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Elite-Uni auf jüdisch

In den USA ist so etwas ganz normal: ein jüdisches College. Und auch ein jüdisches

27.01.2004
    Wirtschafts-College ist dort nichts Ungewöhnliches. Hier, in Deutschland, wo jüdisches Leben nach dem Holocaust erst langsam wieder erwacht, sind solche Einrichtungen dagegen etwas ganz Besonderes. Kein Wunder, dass nun ganz groß gefeiert wurde als gestern, am Vorabend des heutigen Holocaust-Gedenktages, in Berlin das "Touro"-College eingeweiht wurde. Touro steht für ein Netzwerk aus 24 jüdischen Privat-Universitäten in Amerika, Israel und Russland. Seit kurzem können Studenten nun auch in der deutschen Hauptstadt eine jüdisch-amerikanische College-Ausbildung absolvieren – und zwar eine Ausbildung zum "Business-Manager".

    Natürlich ist das Touro-College noch sehr neu. Aber bis jetzt hat das auf jeden Fall meine Erwartungen sehr weit übertroffen. Es gefällt mir sehr gut, es ist eine kleine Universität, es ist sehr individuell. Im Moment sind wir gerade mal knapp unter 20 Studenten.

    Und es wird auch sehr viel Wert auf Teamwork gelegt und da haben wir sehr viel zusammen und haben auch immer die Möglichkeit uns an unsere Dozenten zu wenden.

    Wir haben Tutorials, was eigentlich ziemlich bekannt in England ist, wo wir noch mal persönlich mit unseren Dozenten unterhalten können. Was wir nicht so mögen, was wir besser machen könnten und kriegen dann auch die Gegenseite eben was sie gerne von uns hätten und was wir vielleicht verändern könnten.

    Wir haben die Telefonnummern, die E-Mails, man kann sich immer an die wenden und es kommt auch zu privaten Gesprächen, die auch überhaupt nicht mit der Schule zu tun haben.

    Helena Schamrakov und Rony Kranz gehen auf eine Elite-Universität, genauer: in die neue Berliner Dependance des renommierten amerikanischen Touro-College. Die 19- und der 20jährige Student haben aber keine Zeit, darauf großartig stolz zu sein: Denn bei ihrer Ausbildung zum Manager ist Büffeln angesagt.

    Es wird zwischendurch natürlich sehr viel überprüft, damit nicht am Ende jemand durchfällt. Es ist nicht so wie bei den staatlichen Universitäten, wo man mit bis zu 3-400 Leuten in einem Raum sitzt, eigentlich kann der Dozent sich gar nicht drum kümmern um jeden und am Ende fällt jemand durch und es wird gar nicht bemerkt. Bei uns wird jeder einzelne durchgetrimmt sozusagen.

    Es ist auch sehr stressig mit den Examen, mit den Präsentationen und also Freizeit bleibt nicht viel übrig.

    Das neue College steht im Licht der Öffentlichkeit. Nicht nur, weil es eine Elite-Einrichtung sein will, sondern auch, weil es ein j ü d i s c h e s College ist. Die Privatuni wurde bereits im vergangenen Oktober eröffnet, aber erst jetzt, anlässlich des Holocaust-Gedenktages, offiziell eingeweiht. Der amerikanische Touro-Gründer Rabbiner Bernard Lander erklärte in seiner Festansprache, dass er strotz der nationalsozialistischen Judenvernichtung an eine Wiedergeburt jüdischen Lebens in Deutschland glaube.

    Als Ausdruck dieses Glaubens an eine Wiedergeburt haben wir eine Business-Schule gegründet. Eine Schule, die das beste amerikanische und das beste deutsche Know-How aus der Welt der Wirtschaft kombiniert mit einem Studium des Judentums. Und wir hoffen, dass dies ein erster Schritt ist zur Entwicklung einer deutsch-jüdischen Universität, die Männern und Frauen aller Religionen und Kulturen dient.

    Auch bei Bundesinnenminister Otto Schily weckt das College mit seinen jüdischen, christlichen und auch konfessionslosen Studenten große Erwartungen.

    Ich hoffe, dass der erfolgreiche Beginn Ihres Projektes in Berlin ein gutes Zeichen für neue und tragfähige Brücken zwischen Juden und Nichtjuden ist. Und ich bin sicher, dass es dazu beiträgt, immer noch vorhandene Vorurteile und Ressentiments abzubauen. Ein lebendiges Judentum in Deutschland sollte alltäglicher und bereichernder Bestandteil unseres Zusammenlebens sein. Das dient nicht zuletzt der Vergewisserung, dass die europäische Hochkultur aus der jüdisch-christlichen Tradition hervorgegangen ist. Europäische Bildung hat zuallererst jüdisch-christliche Prägung. Mein ältester Bruder, er war wirklich ein gebildeter Mensch, sagte: Den Anspruch, ein gebildeter Mensch zu sein, hat man nur dann, wenn man Latein und Griechisch kann - aber auch Hebräisch. Und ich finde, er hatte recht.

    Applaus auch vom Berliner Wissenschaftssenator Thomas Flierl. Der PDS-Politiker ist froh darüber, dass in der Debatte um Elite-Hochschulen auch endlich einmal eine andere Uni genannt wird als immer nur die Humboldt-Universität.

    Leistung kann sich in allen Formen realisieren, öffentlich, privat, groß und klein und das Label "Elite" wird man keineswegs nur mit einer Hochschule verbinden können, insofern ist hier auch Vielfalt willkommen. Insofern ist das eine interessante Bereicherung für die Berliner Hochschullandschaft.

    Für ihre Elite-Ausbildung müssen die Studenten des Touro-College 3000 Euro pro Semester zahlen. Was Studierende an staatlichen Hochschulen die Stirn runzeln lässt, ist für die zukünftigen Manager kein Problem.

    Wenn man´s mit dem Ausland vergleicht, sagen wir mal Amerika, England, ist es immer noch preiswert. Auf der anderen Seite ist es auch so, dass wir ein Stipendium bekommen können oder Teilstipendium. Das heißt, es wird nicht daran liegen, dass jemand kein Geld hat, wenn die Leistung wirklich stimmt. Und ansonsten hab ich zum Beispiel ein Jahr gearbeitet, bevor ich angefangen habe und finanziere das jetzt und versuche nun ein Teilstipendium zu bekommen.