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Essen als Klimasünde

Die Ernährungsökologie ist ein relativ neues Fachgebiet innerhalb der Ernährungswissenschaften. Sie setzt sich auch mit den gesundheitlichen und ökonomischen Folgen unserer Ernährungsgewohnheiten auseinander. Die Umweltorganisation Greenpeace hat kürzlich in einer Studie die Landwirtschaft als größten Klimakiller ausgemacht. Zu viel Kohlendioxid, Lachgas und Methan: Ernährungsökologen raten zu einem bewussteren Ernährungsstil.

Von Ursula Mense | 16.01.2008
    Unsere Ernährung verbraucht 20 Prozent der Gesamtenergie in Deutschland. Und ebenso hoch ist der Anteil, den die Ernährung am Gesamtausstoß von Treibhausgasen hält. Das ist viel. Zu viel, sagen Umweltschützer. Ein Drittel dieser 20 Prozent ernährungsbedingter Treibhausgase geht auf das Konto der Verbraucher. Wir erhitzen und kühlen Lebensmittel, wir kaufen ein, meist mit dem Auto, wir kochen und spülen. Handel und Transport schlagen mit 8 Prozent zu Buche. Den weitaus größten Anteil aber hat die Erzeugung tierischer Lebensmittel mit 44 Prozent. Grund dafür ist vor allem der hohe Anteil von industriell hergestelltem Stickstoffdünger, den man für den Anbau von Futterpflanzen braucht. Umweltbelastend und nicht effektiv, meint dazu der Ernährungsökologe Karl von Koerber:

    "Bei tierischen Lebensmitteln ist es so, dass die Umwandlung von den pflanzlichen Futtermitteln in Produkte wie Fleisch, Milch, Eier nicht besonders effizient ist, weil die Tiere viel für ihren eigenen Stoffwechsel verbrauchen. Man findet im Produkt nur noch einen Bruchteil davon wieder. 60 bis 90 Prozent der Futterenergie gehen verloren."

    Hinzu kommt nach Einschätzung der Umweltschutzorganisation Greenpeace der hohe Anteil von Lachgasemissionen, der durch die Überdüngung der Felder entstehe. Und nicht zu vergessen:

    "Die Rinder, aber auch Schafe und Ziegen produzieren während ihrer Verdauung Methan, ein Gas, das im Magen entsteht und dann abgeatmet wird oder ausgestoßen und dieses Methan ist sehr viel klimaschädlicher als CO2. "

    Auch der Deutsche Bauernverband ist sich dieses Problems bewusst. Allerdings habe man in der Vergangenheit viel getan. Zum Beispiel, indem man die Milchleistung der Kühe verbessert habe. Denn: so Generalsekretär Helmut Born: je mehr Milch ein Kuh bringe, umso besser sei die Klimabilanz:

    "Wenn es einem Tier gelingt, statt dreieinhalb oder viertausend Kilogramm pro Jahr sieben- oder achttausend im Jahr zu geben und wir über die Fütterung nicht eine exorbitante Steigerung der Energiezufuhr haben, dann wird die Klimabilanz besser. Das können wir in Deutschland schön belegen. Wir hatten Mitte der 80er Jahre bis in die 90er Jahre für die gesamte Milchproduktion einen Milchkuhbestand, der über 6 Millionen Tiere ausmachte. Wir sind jetzt auf dem Weg zu 4 Millionen. Und wenn man sich anschaut, was diese Tiere an Gras und Kraftfutter fressen, dann ist das nicht in dem Maß gestiegen, und das zeigt, wir können mit unseren Tieren heute die gleiche Milchmenge im Sinne des Klimaschutzes besser erzeugen als vor zehn Jahren."

    Das heißt also: zwar mehr Kraftfutter, aber mehr Milch mit weniger Tieren, die auch weniger Methan produzieren.

    Noch besser freilich wäre es, die Milchmenge ohne das bei seiner Herstellung so Klima schädliche Kraftfutter zu erhalten.

    Die Ökobauern, räumt Born ein, hätten es allein durch Züchtung und mit ökologisch, also ohne Stickstoffdünger, erzeugtem Kraftfutter inzwischen geschafft, dass ihre Tiere heute bis zu siebentausend Liter Milch im Jahr geben.

    Ein Erfolg für die ökologische Landwirtschaft, in der Experten wie Karl von Koerber ohnehin die Lösung des Problems sehen. Denn sowohl bei der Herstellung tierischer wie auch pflanzlicher Lebensmittel schneidet sie nach seinem Dafürhalten besser im Sinne des Klimas ab. Denn im Pflanzenbau setzt der Ökobauer keinen Lachgas emittierenden Stickstoffdünger ein und sorgt für humusreiche Böden. Dem widerspricht auch DBV-Generalsekretär Born nicht. Allerdings müsse sich der Öko-Bauer anrechnen lassen ... ,

    " ... dass er vielleicht vier Tonnen Getreide erntet und sein Nachbar im konventionellen Bereich vielleicht acht Tonnen."

    Nicht unbedingt ein Argument für die Ernährungsökologen. Sie plädieren eher dafür, die Gesamtertragsmenge zu reduzieren, zumindest bei der Fleischproduktion. Und beim Verzehr. Fürs Klima weniger Fleisch essen und wenn, dann Biofleisch, ist ihr Credo.
    Zweimal pro Woche müsse reichen, wie es auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt. Und dann sei selbst das teure Biofleisch erschwinglich.