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Fahrbahn auf A20 eingebrochen
Reparatur dürfte Jahre dauern

Ein Bild wie aus einem Albtraum: Auf der Autobahn 20 zwischen Rostock und Greifswald sind einfach 40 Meter Fahrbahn eingebrochen. Die A20 über die "Moorlinse" im Trebeltal wurde damals nach einem neuen Verfahren gebaut. Den Schaden zu reparieren, dürfte Jahre dauern.

Von Silke Hasselmann | 24.10.2017
    Mecklenburg-Vorpommerns Verkehrsminister Pegel (l.) im Oktober 2017 beim Ortsermin an der A20, wo die Fahrbahndecke eingebrochen ist
    Auf der A20 ist längere Stück Fahrbahn über sumpfigen Grund abgesackt. Warum, wird noch geprüft (picture alliance / dpa/ Bernd Wüstneck)
    Unterwegs auf der Ostseeautobahn in westliche Richtung gen Rostock. Zwei Kilometer vor der Trebeltalbrücke weisen Schilder auf Bauarbeiten hin. Wenig später wird klar: Beide Fahrbahnspuren sind gesperrt. Also Ausfahrt Tribsees runter, mit der schleichenden Blechschlange aus Pkw und Lastkraftwagen vorbei am Kreisverkehr auf eine rund 30 km lange Umleitung über enge Land- und Kreisstraßen.
    In der Gegenrichtung gen Stettin rollt der Verkehr noch auf einer Spur mit 40 km/h langsam, aber in der Regel fließend durch. Es hilft, dass der Verkehr auf der A20 östlich von Rostock seit je besonders dünn ist, was vor allem staugestresste Fahrer aus West- und Süddeutschland als paradiesischen Zustand erleben.
    Komplettsperrung werde wahrscheinlich kommen
    Doch eine Komplettsperrung über dem morastigen Trebeltal ist nur noch eine Frage der Zeit, sagt Ronald Normann von Landesamt für Straßenbau und Verkehr. Zur Sicherheit messen seine Kollegen dreimal täglich, ob sich der Rest des insgesamt rund 700 Meter langen Dammes bewegt. Dass er bereits auf einer Länge von hundert Metern in die Tiefe gerutscht ist, erstaunt Ronald Normann immer noch:
    "Unter der Asphaltschicht haben wir eine Verfestigung. Das ist ein Kiesgemisch, das mit Zement verfestigt wurde. Darunter beginnt der aufgeschüttete Straßendamm, der in diesem Bereich eigentlich eine Mächtigkeit von bis zu sechs Metern haben sollte, der jetzt verschwunden ist. Dieser Straßendamm - das sind Füllsande. Die wurden lagerweise aufgebracht, verdichtet. Und ganz unten, da waren diese Säulen. Und die haben diesen Damm getragen."
    Damals neues Verfahren: A20 auf Säulen statt Betonbett
    "Diese Säulen" könnte die Ursache des Problems sein. Denn um die sogenannte Moorlinse im Trebeltal zu queren, hatte sich die bundeseigene Autobahnbaugesellschaft DEGES seinerzeit für ein ingenieurstechnisch neues Verfahren entschieden: Statt auf Beton satt als Fundament liegt die Fahrbahn auf tausenden, nur je 18 bis 22 cm dünnen Betonsäulen.
    Sind die gebrochen oder im Morast weggesackt? Wenn ja – wie viele? Kann es einen Dominoeffekt geben? Landesverkehrsminister Christian Pegel bei einem Ortstermin:
    "Nach allem, was wir momentan annehmen müssen, hat dieses innovative System nicht funktioniert. Das hat so ein bisschen wie im Volksmund die Überschrift 'Wer billig kauft, kauft doppelt.' Man hat damals versucht Geld zu sparen, und das war an dieser Stelle offenbar falsch. Wir werden in der Tat diesen gesamten Bereich hochnehmen müssen, eine komplette neue, nach klassischen Grundsätzen gebaute Moorbrücke errichten müssen, die dann entsprechend auf dem Untergrund in 25 Metern Tiefe gründet und dann oben auch die Autobahn für die nächsten Jahrzehnte sicher tragen wird."
    Ausweichroute fast zu schmal für Gegenverkehr
    Bis dahin könnten einige Jahre vergehen, ergänzt der Minister und kümmert sich deshalb mit Nachdruck um das Problem Umleitung. Zwar sind nur zwei Dörfer zu durchqueren. Doch auf den engen, kurvigen Landstraßen kommen kaum zwei größere Kraftwagen aneinander vorbei. Zudem müssen die Langsdorfer und Dettmannsdorfer nun bis zu zehnmal mehr Autos und Laster ertragen als üblich. Nicht auszudenken, wenn die A20 komplett gesperrt und im Sommer auch der Touristen-Gegenverkehr hier durchgeleitet würde! Immerhin stehen Tempo 30 und der Betrieb der beiden Ampeln auch nach 18 Uhr in Aussicht.
    Mecklenburg-Vorpommerns Verkehrsminister Pegel im Oktober 2017 beim Ortsermin an der A20, wo die Fahrbahndecke eingebrochen ist
    Das abgesackte Stück A20 wurde einst nach einem neuen Verfahren gebaut. "Nach allem, was wir momentan annehmen müssen, hat dieses innovative System nicht funktioniert", sagte Verkehrsminister Christian Pegel vor Journalisten (picture alliance / dpa/ Bernd Wüstneck)
    "Wir sind natürlich froh, dass wir hier 'ne Ampelanlage haben, die gerade auch erneuert oder verändert wird in ihrer Schaltung, so dass die Bürger auch abends noch sicher die Straße überqueren können."
    Behelfsbrücke für Sommer 2018 angekündigt
    Schon bald werde sich die Umleitung auf elf Kilometer verkürzen, sagt die Landesverkehrsbehörde und hofft, dass sich zum Sommer 2018 eine Behelfsbrücke über jenes schadhafte A20-Teilstück spannen lässt, das doch erst zwölf Jahre alt ist. Pech oder Pfusch fragen sich folglich auch die Einheimischen:
    "Also, mein gesunder Menschenverstand sagt mir, das müsste eigentlich länger halten."
    "Da sind schon so viele Sachen gebaut worden, die schon viel früher wieder kaputt gegangen sind. Und das ist alles durch Steuergelder bezahlt worden."
    "Das ärgert mich schon ein bisschen und ich würde den Verantwortlichen heranziehen."
    Der Bau von Autobahnen ist Bundessache, und als es um diesen Teil der Ostseeautobahn A 20 ging, war Manfred Stolpe (SPD) der verantwortliche Bundesverkehrsminister.