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Erst mal ohne Richter

Mediation kann eine Alternative zu zeitaufwendigen und teuren Gerichtsverfahren sein. Dennoch wird diese besondere Art der Konfliktlösung recht selten angewandt. Ein neues Gesetz soll die Mediation nun fördern.

Von Annette Wilmes | 11.04.2011
    Michael Plassmann: "Herr Römer, ich grüße Sie, hallo, Herr Becker, kommen sie rein, Sie sitzen ja schon beieinander, das ist die beste Voraussetzung für unser Gespräch, lassen sie uns in mein Büro gehen, da haben wir Ruhe. Sind Sie gut angekommen, hat alles prima geklappt? Nehmen Sie einfach hier vorne Platz, Herr Becker auf der anderen Seite."
    Rechtsanwalt Michael Plassmann begrüßt zwei seiner Mandanten und führt sie in sein Büro. Sie sind jedoch nicht gekommen, um sich juristisch beraten zu lassen, sondern sie suchen seine Hilfe als Mediator. Bernd Becker und Ralf Römer gehören zur Geschäftsführung eines Energieversorgungsunternehmens. Es haben sich Konflikte angestaut, die im Sinne des Unternehmens schnell vom Tisch sein müssen, betont Ralf Römer:

    "Der Schuh drückt im Wesentlichen in der Frage der Geschäftsverteilung des laufenden Geschäftsverteilungsplanes. Hier ist aus der Vergangenheit einiges eingerissen, man kann bestimmte Felder nicht mehr so abgrenzen, wie es erforderlich ist."
    Ein idealer Fall für die Mediation, jener Konfliktlösungsmethode, die vor etwa 30 Jahren in den USA entwickelt wurde. Hierzulande wird sie unter anderem in Unternehmen, in Familien und in der Schule eingesetzt. Außerdem etabliert sich die Methode langsam, aber stetig als Alternative zu zeitaufwendigen und teuren Gerichtsverfahren. Michael Plassmann, von Beruf Rechtsanwalt und gelernter Bankkaufmann, betreibt eine Kanzlei, die auf Mediation spezialisiert ist:

    "Wir haben einerseits hier in der Kanzlei Fälle aus der Wirtschaft, also insbesondere Fälle, wo es Probleme innerhalb von Unternehmen gibt. Und zum anderen allerdings auch im Bereich mittelständischer Unternehmen, Konflikte zwischen den Unternehmern aus geschäftlichen Deals, die schief gelaufen sind. Darüber hinaus sind Themen wie Gesellschafterkonflikte häufig hier auf der Tagesordnung. Oder auch bei Familienunternehmen, das Thema Unternehmensnachfolge ist etwas, was natürlich auch sehr sensibel zu handhaben ist."
    Mediation – das Wort kommt aus dem Lateinischen – heißt Vermittlung. Es gibt Mediation als eigenständige Konfliktlösung. Die Streitenden versuchen in einem angeleiteten Verfahren, sich zu einigen, anstatt vor Gericht zu ziehen. Mediationen werden aber auch während eines Prozesses vorgeschlagen und dann außerhalb des Gerichts durchgeführt. Mediatoren können Rechtsanwälte, Psychologen, Pädagogen oder Architekten sein, die Bindung an einen bestimmten beruflichen Hintergrund gibt es nicht. Seit 2005 wird Mediation zusätzlich in den Gerichten angewandt. Mediatoren sind dann speziell ausgebildete Richter. Sie treffen keine Entscheidung, schlagen auch keinen Vergleich vor, sondern sitzen lediglich als Vermittler mit am Tisch. An einer Mediation im Gericht kann im Prinzip jeder Rechtsuchende teilnehmen.

