenen Löffeln und fickst schöne Frau'n."
    Ob Cro auf "tru." dann auch seine holprig gereimten "Gedanken" zu Themen wie "Wenn Du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her" und "Der frühe Vogel fängt den Wurm" zum Besten gibt, werden wir wohl bald im Radio hören müssen. Im letzten Bild aus Cros Video "Baum" jedenfalls steht der Rapper vor der Pandamaske, die er gerade mit seinem Auto überfahren hat - wo sein Gesicht sein sollte, ist nichts zu sehen. Vielleicht ist das gar keine pseudophilosophische Metapher, sondern die erstaunlich offene Antwort darauf, was hinter der Maske liegt.