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Eishockey-WM in der Slowakei
"Alle bei uns nehmen Eishockey jetzt sehr, sehr ernst"

Die Menschen in der Slowakei haben eine besondere Beziehung zu ihrer Nationalmannschaft. Von der Wiederholung des Weltmeister-Titels von 2002 ist die Mannschaft aktuell zwar weit entfernt, die Vorfreude auf die Heim-WM ist dennoch gewaltig.

Von Kilian Kirchgeßner | 06.05.2019
Marcel Noebels (Deutschland) verpasst knapp gegen Andrej Kosaristan (Slowakei)
Marcel Noebels (Deutschland) verpasst knapp gegen Andrej Kosaristan (Slowakei) (Heike_Feinerx / Imago)
Die neue Eishockey-Hymne ist in der Slowakei schon jetzt allgegenwärtig, obwohl die Weltmeisterschaft noch nicht angefangen hat – eine beliebte Band spielt sie, und sie heizt das Hockey-Fieber weiter an, in dem die Slowaken sich sowieso schon befinden. Auch Marek Matusica, Sport-Reporter eines Radiosenders aus Bratislava, läuft sich schon warm. Er sagt:
"Einmal im Jahr zur WM-Zeit ist Eishockey für die Slowaken eine ernste Sache, ganz egal, wo die Meisterschaft ausgetragen wird. Als Sportreporter sage ich immer: Leute, nehmt euch den Sport nicht so zu Herzen. Aber jetzt, wo wir die WM austragen, gilt das nicht. Alle bei uns nehmen Eishockey jetzt sehr, sehr ernst."
"Die Leute haben das geradezu existenziell gesehen"
Das Eishockey-Fieber lässt sich in Bratislava und Kosice – den beiden Städten, wo die Spiele ausgetragen werden – schon jetzt mit Händen greifen: Die Hotelpreise sind teilweise ums Dreifache gestiegen, die Straßen sind schon jetzt verstopft. Den eingefleischten Fans, sagt Reporter Marek Matusica, mache das aber nichts aus – die Slowakei sei eben eine Eishockey-Nation:
"Das ist noch aus den Zeiten der Tschechoslowakei so. Und dann seit der Gründung der eigenständigen Slowakei im Jahr 1993 haben wir eben unsere eigene Nationalmannschaft. Sie musste sich von unten hocharbeiten. Die Leute haben das geradezu existenziell gesehen, und die Hockeyspieler mussten sich buchstäblich von Null aus wirklich alles selbst erarbeiten."
"Diesmal ist das Team nicht so stark"
Eine ganze Generation von Fans ist in diesem Aufstiegs-Fieber der eigenen Nationalmannschaft aufgewachsen. Ernsthafte Hoffnungen auf den WM-Titel im eigenen Land mache sich diesmal in der Slowakei aber niemand, räumt Marek Matusica ein:
"2011, bei der letzten WM hier in der Slowakei, hatten wir eine wirklich starke Mannschaft, aber sie ist trotzdem nicht weitergekommen. Diesmal ist das Team nicht so stark. Wenn es gelingen sollte, dass die Mannschaft ins Viertelfinale kommt – dann würden die Slowaken das schon feiern wie den Weltmeister-Titel."
"Sonderzüge aus Tschechien"
16 Teams treten bei der Meisterschaft an, zwei Wochen lang wird es insgesamt 64 Spiele geben, erwartet werden eine halbe Million Fans. Michaela Grendelova vom WM-Vorbereitungsteam sagt:
"Die meisten Fans kommen aus der Slowakei, dann erwarten wir sehr viele Fans aus Tschechien, von dort wird es sogar Sonderzüge der Bahn geben. In Österreich herrscht großes Interesse, für die Fans von dort ist es ja nicht weit nach Bratislava. Aber selbst aus England haben sich viele hundert Fans angesagt."
"Wollen auch Familien, nicht nur eingefleischte Fans"
Auch, wer sich jetzt noch für eine Reise zur WM entscheidet, habe noch Chancen auf Tickets, wirbt Michaela Grendelova: "Rund 20 Prozent der Karten sind noch zu haben, auch bei den Spielen der deutschen Nationalmannschaft ist noch etwas frei. Wir wollen, dass auch Familien im Publikum sind und nicht nur die eingefleischten Eishockey-Fans."
Das Maskottchen jedenfalls hüpft in Bratislava schon durch die Straßen – ein Bär ist es mit einem fokloristischen Hut. Macejko haben ihn die Slowaken genannt, und ihn besingt auch die Hymne der Weltmeisterschaft. Grendelova sagt: "Die Hymne ist zwar auf slowakisch, aber ich bin überzeugt, dass die Melodie auch ausländische Fans anspricht und sie im Stadion mitsingen werden."
Bei den beiden Eröffnungspartien der WM trifft Finnland auf Kanada und Russland auf Norwegen. Die deutsche Mannschaft trifft in ihrer ersten Partie am Samstag auf Großbritannien.