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Elektroden gegen das Zittern

Es gibt Patienten, die Parkinson-Arzneimittel nicht vertragen. Zudem verlieren die Medikamente auf Dauer ihre Wirkung. Bei einigen dieser Erkrankten lässt sich das Zittern und die Versteifung mit Hilfe einer Operation beheben.

Von Barbara Weber | 24.07.2007
    "Jetzt wird die Kopfhaut geöffnet und der Zugang gemacht für die Operation."

    Uniklinik Köln: In der Mitte des großen Operationssaals liegt die Patientin. Der Operateur, Professor Volker Sturm, ist Direktor der Klinik für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie. Er beugt sich über den kahl rasierten Kopf der Patientin.

    "Das ist letztlich ein kleines Bohrloch, das hat so ungefähr acht Millimeter Durchmesser","

    erklärt der Neurophysiologe Professor Andreas Engel.

    ""Das Ganze ist tatsächlich unter Lokalanästhesie. Es ist wie beim Zahnarzt, dass die Patientin nichts spürt, und dann wird gleich ganz vorsichtig ein Loch in den Knochen gebohrt."

    Eingriffe im Gehirn sind schmerzfrei. Deshalb ist die Patientin nur örtlich betäubt. Es ist wichtig, dass die Patientin wach ist, um bestimmte Tests machen zu können. Der Chirurg Dr. Ralph Lehrke:

    "Die Führung des Bohrloches ist stereotaktisch, das heißt auch genau berechnet, die ganze Zeit können wir mit der Patientin sprechen. Prof. Sturm kündigt ihr jetzt an, dass das sehr laut ist."

    Der Kopf der Patientin ist fest in einen Keramikring eingespannt. Auf den Ring montieren Volker Sturm und Ralph Lehrke ein Metallgestell mit Führungsschienen. Sie sorgen dafür, dass die feinen Elektroden den richtigen, gefahrlosen Weg ins Gehirn nehmen, an die genau berechnete Stelle.

    Die Mikroelektroden sind sehr dünne Drähte. Mit ihnen lässt sich die Aktivität von Nervenzellen messen. Die Zellen im Zielgebiet besitzen ein ganz typisches Aktivitätsmuster.

    "Das sind die elektrischen Impulse von den Nervenzellen, und die Elektroden sind so gemacht, dass wir nicht nur eine Nervenzelle hören, sondern so zwei, drei, vier Nervenzellen, und die geben halt zusammen schon ganz schön viel Lärm. Und in diesem Kerngebiet ist es so, dass die elektrische Frequenz ganz schön hoch ist, die machen dann so 20, 30, 40 elektrische Impulse pro Sekunde, das ist wie ein Hagelschauer, das Prasseln von Regen."

    Die Elektroden haben den Zielpunkt des Gehirns erreicht, wo das Zittern, also der Tremor, ausgelöst wird. Der Tremor führt zu ganz typischen Zellgeräuschen:

    "Das ist genau die Frequenz, mit der der Muskel zittert, jetzt bewegt sie gerade die Hand, das heißt die Muskelfasern werden aktiv, und sie sehen eine diffuse Aktivierung."

    Die Neurologen beginnen mit der elektrischen Stimulation. Dr. Lars Timmermann beobachtet, ob das Zittern von Armen und Beinen nachlässt. Und er führt mit der Patientin spezielle Übungen durch.

    "Spüren sie etwas? Sagen sie noch mal die Wochentage?"

    "Montag, Dienstag, Mittwoch..."

    Bei den leichten Stromstößen, die in das Gehirn der Patientin gegeben werden, hört das Zittern auf. Die benachbarten Hirnareale, die für das Sprechen zuständig sind, scheinen normal zu arbeiten. Volker Sturm befestigt die Elektrode und verschließt das Loch in der Schädeldecke mit Knochen-Zement. Dann operiert er die linke Seite.

    Einige Stunden später verschließt Volker Sturm die zweite Naht. Dabei unterhält er sich mit der Patientin:

    "Wie geht es ihnen?"

    "Eigentlich gut."

    Super!"