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Fach: Chinesisch

Schöngeistige Literaturstudien haben im Studienfach "Angewandte Wirtschaftssprachen " an der Hochschule Bremen kaum einen Platz. Praktische Arbeit steht im Vordergrund. Im dritten Studienjahr geht es ins Ausland. Die Absolventen sollen nach vierjährigem Studium fit sein für den Einsatz in Unternehmen des Wirtschaftsraums, dessen Sprache als Schwerpunkt gewählt wurde. Zur Auswahl steht unter anderem Chinesisch.

Von Gaby Mayr |
    Cui Peiling erzählt einen typischen Schwiegersohn-Witz aus China. Schwiegersöhne müssen im Reich der Mitte als Witzfiguren herhalten - so wie bei uns Ostfriesen und Blondinen. Die chinesische Sprachwissenschaftlerin schreibt an der Universität Bremen eine vergleichende Studie über deutsche und chinesische Witze als Doktorarbeit. Ein Ergebnis: Deutsche lachen gerne über nationale Minderheiten hierzulande - über Türken und Polen zum Beispiel. In China lacht man über Anderes:

    Im Chinesischen lacht man nicht unbedingt über eine nationale Minderheit, sondern die Chinesen betrachten alle Ausländer als eine Gruppe. Und dabei lacht man über die Unfähigkeit der Ausländer mit der Sprache.

    Der sprachwissenschaftliche Austausch zwischen Deutschland und China ist mittlerweile so weit gediehen, dass die unterschiedliche Witzkultur erforscht wird. Denn es ist kein Witz, dass die chinesische Sprache innerhalb weniger Jahre in Deutschland einen steilen Aufstieg erlebt hat.

    Chinesisch-Dozent Luo Minyan lebt seit mehr als 20 Jahren in Bremen und hat an der Universität schon in den Achtzigerjahren Chinesisch unterrichtet. Seitdem hat sich vieles verändert:

    Damals lernten sie nur nebenbei, als ein Hobby. Und heutzutage das ist nicht mehr Hobby, sondern das ist ein Fachstudium, und deswegen ist die Motivation auch ganz anders geworden.

    AWS, also "Angewandte Wirtschaftssprachen", werden an der Hochschule Bremen in Kombination mit "internationaler Unternehmensführung" angeboten. Wer das Bachelor-Examen nach vierjährigem Studium in der Tasche hat, soll fit sein für den Einsatz vor allem in Unternehmen in dem Wirtschaftsraum, dessen Sprache er oder sie gelernt hat. Als Alternative zu Chinesisch werden Japanisch und Arabisch angeboten.

    Mit traditioneller Sinologie, der Wissenschaft von chinesischer Sprache und Kultur, hat das "Wirtschaftschinesisch" an der Hochschule Bremen kaum etwas zu tun. Ganz groß geschrieben wird die praktische Arbeit. Im dritten Studienjahr geht es nach China, erklärt Chinesisch-Dozent Luo:

    Dann studieren die Studenten in den ersten vier Monaten in einem gut organisierten Sprachkurs an unseren Partneruniversitäten. Und danach machen sie immer sechs Monate Betriebspraktikum, meistens in einem deutsch-chinesischen Joint-Venture-Unternehmen.

    Im Gegenzug kommen chinesische Studierende für ein Jahr nach Bremen. Ein vergleichbares Angebot gibt es - nach Bremer Vorbild - nur an zwei weiteren Hochschulen in Deutschland, in Konstanz und Zwickau.

    Chinesisch-Ausbildung findet mittlerweile auch in der Schule statt. An einigen Oberstufen wird die asiatische Sprache als reguläres Unterrichtsfach angeboten. An einer Bremer Schule, dem Gymnasium an der Hamburger Straße, kann Chinesisch seit Neuestem bereits in der neunten Klasse gewählt werden. Direktor Uwe Stockmeier:

    Bei den neunten Klassen ist es so, dass die Schüler natürlich erheblich mehr Chinesisch-Erfahrungen machen können innerhalb ihrer Schullaufbahn als wenn die Schüler erst in der elften Klasse anfangen.

    Dem Bremer Chinesisch-Unterricht stellt Sprachwissenschaftlerin Cui Peiling, die an einer renommierten Uni in Shanghai studiert hat, übrigens ein gutes Zeugnis aus:

    Vor allem wird hier an der Hochschule oder am Gymnasium viel beigebracht, nicht nur die Grammatik, einfach die aktuellen Sprachen auch, also welche Ausdrücke oder Formulierungen gerade jetzt in China aktuell sind.