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EU-Aktionsplan
Mehr Reparaturen, weniger Rohstoffverschwendung

Die EU-Kommission hat den wachsenden Müllbergen den Kampf angesagt. Ein Aktionsplan sieht vor, dass zum Beispiel elektronische Geräte künftig leichter zu reparieren sein sollen, um sie länger nutzen zu können und Ressourcen zu schonen. Doch von der Wirtschaft kommen schon erste Vorbehalte.

Von Paul Vorreiter | 11.03.2020
Eine junge Frau repariert am 24.06.2013 im Repair Café in Berlin-Spandau ihren CD-Player. | Verwendung weltweit
Im Repair-Café in Berlin-Spandau repariert eine junge Frau ihren CD-Player (picture alliance / dpa Themendienst)
Für den jüngsten EU-Kommissar, den Litauer Sinkevicius fallen an diesem Tag zwei gute Dinge zusammen:
"Happy Independence Day Lithuania and Lithuanians - and also it is an important day for environment and industrial policy."
Am litauischen Unabhängigkeitstag präsentiert der 29-Jährige den EU-Aktionsplan für eine Kreislaufwirtschaft, das erste Schlüsselprojekt aus seinem Portfolio, das sowohl der Umwelt als auch der EU-Industriepolitik zu Gute kommen soll. Ziel ist es, die Menge der sich im Kreislauf befindenden Materialien in den nächsten zehn Jahren zu verdoppeln.
Mehr Produkte als bisher sollen repariert werden können
Die Kommission will dafür nachhaltige Produkte zur Norm in der EU machen und dafür sorgen, dass die bestehende Ökodesign-Richtlinie auf mehr Produkte anwendbar ist. Damit sollen mehr Produkte einfacher wiederverwendet, repariert, recycelt werden können oder sich mit recycelten Materialien neu zusammenstellen lassen, statt dafür neue Rohstoffe zu verwenden. Zudem soll der Gebrauch von Einwegprodukten, wo möglich, weiter runtergefahren werden.
Der zweite Aspekt des Aktionsplans betrifft die Aufklärung von Verbrauchern. Sie sollen sich leichter über die Wiederverwertbarkeit von Produkten informieren können und bis 2021 von einem "Recht auf Reparatur" profitieren. Die EU-Kommission hat bei diesem Rechtsanspruch zuallererst Elektroprodukte im Blick. Sie hält sich zudem offen, ein Rückgaberecht für alte Telefone, Tablets und Ladegeräte auf den Weg zu bringen. Dieses Instrument wird das Verbraucherverhalten radikal verändern und dafür sorgen, dass weniger weggeschmissen wird, hofft Umweltkommissar Sinkevicius:
"This will be a gamechanger for consumers that currently have no other real option than to throw away dysfunctional products."
Kreislaufwirtschaft ist das Gebot der Stunde
Die neuen Regeln will die Kommission gezielt in Sektoren einsetzen, die die meisten Ressourcen verbrauchen und bei denen sich die Schaffung von Material-Kreisläufen am meisten lohnt. Das sind neben Elektroprodukten auch Batterien, Fahrzeuge, Verpackungen, Plastik und Textilien.
Der dritte Bestandteil des Aktionsplans betrifft die Reduktion von Müll. Vorgesehen sind Abfallreduktionsziele. Die Kommission will prüfen, ob EU-weit die Mülltrennung harmonisiert werden kann. Auch soll die Ausfuhr von Müll in Drittländer beschränkt werden.
"First of all we want to strengthen competitiveness, secondly empower consumers and thirdly, of course, protect the environment at the same time."
Maschinenbau warnt vor zu vielen Regeln
Wenn der Aktionsplan aufgeht, könnte er gleichermaßen Wettbewerbsfähigkeit, Verbraucher und Umwelt stärken, so der Umweltkommissar. Doch noch ist unklar, wie viel von der Absichtserklärung tatsächlich umgesetzt wird. Die Reaktionen fallen gemischt aus.
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau teilte mit, das Konzept der Kreislaufwirtschaft könne zum Erfolgsmodell werden, die EU dürfe sich aber nicht in kleinteiliger Regulierung verlieren. Die umweltpolitische Sprecherin der SPD im Europaparlament, Delara Burkhardt, will sich besonders für das angekündigte Recht auf Reparatur bei Elektroprodukten einsetzen, sieht aber auch die Industrie bei einem anderen Aspekt in der Pflicht.
"Was sich in unserem Konsumverhalten ändern muss, ist der ständige Kauf von Produkten. Die Verantwortung liegt aber nicht nur bei uns Konsumenten, sondern wird von der Industrie auch momentan gefördert, in dem zum Beispiel in Mobiltelefonen eine Maximallaufzeit eingeplant ist."
Der Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft ist ebenso Teil des europäischen "Grünen Deals" der EU-Kommission. Damit soll die EU bis 2050 treibhausgasneutral werden. Die Hälfte der Klimagase stammt nach Angaben der EU-Kommission aus dem Verbrauch und der Verwertung von Ressourcen.