    Michael Grabow: "Vorausgesetzt ist, dass ein Verfahren beim Gericht anhängig ist. Das heißt, die Beteiligten müssen bereits den Weg zum Gericht gegangen sein."
    Michael Grabow ist Richter am Familiengericht in Berlin Pankow-Weißensee. Seit etwa fünf Jahren arbeitet er auch als Mediator:
    "Dann erhalten sie meist von dem Kollegen, der für die Streitentscheidung zuständig ist, den Hinweis oder vielleicht sogar die Empfehlung, einen Weg zu wählen, der außerhalb einer streitigen Entscheidung liegt und zu überlegen, ob sie sich vorstellen könnten, einer Mediation nahe zu treten. Wenn das geschieht, dann wird der Kollege, die Kollegin, die dort Fall-zuständig ist, das Verfahren abgeben an die sogenannte Mediationsregistratur. Und in dieser Mediationsregistratur findet eine Zuordnung auf die Kollegen statt, die richterliche Mediation durchführen."
    Aber auch außerhalb der Mediation gibt es vor Gericht häufig Entscheidungen, die nicht nur einer Partei recht geben. Das ist der Vergleich:

    "Der Vergleichsschluss, den ich in einer normalen Verhandlung mache, da mache ich vielleicht einen Vorschlag und versuche, die Beteiligten dazu zu bewegen, vielleicht meinen Vergleichsvorschlag zu akzeptieren oder selbst einen zu finden. Wo hingegen die Mediation den Mediator ja außen vor lässt und er keinen eigenen Vorschlag machen darf und er nur in der Rolle ist, die Grundlagen für diese eigene Erarbeitung zu schaffen."
    Mediation soll jetzt auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Der Gesetzentwurf wurde bereits im Januar vom Kabinett verabschiedet, und in dieser Woche soll im Bundestag die erste Lesung stattfinden.

    Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung, lautet der Titel des geplanten Gesetzes. Es hat die Aufgabe, die Mediation zu stärken, und zwar ausschließlich und ausdrücklich die Konfliktlösung außerhalb des Gerichts.

    Der Anstoß für das neue Gesetz kam von der EU. Im April 2008 hatte das Europäische Parlament die sogenannte Mediationsrichtlinie angenommen, die von den EU-Mitgliedsstaaten innerhalb von drei Jahren umgesetzt werden muss. Zu diesem Zweck hat das Bundesjustizministerium eine Expertengruppe eingerichtet, der Vertreter der Wissenschaft, der Bundesländer, der verschiedensten Berufsgruppen und der Verbände angehören. Als Vorstandssprecher der Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familienmediation ist Rechtsanwalt Christoph Paul Mitglied der Expertengruppe:
    "Wir haben in unregelmäßigen Abständen getagt und die einzelnen, von der EU-Richtlinie vorgegebenen Themen Stück für Stück bearbeitet und unsere Vorstellungen eingebracht. Und viele der Ideen stammen aus dieser Expertenrunde."
    Nach der Vorgabe der EU-Richtlinie mussten vor allem drei Problembereiche geregelt werden, die drei "V": die Verjährung, die Vertraulichkeit und die Vollstreckung:

    "Zur Verjährung ist die bisherige Regelung, die im Bürgerlichen Gesetzbuch enthalten ist, als ausreichend erachtet worden, wonach Verhandlungen bereits die Verjährung hemmen. Ich glaube, dass das sachgerecht ist, es hier bei der gesetzlichen Regelung zu lassen."
    Das zweite große "V", die Vertraulichkeit, ist ein Kernstück der Mediation. Die Verschwiegenheitspflicht gilt im Gesetzentwurf nicht mehr nur für Rechtsanwälte, sondern für alle Mediatoren.

    Schließlich das dritte große "V", die Vollstreckbarkeit, sie ist ein weiteres wichtiges Element der Mediation. Denn eine Vereinbarung, die in der Mediation getroffen wird, sollte auch eingehalten werden. Notfalls muss das gerichtlich durchgesetzt werden können. Christoph Paul:
    "Auch die Menschen, die in Mediation gehen, sind ganz einfache Menschen mit all den Hinderungen und Windungen, die es da gibt. Die bisherigen Regelungen sind teilweise sperrig und darüber hinausgehend teuer. Und man wollte eben halt die Möglichkeit schaffen, direkt aus dem Mediationsverfahren in eine Vollstreckungsmöglichkeit reinzukommen. Ich glaube, dass das letztendlich eine gute Regelung ist. Man muss gucken, wieweit es dann später angenommen wird."

