Bürgermeister Rupert Monn zeigt auf das kleine Wäldchen außerhalb seiner Gemeinde Berg bei Starnberg. Seit einigen Wochen wird dort gerodet. Vier Windräder sollen sich ab 2015 dort drehen und Strom für 8.000 Haushalte produzieren. Monn hat jahrelang dafür gekämpft, hat sich mit Windkraftgegnern verbale Schlachten geliefert. Mit Hängen und Würgen wurden die Planungen abgeschlossen, die Windräder kommen, trotzdem ist er wütend:
"Also für die Kommunen ist das auf jeden Fall wesentlich komplizierter geworden, sich noch für die Energiewende einzusetzen. Bei uns im Landkreis Starnberg zum Beispiel: Wir haben uns alle Kommunen im Landkreis zusammengetan, um über 14 Teilflächennutzungspläne den Bau von Windkraftanlagen zu ermöglichen. Ich sehe einfach eine Verlagerung von oben nach unten zu den Kommunen. Die Bürgermeister, die Gemeinderäte handeln sich dann den Ärger ein."
Rund 700 Windräder drehen sich derzeit in Bayern. Nach Fukushima hatte Ministerpräsident Horst Seehofer das Ziel von 1.500 Windkraftanlagen ausgegeben. Davon ist der Freistaat mit Verabschiedung des Gesetzes weit entfernt, wettert Helmut Loibl vom Bundesverband Windenergie. Gemeinden wie Berg von Bürgermeister Monn hätten im dicht besiedelten Bayern in Zukunft keine Möglichkeit mehr, von Windkraft zu profitieren. All die Bürgeranlagen und Bürgerprojekte, finanziert durch private Mittel, stünden vor dem Aus:
"Nun soll mit einem Federstrich plötzlich die Regionalplanung obsolet sein? Die Flächen sollen alle nicht mehr gültig sein, wo die Windräder geplant sind? Hier wird eine Planung zunichte gemacht, die von vielen Bürgern getragen wurde."
Klage gegen das neue Gesetz
Über 150 Bürger und Verbände haben in der Klagegemeinschaft Pro Windkraft rund 55 000 Euro gesammelt, um in einer Popularklage gegen das neue Gesetz vorzugehen. Hans-Josef Fell, bis 2013 Sprecher für Energiepolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, rechnet mit guten Chancen, die 10H-Regelung vor Gericht doch noch zu kippen:
"Wir haben da Verstöße gegen das Eigentumsgrundrecht, gegen das Berufsausübungsgrundrecht, gegen die allgemeine Handlungsfreiheit. Die Regelung ist nicht verhältnismäßig sie widerspricht dem Rechtsstaatsgedanken, also wir haben zahlreiche Angriffspunkte und deshalb bin ich optimistisch, dass wir diese Regelung in Bayern bald zu Fall bringen werden. "
Die CSU hingegen ist überzeugt von der Notwendigkeit ihres 10H-Gesetzes. Nach früherem Recht hatte sich ein fremder Investor einen Bauplatz aussuchen können und die Gemeinde konnte ihn nicht daran hindern, erklärt Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. Mit dem neuen Gesetz würden die Rechte der Kommunen gestärkt, so Aigner:
"Die Befürchtung war ja oft so, wenn ein Investor von außerhalb gekommen ist, der hat jederzeit ein Baurecht gehabt, wegen der Privilegierung und manche konnten sich eben nicht dagegen wehren und deshalb ist es ein Instrument für die Entscheidung vor Ort."
Die Kommunen könnten jetzt selbstständig über ihre Windkraftanlagen, die Abstände, die Höhe und die Finanzierung entscheiden, die 10H-Regelung gelte nur für auswärtige Investoren. Die Opposition sieht darin ein Ablenkungsmanöver. Denn praktisch werde mit dem Gesetz die Entscheidungshoheit der Gemeinde eingeschränkt:
"Da gibt es das Problem, dass Gemeinden, wenn sie bei Nachbargemeinden zustimmen beziehungsweise mitbestimmen, dass sie dann die kommunale Planungshoheit beziehungsweise ihren Wirkkreis verlassen und das ist verfassungswidrig, das wäre zu prüfen, aber da weigert sich ja die CSU im Moment, die wollen nur Augen zu und durch."
Ministerpräsident Horst Seehofer wehrt alle Kritik an der 10H-Regelung ab. Es gehe um etwas ganz anderes, die Windkraft sei nur ein kleiner Teil davon:
"Ob nun 1.200, 1.500 oder 1.700 Windräder, die zentrale Frage ist doch im nächsten Jahrzehnt, dass es um die zwei Drittel geht, egal wie viel Biomasse, wie viel Windkraft oder Photovoltaik durch konventionelle Kraftwerke sichergestellt werden müssen."
Helmut Loibl vom Bundesverband Windkraft orakelt, dass damit in Bayern eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke erzwungen werden soll.