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Familienfreundlichkeit
Uni mit Kindergarten und flexiblen Klausurterminen

Die technische Universität Beuth in Berlin unterstützt das Studieren mit Kind ausdrücklich. Gerade erst hat Präsidentin Monika Gross die Charta "Familie in der Hochschule" unterzeichnet, mit der sich Hochschulen und Universitäten zu mehr Familienfreundlichkeit für Studierende und Lehrende verpflichten.

Von Anja Nehls | 03.06.2014
    Ein riesiger Schriftzug "Beuth Hochschule" in Berlin vor der Beuth Hochschule für Technik Berlin in Wedding.
    Die Beuth Hochschule in Berlin steht für Familienfreundlichkeit und unterstützt studierende Mütter. (picture alliance / dpa / Jens Kalaene )
    "Wurst, richtig das sind zwei Würste. Es gab einen Marktstand mit - Käse - ja richtig - und - Eier, ja genau, mit Eiern."
    Die dreijährige Meta ist zufrieden. Mama sitzt mit ihr in einem gemütlichen Kuschelsessel zwischen Bilderbüchern und Spielzeug Elternzimmer der Beuth Hochschule in Berlin. Gleich muss ihre Mama wieder in die Vorlesung - Meta geht dann in den unieigenen Kindergarten. An die erste Zeit als Studentin mit einem drei Monate alten Säugling kann sich Mutter Julia Gruebner noch gut erinnern:
    "Das erste Semester war auch wirklich sehr stressig, weil ich ja noch gestillt habe und wir haben uns dann jede Pause hier getroffen, mein Freund und ich und er kam jede Pause hierher und das war schon ganz schön anstrengend, aber irgendwie hat es geklappt."
    Familienfreundlichkeit für Studierende und Lehrende
    Auch weil die Beuth Hochschule das Studieren mit Kind ausdrücklich unterstützt. Gerade erst hat Präsidentin Professor Monika Gross die Charta "Familie in der Hochschule" unterzeichnet, mit der sich Hochschulen und Universitäten zu mehr Familienfreundlichkeit für Studierende und Lehrende verpflichten.
    "Gerade als technische Hochschule ist es ja von großer Bedeutung, dass wir hier zeigen, dass wir alle willkommen heißen und dass wir vor allem auch Studentinnen gewinnen wollen. Und da viele unserer Studentinnen aber auch Studenten Kinde haben ist es wichtig, für die etwas zu tun."
    Dazu gehören nicht nur die Familienzimmer, sondern auch eine eigene Notbetreuung, kostenloses Essen für Kinder in der Mensa, flexible Klausurtermine, die Möglichkeit mitunter online zu studieren, Vorlesungen via Skype zu verfolgen und das sogenannte Tandem Projekt:
    "Dass Studierende mit Kind oder Schwangere von einem anderen Studierenden begleitet werden in einem Tandem, sodass wenn sie nicht in die Vorlesung können mitgeschrieben wird, denen das im Lernprozess weitergegeben wird. Es ist auch sehr schön, dass die anderen Studierenden sensibilisiert werden für eine solche Situation."
    Notfallbetreuung im Familienzimmer
    Auch die Studierenden, die sich um die mitunter verhinderten Mütter, Väter oder Schwangeren kümmern werden betreut, angeleitet und unterstützt. Dafür bekommen sie Credit Points, die während der Semester gesammelt werden müssen und die den Arbeitsaufwand für das Studium widerspiegeln. Für die Betreuenden ist das ein zusätzlicher Anreiz. Julia Gruebner hat die Tandembetreuung gerne in Anspruch genommen. Für die Notfallbetreuung im Familienzimmer gibt es zur Zeit allerdings kein Geld bedauert die Studentin:
    "Da hatte man eben die Möglichkeit, wenn Meta krank war und man eben mal zwei Vorlesungen hatte und da sein musste, die Kindernotbetreuung zu engagieren, und die haben sich dann hier beschäftigt und dadurch, dass ich ja hier auch war, habe ich sie dann einfach abgeholt nach zwei Stunden, dann war das auch in Ordnung und das haben wir echt oft in Anspruch genommen im ersten Jahr."
    Studierende Mütter werden mit Vorurteilen konfrontiert
    Studieren mit Kind ist machbar, aber noch lange nicht Normalität, klagt Julia Gruebner. An der Beuth Hochschule haben sechs bis sieben Prozent der Erstsemester ein Kind, 20 Prozent der Studierenden insgesamt. Kinderwagen sieht man aber selten auf dem Campus. Schräge Blicke, vor allem von männlichen Lehrbeauftragten, könnten ein Grund dafür sein, denn ein Studium mit Kind ist immer noch eher bei den Professorinnen akzeptiert, als bei deren männlichen Kollegen, so die Erfahrungen der jungen Mutter:
    "Da sind halt Frauen von ihre Denkweise viel moderner, die können sich da viel besser reinversetzen und die wissen auch, dass das geht. Hier ist es oft so, dass mit so Vorurteilen konfrontiert wird, wie soll das gehen, mit Kind studieren."
    Dass es geht hat Julia Gruebner bewiesen. Die Möglichkeiten, die ihr die Hochschule bietet, weiß sie zu schätzen. Die meisten Arbeitsplätze böten weit weniger Zeit, mit dem eigenen Kind Zeit zu verbringen, befürchtet die 26-jährige. Ihr Studium hat sie jetzt nach sechs Semestern fast abgeschlossen:
    "Ich glaube, hätte ich die Unterstützung nicht gehabt, dann dauert das Studium auf jeden Fall länger."
    Nach dem Bachelor will sie nun unbedingt noch einen Masterabschluss dranhängen.