    Kritisch sieht Rechtsanwalt Christoph Paul vor allem, dass die gerichtsinterne Mediation außer den Gerichtsgebühren keine Kosten für die streitenden Parteien verursacht. Im Gegensatz dazu muss die außergerichtliche Mediation bezahlt werden, meist werden mit den Mediatoren Stundensätze vereinbart. Eine Mediationskostenhilfe für die nicht Wohlhabenden ist bislang nicht vorgesehen. Gerade im Familienrecht wäre das aber angebracht, meint Rechtsanwalt Paul:

    "Und ich glaube, dass da ein wenig Mut hilfreich gewesen wäre, und da es Untersuchungen gibt, dass Mediationen Kosten sparen und gerade im Familienrecht, dem ich nun als Fachanwalt für Familienrecht auch besonders verbunden bin, ich glaube, dass hier das Ganze, der Gesetzentwurf etwas zu scheu und zu wenig mutig ist. Und ich glaube, man hätte es wenigstens einbringen können, um dann zumindest eine Diskussionsgrundlage dafür haben zu können."
    Nicht nur im Familienrecht, auch in Wirtschaftsverfahren wird sowohl gerichtsinterne als auch außergerichtliche Mediation angeboten.

    Rechtsanwalt Michael Plassmann, der als Wirtschaftsmediator erfolgreich tätig ist, ebenfalls Mitglied der Expertengruppe im Bundesjustizministerium, teilt die Bedenken seines Kollegen. Darüber hinaus stellt er die Frage:
    "Ist es die richtige Weichenstellung, ist der Gesetzgeber auf dem richtigen Weg, wenn er ein Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren außergerichtlicher Streitbeilegung auf den Weg bringt? Wenn er parallel dazu dafür sorgt, dass Mediation im Gericht und zudem noch kostenlos angeboten wird, sodass die Parteien möglicherweise sagen, zur Not machen wir die Mediation dann eben im Gericht und damit letztlich angehalten werden, weiter den Umweg übers Gericht zu gehen? Es gibt einen außergerichtlichen Markt, es gibt klare Wettbewerbsvorteile, wenn Mediation im Gericht kostenlos angeboten wird und außergerichtliche Mediatoren Geld dafür nehmen müssen. Insofern wird es natürlich schwer, wenn man außergerichtlich fördern will und parallel das Produkt kostenlos im Gericht anbietet."
    Und wie beurteilen das die Richterinnen und Richter, die sich der Mediation verschrieben haben? Als Konkurrent zu den außergerichtlich arbeitenden Mediatoren sieht sich Familienrichter Michael Grabow nicht:

    "Insbesondere in Familiensachen, denke ich, wenn ein Problem hier tatsächlich dann gelöst wird im Rahmen der Mediation, dann bleibt ja noch viel offen und dann – aus meiner Sicht – ist der Weg zu einer außergerichtlichen, vielleicht sogar tiefer ansetzenden Mediation, leichter für die Medianten, weil sie ja schon mal erlebt haben, wie das gehen kann. Und dann werden sie gar nicht zum Gericht gehen, sondern dann sich eben eine Mediation außerhalb des Gerichts suchen."
    Wie in vielen anderen Gerichten über die Bundesrepublik verteilt wurde Mediation am Familiengericht in Berlin Pankow-Weißensee in einem Modellversuch angeboten.

    Cornelia Holldorf: "Das ist ein Teil eines Projektes in Berlin, was 2005/2006 entstanden ist aus einer Idee, die bundesweit aus der Erde spross, so zu sagen und nach Berlin übergeschwappt ist."
    Cornelia Holldorf ist Vizepräsidentin des Familiengerichts:

    "Die außergerichtliche Mediation ist ein weiteres Angebot zur Streitbeilegung oder zur Konfliktlösung. Wir als Justiz haben es nicht so sehr in der Hand zu beeinflussen, welche Lösung die Menschen wählen. Die Idee war schon auch, dass die gerichtliche Mediation ein Türöffner sein könnte für die außergerichtliche Mediation, den Menschen Appetit zu machen auf eigenständige Lösungen. Aber wir haben es schlichtweg nicht in der Hand."

    Die Mediation ist also ein Verfahren, das den streitenden Parteien ermöglichen soll, eine eigene Lösung zu finden. Der Mediator ist lediglich der Mittler, er ist, so steht es auch im Gesetzentwurf, allen Parteien gleichermaßen verpflichtet. Das Prinzip der Mediation ist innerhalb und außerhalb des Gerichts zwar das gleiche, und doch gibt es enorme Unterschiede im Ablauf. Im Gericht muss jede Partei zum Beispiel auch im Mediationsverfahren ihren eigenen Anwalt zur Seite haben. Das liege unter anderem daran, sagt Cornelia Holldorf, "dass die gerichtliche Mediation ja ein abgekürztes Mediationsverfahren ist. Wir bieten nur eine Mediationssitzung, im Extremfall vielleicht zwei an, à drei Stunden. Das ist also kein vollständiger Mediationsprozess. Und die Mediation findet im gerichtlichen Rahmen statt. Und da muss man eben aus dem Grund dieser Rahmenbedingungen ganz sicher sein, dass eine Lösung gefunden wird, die wirklich die Interessen der Beteiligten erfüllt und erfasst und aufpasst, dass die nicht überrollt werden von etwas. Das ist also eine Absicherung der Parteien, aber auch natürlich der Richter-Mediatoren."
    Der Ablauf eines solchen Treffens scheint den Anwälten aber nicht immer klar zu sein, erzählt Familienrichter Grabow:
    "Und da obliegt es natürlich am Anfang auch erst mal, die Rolle klar zu machen, insbesondere den Anwälten zu sagen, sie mögen eigentlich nur Rechtsberater sein und nicht diejenigen, die jetzt aktiv die Problemlösung versuchen. Das ist manchmal schwierig, manchmal kommt es dann auch zu Situationen, dass die Rechtsanwälte sich das eine Weile angucken und dann einfach so ganz simple Vergleichsverhandlungen anfangen, die dann auch noch erfolgreich, vielleicht sogar zum Ende bringen. Ich selbst habe dann immer so das Gefühl, es war ja irgendwas, aber eine Mediation war es eigentlich nicht."

    Mediationen außerhalb des Gerichts laufen also anders, häufig haben sie gar nichts mehr mit einem Rechtsstreit zu tun. Das kommt auch daher, dass vor allem in Familienkonflikten häufig Mediationen mit interdisziplinären Mediatoren angeboten werden.

    Frauke Decker: "Das heißt, wir haben einen Mediator oder Berater aus dem psychosozialen Hintergrund und einen aus dem juristischen Hintergrund."

    Frauke Decker, Psychologin, leitet die Beratungsstelle "Zusammenwirken im Familienkonflikt":

    "Die Kenntnisse aus den eigenen Herkunftsberufen machen einem natürlich möglich, in bestimmten Situationen noch mit komplizierteren Fällen umzugehen, wenn ich Psychologe bin, als wenn ich nur Jurist bin. Und insofern haben wir hier es mehr mit höheren und schwierigeren Konfliktarten und auch Eskalationsstufen zu tun, wo man dann doch ein profundes Hintergrundwissen auch der psychodynamischen Zusammenhänge braucht."
    Vor allem, wenn es in den Streitigkeiten um Kinder geht, ist psychologisches Einfühlungsvermögen gefragt:

    "Zum Beispiel, wenn Paare aufgrund der Eskalation ihres Konfliktes und ihres Konfliktverhaltens erstens in Gefahr sind oder schon dabei sind, ihre Kinder zu schädigen und man auch den Blick auf die Kinder in einem stärkeren Maße mit den Eltern überarbeiten muss. Und/oder wenn Menschen so in einem negativen Konflikt befangen sind, dass sie nicht mehr verhandlungsfähig auf der Ebene der realen Konflikte sind, sondern, man kennt da Filme wie Rosenkrieg, wo man lieber gemeinsam in den Abgrund stürzt, als irgendwie noch konstruktiv mit der Trennung umzugehen."
    Auch Birgit Teichmann stand kurz vor dem Abgrund. Aber dank einer Mediation konnte ein guter Weg aus der schweren Krise gefunden werden:

    "Für uns war es optimal. Es war wirklich eine Lösung und für die Kinder auch sicherlich schonender als irgendeine andere Sache vor Gericht und auch, ja, für uns war es optimal."
    Als Birgit Teichmann und ihr Partner, der Vater ihrer Kinder, sich getrennt hatten, spitzte sich der Konflikt immer mehr zu. Es ging um die Betreuung der Kinder, aber auch um erbrechtliche Fragen und um Kindesunterhalt. Es kam so weit, dass ein sachliches Gespräch nicht mehr möglich war. Dann machte die Anwältin des Mannes den Vorschlag, es mit Mediation zu versuchen. Birgit Teichmann kannte die Methode nicht, ging aber auf den Vorschlag ein:

    "Das war unheimlich aufregend, richtig anstrengend. Die Termine waren wirklich anstrengend und haben mich dann auch immer noch lange begleitet. Also, wir haben alle zwei Wochen uns getroffen, und das war insgesamt eine sehr belastende Zeit, weil wir systematisch alle offenen Fragen geklärt haben. Und das macht man ja bekannterweise nicht so gerne. Das heiß immer: wirklich viel Arbeit, auch so emotionale Arbeit auch, ja? Man sitzt sich auch noch mal gegenüber. Man, ja, vieles bricht dann irgendwie noch mal auf."
    Das Verfahren hat etwa drei Monate gedauert. In so kurzer Zeit, da ist sich Birgit Teichmann sicher, hätten sie den Streit vor Gericht nicht klären können. Am Ende gab es eine lange Liste mit Vereinbarungen:

    "Bisher haben wir uns beide daran gehalten, weil wir wissen, dass das ein schwieriges Gleichgewicht ist und das auch wieder schnell ins Kippen kommen kann. Das wollte keiner provozieren. Und, ja, ich denke, das ist am Ende für uns beide gerechter als vielleicht die klassische Rechtsprechung."
    Die Mediation hat inzwischen viele Erfolge zu verbuchen. Dennoch wird diese besondere Art der Konfliktlösung recht selten angewandt. Ob es daran liegt, dass Mediation einfach immer noch nicht bekannt ist, oder dass die Menschen sich davor scheuen, ihre Konflikte selbst zu lösen und lieber ein Gericht entscheiden lassen, darüber kann nur spekuliert werden. Jedenfalls soll das neue Gesetz die Mediation und andere Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung fördern. So muss in jeder Klageschrift angegeben werden, ob eine außergerichtliche Mediation vor dem Gang zum Gericht versucht wurde. Die Richter können zu Beginn des Verfahrens vorschlagen, anstelle des Prozesses eine gerichtsnahe oder –interne Mediation zu durchlaufen.

    "Ich denke, ein Gesetz kann insofern helfen, als es die Reputation der Mediation sicher erhöht und aus dem Dunstkreis von 'ach noch ein Verfahren' und 'wer das macht, keine Ahnung', die Mediation da raus holt und tatsächlich ein anerkennenswürdiges und dann auch rechtlich geschütztes beruflich ausgeübtes Verfahren sein kann," meint Frauke Decker, Psychologin und Mediatorin. Cornelia Holldorf beurteilt dies aus der Perspektive der Vizepräsidentin eines Familiengerichts:
    "Es ist ein schöner Ansatz. Es signalisiert die Bedeutung, die Mediation in unserer Gesellschaft haben soll. Es ist auch ein politisches Signal, dass wir Mediation wollen. Meine persönliche Meinung ist, dass Gesetze keine Motivation herstellen können. Es ist ein Appell, aber ob Menschen jetzt Mediation wollen oder nicht, kann nicht von Gesetzes wegen verordnet werden und ich denke, diese Idee der Mediation, muss gelebt werden und da muss vor Ort und an jedem Einzelfall Überzeugungsarbeit geleistet werden. Das ist auch sicherlich ein Kulturwandel, der einige Jahre oder Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird."

    "Klare gesetzliche Regelungen erhöhen die Transparenz und werden auch den Zugang zur Mediation sicherlich erleichtern, aber sie sind nicht das Allheilmittel," schätzt Rechtsanwalt und Wirtschaftsmediator Michael Plassmann die Lage ein. Das Mediationsverfahren im Fall seiner Mandanten Ralf Römer und Bernd Becker fand übrigens ein befriedigendes Ende. Die beiden Geschäftsführer eines Energieversorgungsunternehmens hatten sich um die Kompetenzverteilung innerhalb der Geschäftsleitung gestritten. Sie haben jetzt mithilfe des Mediators eine Vereinbarung geschlossen, zukünftig in wichtigen Punkten gemeinschaftlich zu entscheiden, unabhängig von der eigentlichen Geschäftsverteilung. Eine Lösung, die sie ohne den sachlichen Blick von außen nicht gefunden hätten, davon sind die ehemaligen Kontrahenten überzeugt.